Jahr, Outperformancechance+++-Ostbörsen

2007 wird ein „gemischtes“ Jahr

+++Ostbörsen weiter mit Outperformancechance+++-Ostbörsen „sicherer“ und chancenreicher als etablierte Westbörsen+++Randmärkte besonders chancenreich+++Moskau avanciert zur Mega-Börse in Europa+++Wachstumsdämpfer in den USA und China könnten zu kräftigen Korrekturen führen+++defensive Anlagepolitik erscheint opportun+++

Zu Jahresbeginn werden wieder die Glaskugeln bemüht und Prognosen für das neue Jahr gemacht. Von Relevanz sind solche Prognosen kaum, da keiner die berühmte Glaskugel hat und jede Prognose von bestimmten Annahmen ausgeht, die dann einfach „hochgerechnet“ werden. Diese Annahmen sind oft monokausal, wobei das internationale Börsengeschehen sehr komplex miteinander vernetzt ist. Es ist insofern auch schwer vorhersehbar, welche News die internationalen Kapitalströme in diesem Jahr dominant beeinflussen werden. Das letzte Jahr war das „Jahr des Drachens“ mit den größten Kapitalzuwächsen in China, wobei die Hongkongaktien trotz Kursverdoppelung immer noch aussichtsreich erscheinen. In den Vorjahren war es hingegen schwer, Geld dauerhaft und nachhaltig in China zu verdienen. So sind in Emerging Markets die Verlierer der Vergangenheit oft die Gewinner der Zukunft. Nach meiner Einschätzung haben die Ostbörsen aufgrund des robusten Wachstums weiterhin die Chance der Outperformance gegenüber den Westbörsen, die nun schon drei Jahre lang anhält. Das neue Allzeit-Hoch an der Wall Street trotz stark steigender Zinsen am kurzen Ende (nicht am lagmem) mag so manchen Experten im letzten Jahr positiv überrascht haben. Ich gehe aber davon aus, dass wir in diesem Jahr die weit überdurchschnittlichen Performanceergebnisse der letzten Jahre nicht wiederholen können - mit Ausnahme vielleicht bei einigen Nischen- bzw. Randmärkten wie die Ukraine und die Balkan-Länder. Dort, wo wenig Kapital hinein geflossen ist, kann auch nur wenig heraus fließen. Einige Ostbörsen haben eine negative Korrelation zu den etablierten Westbörsen und entwickeln daher eine Eigendynamik. So galt in den Bärjahren 2000 bis 2003 ausgerechnet die von vielen Marktteilnehmern als besonders risikoreich eingestufte Moskauer Börse als halbwegs „sicherer Hafen“. Die Moskauer Börse war übrigens einer der wenigen Börsen der Welt, die in diesem Zeitraum eine positive Performance aufweisen und sich damit wohltuend von der Wall Street abkoppeln konnte – ganz im Gegensatz zum DAX, der damals besonders extrem von 8000 auf 2600 Indexpunkte abstürzte. In diesem Jahr könnten die Balkan-Länder und einige neu entdeckte Ost-Märkte (wie Ukraine, Kasachstan, Georgien) als halbwegs „sicherer Hafen“ in einem temporär unwirschen Umfeld in Betracht kommen. Ich erwarte wie schon im letzten Jahr im Mai/Juni stärkere Kurschwankungen, sprich kräftige Korrekturen von über 15%, aber auch ein Chancenpotential von 20-30%, also gute Trading-Momente. Die meisten Anleger und Analysten sind für dieses Jahr – auch für die USA – sehr bullish gestimmt. Ich bin da einer ganz anderen Meinung und glaube eher an eine Seitwärtsbewegung per Saldo mit kräftigen Korrekturen und Abschwächungstendenzen zwischenzeitlich. Achten sollte der Anleger auf die Zinspolitik in den USA und in Japan. Weiter steigende Zinsen in den USA lassen eine deutliche Wirtschaftsabschwächung, möglicherweise sogar eine Rezession erwarten von der auch China negativ beeinflusst werden könnte. Die Immobilienkrise und die relativ hohen Zinsen werden in den USA mit einem gewissen Timelag erst in diesem Jahr voll durchschlagen. Wie sich die Verschuldungsspirale in den USA letztendlich auflösen wird und wohin der Dollar marschiert, darf man gespannt sein. Auch werden wohl politisch die gleichen Themen wie im letzten Jahr „hochgekocht“ werden wie die Iran- und Nordkorea-Politik der USA, die kurzfristig auch für Spannungen an den internationalen Finanzmärkten führen könnten. Auch für den Ölpreis gibt es verschiedene Szenarien. Einerseits droht Saudi-Arabien dem Iran