Anlage-Mix, Krisensituationen

Der „richtige“ Anlage-Mix in Krisensituationen

Gold, US-Dollar, Öl als Stimmungsindikatoren+++FED in der Zwickmühle+++EU hat Angst vor Russland (und umgekehrt)+++Ostbörsen als sicherer Hafen?+++

Bei meinem letzten ESI-Ostbörsen-Seminar am 25. Oktober in Frankfurt/M habe ich einerseits die weiterhin großen Outperformance-Chancen an den Börsen in Osteuropa, aber auch die externen Risiken aufgezeigt. Der sehr treffsichere „ESI-Seminar-Indikator“ steht übrigens auf knapp „halten“ und (noch) nicht auf „Sell“ wie im Mai 2006. Nachdem nach der Zinssenkung von Ben Bernnake fast alle Weltbörsen unisono einen starken Rebound erfuhren und sogar zum Teil neue Höchstkurse erreicht wurden, stellt sich nun die Frage, wie sich die Weltbörsen auf die neue Risikolage einstellen und reagieren werden. Es gibt einige Risiken, die wohl für unwahrscheinlich gehalten werden, aber durchaus möglich sind wie eine Verschärfung der US-Sanktionen gegen den Iran, der im nächsten Jahr in einen schon jetzt geplanten Iran-Krieg mündet. Zudem könnte es (leider) auch eine Zuspitzung der Konflikte der EU mit Russland geben unter einer zu starken Betonungen der jeweiligen nationalen Interessen. Putin vergleicht den geplanten Raketenabwehrschirm in Polen und Tschechien schon jetzt mit der „Kubankrise“. Westliche Großunternehmen haben Angst vor der möglichen Übernahme von russischen oder chinesischen Unternehmen in Zukunft. Angeblich war die geplante Übernahmen der Deutsche Telekom AG seitens von der russischen Holding AFK Sistema, die übrigens von Ron Sommer beraten wird, auch einen Angriff des russischen Geheimdienstes, der die russischen Unternehmen mittelbar beherrscht, auf die deutsche Sicherheit, denn mit dem Zugang zum deutschen Festnetz könnten auch russische Spionageaktivitäten leichter möglich werden. Josef Ackermann fordert daher auch für Europa strategische Unternehmen bzw. Geschäftsfelder zu definieren, die für Ausländer als Mehrheit tabu sind so wie dies in Russland faktisch schon lange geschieht und nun durch das neue Gesetz zementiert werden soll. Insofern ist das „Putin-Modell“ sogar ein „Nachahmungs-Modell“ geworden, obwohl es im Westen viel beklagt wird. Dies halte ich (noch) nicht für so gewichtig und das übliche Schubladendenken in den Medien ist hier Fehl am Platze. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Russen die Deutschen besser kennen als umgekehrt. Allerdings nimmt das nationalistische Denken auch in Russland zu. Dies sehe ich aber (noch) nicht als Gefahr für die Finanzmärkte an. Man weiß allerdings nicht, wie sich die Situation nach Putin – im Märze 2008 finden ohne Putin Präsidentschaftswahlen statt - unter einem neuen Präsidenten weiterentwickelt. Trotz dieser politischen Risken erreichte die Moskauer Börse aufgrund des neuen Hochs beim Ölpreis von 92 USD/Barrel auch ein neues Allzeit-Hoch. Nun stellt sich die Frage, ob sich nach dem starkem Rebound Ende September/Anfang Oktober eine Jahresendrallye anschließt. Dabei muss man wiederum schon jetzt andere externe Risiken beachten. Im Irak droht ein neuer Stellvertreter-Krieg im Norden seitens der Türkei gegen die Kurden. 100.000 gegen 3.000 Soldaten dokumentiert das Machtverhältnis eindrucksvoll. Wie immer gibt es bei Kriegen keine „Sieger“. Im Gegenteil: der Terror nicht nur in der Türkei, sondern auch in Europa könnte zunehmen und die Ursachen dafür werden jetzt durch Politiker entschieden. Die Abspaltung von Kosovo von Serbien wird in Russland nicht gerne gesehen, weil dann möglicherweise auch autonome Republiken im Kaukasus die Abspaltung von Russland wünschen. Ein Krieg im Kaukasus könnte dann entstehen, was insofern bedrohlich ist, weil sich das El Kaida-Netzwerk dort etabliert haben soll. Wie friedlich es in Pakistan weitergehen wird, ist von großer Bedeutung für den Weltfrieden. Auch hier ist Bin Laden und die El Kaida mit seinem Netzwerk präsent und plant einen Aufstand, was den USA nicht schmecken dürfte. Denn Pakistan ist schon jetzt eine Atommacht. Wenn tatsächlich möglicherweise sogar mit Unterstützung der deutschen Regierung ein neuer Iran-Krieg als (angeblich) letztes Mittel der sich jetzt verschärfenden US-Sanktionen und damit eine Eskalation für 2008 in Betracht gezogen wird, dann werden die Weltbörsen sehr heftig darauf reagieren (müssen). Am 30. Oktober ist die nächste FED-Entscheidung und Ben Bernanke ist in der Zwickmühle, einerseits die Zinsen zu senken, um die internationalen Finanzmärkte im Gleichgewicht zu halten, anderseits muss er die wieder zunehmende Inflation wirkungsvoll bekämpfen und von daher die Zinsen sogar anheben, so wie dies offenbar die EZB und japanische Notenbank im Dezember plant. Greenspan warnt vor einer Inflation und Rezession in den USA. Falls die Subprime-Krise weitere Kreise zieht und möglicherweise auch die größten US-Hypothekenbanken Freddi Mac und Fannie Mae in Mitleidenschaft ziehen, könnten uns die gleichen Themen im nächsten Jahr noch einmal beschäftigen. Denn die meisten US-Hypothekenkredite müssen erst im Frühjahr 2008 prolongiert werden. Es fragt sich, ob der geplante 100 Mrd.-US-Hilfsfonds dann ausreicht, um der drohenden Finanzkrise Herr zu werden. Besonders ist in den nächsten Wochen auf das US-Verbrauchervertrauen und den Arbeitslosenzahlen zu achten. Zu beachten sind auch die zunehmenden Umweltkatastrophen als volkswirtschaftliche Belastung wie demnächst die die CO2-Zertifikate. Kalifornien ist dafür symptomatisch: es brennt lichterloh – aber es kann gelöscht werden. Auf der anderen Seite schwimmen die die meisten US-Unternehmen und auch die Global Player aufgrund der Rekordgewinne in den Industrienationen und auch in Osteuropa in Geld. Hinzukommen im nächsten Jahr die Ausschüttungen von Rekorddividenden. Über 5 Billionen USD sind in China und über 2,5 Billionen USD in arabischen Ländern unter Verwaltung. Liquidität ist also genug da; nur wo wird es im Krisenfall hinwandern? Wer hätte im letzten Jahr schon daran gedacht, dass bei Ölpreisen von über 90 USD/Barrel neue Höchstkurse an den Weltbörsen erreichbar sind. Prognosen für die Zukunft sind äußerst schwierig und meisten falsch (wie auch immer wieder feststellbar bei den Gutachten der „Fünf Weisen“). Börsen sind ein „Chaos-System“. Die Black box“ „Carry Trades „ und das Verhalten von Hedgefonds“, also spekulative Momente, sind ins Kalkül einzubeziehen, da dadurch über Nacht Milliarden US-Dollar bewegt werden.. Alte erprobte Korrelationen werden durch neue Dominanzfaktoren (also News, die dominant gespielt werden) aus den Ankern gehoben oder auf den Kopf gestellt. Selbst die international orientierten Top-Portfolio-Manager stehen ständig vor der Herausforderung, ihr Risiko- und Money-Management zu optimieren und selbst „alte Hasen“ müssen dabei immer wieder Lehrgeld zahlen. Einerseits will jeder bei der Hausse rechtzeitig dabei sein, da nur Outperformance honoriert wird, anderseits muss er rechtzeitig in Cash gehen, um Schieflagen in Krisensituationen zu vermeiden. Für die letzten V-förmigen Rebounds ohne Bodenbildung im März und im Oktober dieses Jahres war es nicht leicht, schnell genug die richtige Richtung „mehr Cash oder mehr Long-Positionen“ zu finden. Die Vorsichtigen sind immer noch mehr in (zu viel) Cash, die Bullen sind schon längst wieder investiert. Die Frage ist, wohin fließt das spekulative Großkapital bei einer veränderten Nachrichtenlage. Der Anleger muss sich daher flexibel der jeweiligen Situation anpassen. Die aktuelle Tendenz geht dahin, dass US-Dollar short, Gold long, Öl long, selektive Soft Commodities long und auch selektiv Osteuropa long ein geeignetes Asset-Mix in „echten“ Krisensituationen sein könnte, obwohl in allen angesprochen Asset Klassen zu viel Optimismus ist und daher von der Markttechnik her nach einer Korrektur schreien. Russische Ölaktien dürften mittelfristig bei weiter steigenden Ölpreisen profitieren, obwohl die Netbacks durch die Abgabelast an den Staat immer geringer werden. Durch eine große Auswahl von Zertifikaten und CFD´s hat der Privatanleger jetzt erstmals die Chance, sich sehr flexibel der jeweiligen Situation anzupassen und seine eigenen Assets optimal zu gestalten. Hoffentlich ist er dabei nicht überfordert wie so viele blauäugige „Top-Portfolio-Manager“ und Börsen-Gurus“ in den Jahren 2000 bis 2003, wo massenweise Geld vernichtet wurde. Damals war übrigens die Moskauer Börse der "sichere Hafen" und stieg gegen den fallenden Weltbörsentrend massiv an. Hinweis: das nächste TV-Interview mit dem Autor über "Russland vor der Wahl" findet am 30 Oktober um 07.16 Uhr in Bloomberg TV statt.
@ ad-hoc-news.de | 28.10.07 13:40 Uhr