Russland, Zukunft

25'757 Prozent und 16'150 Prozent Gewinn in acht Jahren nimmt man gerne.

Russland verprasst die Zukunft!

Viele Investorinnen und Investoren glauben, es werde munter so weitergehen mit den Kursen der Sberbank, Russlands führender Bank und dem grössten Energiekonzern Unified Energy System (UES). Die Sberbank beschäftigt 229’000 und UES 546’000 Mitarbeitende. Ende naht In Russland könnte die Zeit der generellen Kurssteigerungen ein Ende finden. Klar: Nur in den USA gibt es mehr Milliardäre als in Russland. In Moskau allein gibt’s 33 davon und 30'000 Millionäre. Der russische Markt für Luxusgüter wird auf 22 Mrd. US-Dollar pro Jahr geschätzt. Beim Pro-Kopf-Einkommen schafft es aber Putin’s Reich im weltweiten Vergleich gerade mal auf Platz 97. Und die Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter. In Moskaus Prachtstrassen reihen sich zwar Nobelboutiquen und feine Sushi-Bars aneinander. Am Strassenrand parken dunkle Limousinen und schwere Geländewagen. Wer hier nicht auffallen möchte, fährt einen schwarzen BMW X5. Die Fassade täuscht: Früher in der offiziell klassenlosen Gesellschaft war der reichste Zehntel der Bevölkerung nur gerade 4,4 mal reicher als der ärmste Zehntel. Heute beträgt diese Kennzahl der Einkommensverteilung 15. Tendenz steigend. Während man oben glaubt, wegen des Status von einem BMW auf einen Bentley umsteigen zu müssen, freut man sich ganz unten schon dann, wenn das Geld einmal für neue Schuhe reicht. Tolles Leben mit 11 Mrd. Euro In Russland wird in ganz grossem Stil Geld gemacht. Das allermeiste davon sogar legal. Bei Öl und Gas ist das Land Exportweltmeister. Durch den Verkauf von Stahl, Aluminium oder Holz fliessen viele Devisen ins Land. Im Inland rollt der Rubel dank des boomenden Einzelhandels. Im Geschäft mit Immobilien, Autos, Computertechnik oder Werbung wird gut verdient. Der Reichste der Reichen heisst Roman Abramowitsch. Er lebt in London. Für den Verkauf seines Ölimperiums Sibneft an die halbstaatliche Gazprom kassierte der Putin-treue Oligarch im letzten Jahr elf Milliarden Euro. Nun kann dieser Superreiche sich ganz seinem teuren Hobby widmen: dem Londoner Fussballclub Chelsea. Und dazu sein Ehrenamt als Gouverneur der russischen Polar-Provinz Tschukotka ausfüllen. Das InvestBarometer® erlaubt, hinter den Zahlen die Psychologie der Investoren zu ergründen. Sehr oft werden damit Dinge rechtzeitig erkannt, die von vielen Marktteilnehmern übersehen werden. Das ist jetzt auch in Russland der Fall, der von etlichen Investoren nach wie vor heiss geliebte Emerging Market. Russland ist kein aufstrebendes Land Russland ist ein reifes Land, das nur wegen des Kommunismus auf das Einkommensniveau eines Schwellenlandes zurückgefallen ist. Russland ist jedoch kein aufstrebendes Land. Es ist vielmehr ein Land, das von seiner Substanz lebt. Es macht in grossem Stil „Asset Stripping“. Es gräbt seine Reichtümer aus, verkauft sie und lebt in der Gegenwart ausgezeichnet davon. Somit wird viel zu wenig investiert. Es sind viel zu wenige Russinnen und Russen, insbesondere junge, die ihre Gesellschaft mit tragfähigen demokratischen Institutionen ausstatten wollen. Und gibt in diesem Land viel zu wenig Menschen, die so strebsam wie Koreaner, so fleissig wie die Chinesen sind. Ergebnis: Die Wirtschaft entwickelt sich nicht ausreichend marktwirtschaftlich. Damit unterbleibt jegliche Vorbereitung für die Zeit nach dem einträglichen Rohstoffboom. Man lebt heute Offensichtlich scheint die russische Elite kein grosses Interesse an der mittel- und langfristigen Zukunft ihres Landes zu haben. Die Oberschicht ist eine bizarre, verschwendungssüchtige Protzgesellschaft, die lebt, als gäbe es kein Morgen. „Das Risiko, alles zu verlieren“, schreibt „Russkij Newsweek“, „ist hoch“. Deshalb geben sie ihr Geld nicht für neue Investitionen aus, sondern für teure Spielzeuge wie die unzähligen Ferraris und Bentleys und Aston Martins in den Strassen von Moskau und St. Petersburg. Dafür heiraten Russen immer weniger und Russinnen bekommen kaum noch Kinder. Überdies sorgt die sorglose Lebensweise im Umgang mit Alkohol oder Aids zu einem Unikum in der modernen Welt: Die Lebenserwartung ist tief und sinkt eher noch. Das Fazit daraus: Falls nicht bald eine tief greifende revolutionäre Mentalitätsänderung um sich greift, wird Russland bis zur Jahrtausendmitte nach und nach zu einem unbedeutenden Land der Alten Welt absinken.
@ ad-hoc-news.de | 19.05.06 13:16 Uhr