mit der „Öl-Keule“, falls sich der Iran weiter so intensiv in die Irak-Politik einmische. Auf der anderen Seite könnten Umweltkatastrophen wie Wirbelstürme in den USA oder geopolitische Spannungen auch den Ölpreis wieder nach oben treiben. Je nachdem ob wir noch im Februar/März einen kalten oder warmen Winter weltweit (vor allem aber in den USA) bekommen und somit die Lagerbestände steigen oder fallen, wird der Ölpreis über die Terminmärkte nach oben oder unten gedrückt werden. Dies ist aber kaum vorhersehbar oder gibt es schon weltweit zutreffende Wetterprognosen über einen längeren Zeitraum? In jedem Fall wird sich der Kampf um das Öl/Gas international verschärfen, wobei Verstaatlichungstendenzen wie in Venezuela und auch die Kreml-Dominanz in Russland mit Argusaugen zu beobachten sind. Russland wird sich energiepolitisch wohl mehr Asien insbesondere China annähern und dort strategische Partnerschaften schmieden, um damit sein Exportpotential zu erweitern (gut für Gazprom und Rosneft). In jedem Fall dürfte für die Moskauer Börse dieses Jahr das Jahr der IPOs und Privatisierungen werden mit etwa 60 geplanten IPOs. Die Bedeutung der Moskauer Börse wird damit weiter zunehmen, was auch schon die Deutsche Börse AG registriert hat und nun mit der Moskauer Börse intensiver zusammenarbeiten möchte. Der Haupthandelsplatz für russischen ADR/GDR wird aber London vorerst bleiben. Ob Russland für Europa ein zuverlässiger Energielieferant bleiben wird oder selbst aufgrund einer zu niedrigen Gasproduktion oder Konflikten mit Tadschikistan in eine Energiekrise gerät, bleibt abzuwarten. Die positiven Unternehmensergebnisse, die relativ niedrigen Bewertungen, die hohe Liquidität und das robuste weltwirtschaftliche Wachstum sind weiterhin eine gute Stütze für die internationalen Aktienmärkte. Auch werden in 2007 Rekorddividenden ausgezahlt, die wieder angelegt werden müssen. Allerdings könnte es bei einigen Ländern zu überraschenden Wachstumsdämpfern kommen – auch in den USA und in China, den gegenseitig abhängigen Weltkonjunkturlokomotiven. Der deutsche Konsum muss erst einmal die Mehrwertssteuererhöhung verkraften. Auch drohen Streiks im Frühjahr. Der Export wird hingen - vor allen nach Osteuropa - robust bleiben. Mit etwas Sorge registriere ich auch das Rekordvolumen bei den weltweiten M&A-Aktivitäten in 2006 und die fast reibungslosen, mehrfach überzeichneten Mega-IPOs in China und Russland (Rosneft) zu sehr ambitionierten, teilweise überhöhten Kursen. Dies erinnert mich sogar ein wenig an die Zeit vor dem 87-Crash. Einige der oben angesprochen Themen wird den News flow und damit auch die internationalen Kapitalströme in 2007 beeinflussen. Am schnellsten werden die Hedgefonds auf den News Flow reagieren, die im letzten Jahr auch sehr viel „hot money“ in Emerging Markets und Rohstoffe investierten, das Geld aber auch schnell wieder abziehen können (wie im Mai/Juni 2006). In der Summe haben die Hedgefonds fast ohne Kontrolle schon über 1,2 Billion USD angelegt, was auch eine gewisse Gefahr bei engen Märkten (wie Emerging Markets/Rohstoffe) sein könnte. Insofern sollte der Anleger nach den Super-Haussejahren 2003-2006 nun eine etwas defensivere Anlagepolitik verfolgen und mehr Wert legen auf Vermögenserhaltung als aggressive Vermögensvermehrung und dem Hinterherhecheln von Performancezielen. Die Zeit von relativ leicht zu verdienenden zweistelligen Renditen wie in 2003-2006 dürfte vorbei sein. Eine alte Börsenweisheit dürfte das Börsenbild in 2007 mehr bestimmen: „Börsen sind keine Einbahnstraßen“. Hinweis: der Autor wird am 23/24. Januar 2007 den Workshop Emerging Marktes bei der 22. Internationalen Kapitalanleger-Tagung in Zürich leiten. Anmeldung unter www.zfu.ch. Am Freitag, den 2. März 2007 wird der Autor beim ganztägigen, kostenlosen Börsenseminar von Trading-house.net AG einen Kurz-Vortrag über die „Handelsmöglichkeiten in Osteuropa“ in Düsseldorf halten. Anmeldung unter www.trading-house.net
@ ad-hoc-news.de | 14.01.07 21:42 Uhr