Wein, Schläuchen

Sind neue Fonds besser als alte? Diese Frage stellen sich immer mehr Anlegerinnen und Anleger.

Neuer Wein in alten Schläuchen!. Zu recht. Denn das meiste Geld verdient die deutsche Fondsbranche mit neuen Produkten. Im letzten Jahr sind ihr beispielsweise rund 42 Mrd. Euro netto an frischen Geldern zugeflossen. Pikant: Von dieser Summe sind 25 Mrd. Euro in neue Produkte geflossen.

Um es also auf den Punkt zu bringen: Hätte die deutsche Fondsbranche im vergangenen Jahr keine neuen Produkte auf den Markt geworfen, so hätten ihr 25 Mrd. Euro gefehlt. Vorausgesetzt natürlich, das Geld wäre nicht in die alten Produkte geflossen. Noch dramatischer sieht das Bild im Jahr 2004 aus: Da sind der deutschen Fondsindustrie netto nur rund 6,5 Mrd. Euro zugeflossen. In die neuen Anlagevehikel hingegen wurden netto stolze 20 Mrd. Euro investiert. In alten Produkten gerechnet, hat die Branche also mehr als alt ausgesehen – es waren die Neuprodukte, die das Geschäft retteten. Danke, Goldman Sachs! Toll, dass da die US-Investmentbank Goldman Sachs gerade rechtzeitig die leicht einprägsame Abkürzung „BRIC“ für Brasilien, Russland, Indien und China erfunden hat. Und die ganze Industrie ist sofort darauf gesprungen. Bis heute vergeht fast kein Tag, da nicht neue Produkte unter dem Kürzel für diesen Regionen-Mix den Investoren feilgeboten werden. Die erste wohlwollende Idee, die immer bei neuen Produkten kommt, ist: Mit jeder Lancierung werden die Fonds oder Zertifikate einfacher besser und deswegen werden neue Instrumente ins Leben gerufen. Also neu und verbessert, ähnlich wie in der Waschmittelwerbung, wo man sich immer fragt, wieso man erst jetzt das beste Waschmittel aller Zeiten kaufen kann und all die Jahre mit minderwertigem Pulver gewaschen hat. The Trend is Your Friend Dieses Sprichwort kennen die Marketingleute der Fondsindustrie auswendig. Sie verkaufen potentiellen Kunden gerne neue Produkte. Die Statistiken belegen diese These. Im Jahr 2004 beispielsweise, als alle Welt aus lauter Sicherheitsstreben zum Gürtel auch noch die Hosenträger haben wollte, waren Rentenfonds ganz gross in Mode. Und zwar nicht die bestehenden, sondern die neu aufgelegten, die rund 75 Prozent des gesamten Nettomittelaufkommens ausmachten. Dabei hätten die bereits im Markt eingeführten mehr als gereicht. Im letzten Jahr kamen dann wieder Aktienfonds in Mode – wen wundert’s bei steigenden Aktienkursen – und die Anleger gaben per Saldo Anteile an alten Aktienfonds zurück, um dafür umso eifriger neue Fonds zu zeichnen. Die Zahlen widersprechen also nicht die häufig gehörte Kritik, dass die Fondsgesellschaften ihre Produkte prozyklisch verkaufen und in solche prozyklischen Verkaufswellen hinein bevorzugt neue Anlagen platzieren. Man merke sich deshalb folgende Weisheit: Das Gute ist oftmals nicht neu und das Neue oftmals nicht gut.
@ ad-hoc-news.de | 18.08.06 08:53 Uhr