Putsch, Evakuierung

Wie reagieren die USA auf den Umsturz im Niger? Während Militärchefs westafrikanischer Staaten beraten, ob sie eingreifen, verbittet sich das der Putschisten-Anführer - die Machthaber suchen Verbündete.

03.08.2023 - 11:09:15

Biden nach Putsch im Niger: «Entscheidender Moment»

  • Vor der Kulisse des brennenden Hauptquartiers der Regierungspartei demonstrieren Anhänger meuternder Soldaten in Niamey (Archivbild). - Foto: Fatahoulaye Hassane Midou/AP/dpa

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  • Fordert fordert nach dem Putsch Respekt für die Demokratie: US-Präsident Joe Biden. - Foto: Charles Krupa/AP/dpa

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Vor der Kulisse des brennenden Hauptquartiers der Regierungspartei demonstrieren Anhänger meuternder Soldaten in Niamey (Archivbild). - Foto: Fatahoulaye Hassane Midou/AP/dpaFordert fordert nach dem Putsch Respekt für die Demokratie: US-Präsident Joe Biden. - Foto: Charles Krupa/AP/dpa

US-Präsident Joe Biden sieht den Niger nach dem Militärputsch vergangene Woche an einem entscheidenden Moment angelangt. Das westafrikanische Land stehe «vor einer großen Herausforderung für seine Demokratie», sagte Biden anlässlich des Unabhängigkeitstages im Niger.

Die Vereinigten Staaten würdigten demnach die jahrzehntelange Partnerschaft mit dem Land, die auf gemeinsamen demokratischen Werten und der Unterstützung einer zivilen Regierung beruhten. Der Niger begeht heute den 63. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich.

Der Anführer der Putschisten, General Abdourahamane Tiani, warnte vor «jeglicher Einmischung in die internen Angelegenheiten» des Landes. Die Militärchefs westafrikanischer Staaten beraten, ob sie eingreifen sollten.

Putschisten setzen Verfassung außer Kraft

Im Niger hatten Offiziere der Präsidialgarde in der vergangenen Woche den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss selbst zum neuen Machthaber.

Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.

Inzwischen wurden laut eines Sprechers des Auswärtigen Amtes rund 60 deutsche Staatsangehörige aus dem westafrikanischen Land ausgeflogen. Derzeit halte sich neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der deutschen Botschaft und den Angehörigen der Bundeswehr noch eine niedrige zweistellige Zahl Deutscher im Niger auf.

Die Bundesregierung hatte auf eigene Evakuierungsflüge mit Maschinen der Luftwaffe verzichtet. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dankte am Mittwoch ihrer französischen Kollegin Catherine Colonna «von ganzem Herzen» dafür, dass in französischen Flugzeugen auch Deutsche in Sicherheit gebracht wurden.

Situation weiterhin risikoreich

Der Konflikt im Niger könnte weiter eskalieren. Die westafrikanische Staatengemeinschaft hatte den Putschisten am Sonntag ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Bazoum nicht binnen einer Woche wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die Sanktionen und auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.

Tiani sagte in einer Fernsehansprache gestern Medienberichten zufolge, man lehne diese Sanktionen in ihrer Gesamtheit ab und weigere sich, irgendeiner Bedrohung nachzugeben, egal woher sie komme. Er bezeichnete die Sanktionen als zynisch und ungerecht und sagte, sie zielten darauf ab, Nigers Sicherheitskräfte zu demütigen und das Land unregierbar zu machen.

Der stellvertretende Chef der neuen Militärjunta, General Salifou Modi, stellt dem Nachbarland Mali eine gute Zusammenarbeit in Aussicht. «Wir freuen uns über die Nähe, die wir zu unseren Brüdern in Mali haben», so Modi nach einem Treffen mit der Regierung in der malischen Hauptstadt Bamako. Insbesondere im Bereich Sicherheit gebe es bereits eine gute Zusammenarbeit. Burkina Fasos Militärmachthaber Ibrahima Traoré habe ihm bei einem weiteren Treffen in der Hauptstadt Ouagadougou ebenfalls seine Unterstützung zugesichert, so Modi. «In Abstimmung mit unseren Brüdern in Burkina Faso haben wir beschlossen, eine Reihe von Maßnahmen zu treffen, um unsere Bevölkerung und unsere beiden Länder zu sichern», sagte Modi. Welche konkreten Maßnahmen dies sind, teilte Modi nicht mit.

Burkina Faso und Mali warnen vor Intervention

Gestern hatten sich die Militärchefs der Ecowas-Mitgliedsländer in Nigerias Hauptstadt Abuja getroffen. Drei Tage lang wollen sie über das weitere Vorgehen beraten. Die nach früheren Militärputschen bereits suspendierten Ecowas-Mitglieder Burkina Faso und Mali haben sich an die Seite der Putschisten im Niger gestellt.

Sie warnten Ecowas vor einem Eingreifen: Jede militärische Intervention gegen den Niger komme einer Kriegserklärung auch gegen ihre Länder gleich. Tiani entsandte gestern eine Delegation nach Mali und Burkina Faso, wie ein Sprecher des neuen Militärführers ohne Nennung weiterer Einzelheiten sagte.

Angesichts des Putsches setzte die Weltbank gestern Zahlungen an den Niger, der zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, vorerst aus. Ausnahme seien Partnerschaften mit dem Privatsektor, die «mit Vorsicht» fortgesetzt würden. «Wir sind alarmiert über die Versuche, die demokratisch gewählte Regierung im Niger zu stürzen», hieß es in einer Stellungnahme. Man werde die Lage weiter genau beobachten.

@ dpa.de