Justizreform, Benjamin Netanjahu

Zehntausende protestieren landesweit gegen das Gesetz zur Schwächung der Justiz - es gibt Zusammenstöße mit der Polizei.

25.07.2023 - 08:06:24

Parlament in Israel billigt Gesetz zu Justizumbau. Bei einer Kundgebung rast ein Auto in die Menge und verletzt Demonstranten.

  • Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (vorne M) vor der Abstimmung in der Knesset. - Foto: Maya Alleruzzo/AP/dpa

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  • Die israelische Polizei setzt einen Wasserwerfer gegen Demonstranten ein. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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  • Menschen demonstrieren in Jerusalem gegen die Justizreform. - Foto: Ariel Schalit/AP/dpa

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Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (vorne M) vor der Abstimmung in der Knesset. - Foto: Maya Alleruzzo/AP/dpaDie israelische Polizei setzt einen Wasserwerfer gegen Demonstranten ein. - Foto: Ilia Yefimovich/dpaMenschen demonstrieren in Jerusalem gegen die Justizreform. - Foto: Ariel Schalit/AP/dpa

Nach der Verabschiedung eines Kernelements der umstrittenen Justizreform haben in Israel wieder Zehntausende Menschen demonstriert. Bei einem Protestzug in einem Ort nördlich von Tel Aviv raste gestern Abend ein Auto in eine Menschenmenge und verletzte drei Demonstranten. Die Polizei nahm den Fahrer, dessen Motiv am Abend zunächst unklar war, später fest. Die Demonstranten hatten eine Fahrbahn blockiert.

Überall im Land störten Menschen den Verkehr. In Tel Aviv marschierten am Abend Tausende stundenlang auf einer zentralen Autobahn. Erst in der Nacht zu Dienstag gelang es der Polizei, die Menschen zu vertreiben. Medienberichten zufolge wurden landesweit am Montag mindestens 34 Demonstranten festgenommen, einige gewaltsam. Israelische Medien und Augenzeugen warfen der Polizei übermäßige Härte vor. Dutzende Menschen seien unter anderem durch den Einsatz von Wasserwerfern verletzt worden. Mindestens 13 Polizisten wurden Berichten zufolge verletzt, weil Demonstranten mit Sand gefüllte Flaschen auf sie warfen. Die Protestbewegung hatte nach dem Votum im Parlament angekündigt, ihren Protest «bis zum Ende» weiterzuführen.

Kritiker sehen Gefahr für Demokratie

Am Montag hatten 64 von 120 Abgeordneten für einen Gesetzentwurf gestimmt, der die Handlungsmöglichkeiten des Obersten Gerichts einschränkt. Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Das Gesetz ist Teil eines größeren Pakets. Kritiker stufen es als Gefahr für Israels Demokratie ein und warnen sogar vor der Einführung einer Diktatur.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zufolge ermöglicht das Gesetz der gewählten Führung das Regieren im Sinne der Mehrheit der Bürger. Befürworter der Reform argumentieren, Richter seien anders als Abgeordnete oder Minister nicht direkt vom Volk gewählt. Sie seien jetzt unabhängiger von den Richtern und könnten Interessen ihrer Wähler leichter durchsetzen.

Mit dem neuen Gesetz ist es dem Obersten Gericht künftig nicht mehr möglich, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als «unangemessen» zu bewerten. Zahlreiche Experten befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung wichtiger Posten oder aber Entlassungen begünstigen könnte.

Kommt es zur Staatskrise?

Vertreter der Opposition, die Anwaltskammer sowie mehrere Nichtregierungsorganisationen kündigten noch gestern an, wegen des Gesetzes das Oberste Gericht anzurufen. Experten zufolge könnte es zu einer Staatskrise kommen, sollte sich das Gericht dazu entscheiden einzugreifen. Israels Ärztekammer kündigte Medienberichten zufolge für heute einen Proteststreik an. Krankenhäuser arbeiten demnach nur mit minimaler Kapazität und behandeln nur Notfälle.

Die USA kritisierte die Entscheidung des israelischen Parlaments. Der Kurs der Regierung Netanjahus ist in den vergangenen Monaten zur Belastungsprobe für die israelisch-amerikanischen Beziehungen geworden. Die USA sind Israels engste Bündnispartner und unterstützen das Land jährlich im Verteidigungsbereich mit Milliarden US-Dollar.

Ein weiteres Kernstück der Reform - eine Änderung bei der Richterbesetzung - soll nach Willen der Koalition bereits in der nächsten Sitzungsperiode im Herbst auf die Agenda rücken.

@ dpa.de