Leichen, Geiseln

Während die Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln laufen, finden israelische Soldaten die Leiche einer weiteren Frau.

17.11.2023 - 09:48:49

ZWei Leichen von Geiseln im Gazastreifen geborgen. Und Netanjahu äußert sich zu zivilen Opfern im Gazastreifen. Die News.

Fast sechs Wochen nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel haben Soldaten nahe dem Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen die Leichen von Geiseln geborgen.

Eine tote 65-Jährige sei in einem Nebengebäude des Hospitals entdeckt, nach Israel gebracht und identifiziert worden, teilte Israels Militär mit. Die Frau war demnach am 7. Oktober bei dem verheerenden Massaker der Hamas in Israel aus dem Grenzort Beeri entführt worden. In dem Gebäude seien auch Waffen wie Maschinenpistolen und Panzerfäuste gefunden worden.

Am Morgen erklärte das Militär, in der Nähe des größten Krankenhauses in der Stadt Gaza sei eine weitere Leiche geborgen worden. Die sterblichen Überreste der entführten 19-jährigen Soldatin seien in einem Gebäude neben der Schifa-Klinik gefunden worden. Ihre Leiche sei von Experten in Israel identifiziert worden. Eine Todesursache wurde zunächst nicht mitgeteilt.

Bei ihrem Einsatz in der größten Klinik des Küstenstreifens fanden die israelischen Streitkräfte nach eigenen Angaben auch Kommando- und Kontrollzentren. Was damit konkret gemeint ist, ließ ein Militärvertreter offen. Es wurden dort demnach auch Waffen, Computer und militärische Ausrüstung gefunden.

Unklar blieb, ob es sich bei einem der entdeckten Zentren auch um die von der Armee unter dem Krankenhaus vermutete Kommandozentrale der palästinensischen Islamistenorganisation handelte. Die Hamas bestreitet die Existenz einer solchen Basis unter der Klinik.

Kämpfer der islamistischen Terrororganisation Hamas aus dem Gazastreifen hatten Israel am 7. Oktober angegriffen und etwa 1200 Menschen brutal umgebracht. Zugleich wurden etwa 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Daraufhin begann Israel Luftangriffe und Ende Oktober eine Bodenoffensive im Gazastreifen. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 11.500 Menschen getötet. Die Versorgungslage ist nach UN-Angaben katastrophal. Israel steht international wegen seiner Kriegsführung unter Druck - vor allem seit dem Angriff auf die Schifa-Klinik.

Netanjahu: Gelingt nicht, Zahl ziviler Opfer zu minimieren

Der israelische Regierungschef räumte ein, dass die Streitkräfte bei ihrem Versuch, zivile Opfer zu vermeiden, nicht immer erfolgreich seien. Zwar versuche das Militär, den Militäreinsatz im Gazastreifen mit einem Minimum an zivilen Opfern zu beenden, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einem Interview des US-Fernsehsenders CBS.

«Das versuchen wir, aber leider gelingt es uns nicht. Jeder Tod eines Zivilisten ist eine Tragödie. Wir versuchen alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Zivilisten aus der Gefahrenzone zu bringen, während die Hamas alles tut, um sie dort festzuhalten.»

Militär: Tote bei Schießerei im Westjordanland

Bei einem Anschlag an einer israelischen Militärsperre südlich von Jerusalem wurden nach Militärangaben ein Soldat und drei Angreifer getötet. Militärsprecher Daniel Hagari bestätigte damit vorige Informationen von Polizei und israelischen Medien, die sich auf den Rettungsdienst beriefen. Der bewaffnete Arm der islamistischen Hamas im Gazastreifen, die Kassam-Brigaden, bekannte sich zu dem Anschlag.

Die Angreifer hatten an dem Checkpoint des Militärs das Feuer eröffnet. Hagari zufolge hatten die Attentäter aus Hebron im Westjordanland Pläne, einen größeren Anschlag zu verüben. Medienberichten zufolge wollten sie nach Jerusalem gelangen.

Israel: Hamas-Tunnel auf Gelände der Schifa-Klinik entdeckt

Israelische Soldaten legten eigenen Angaben zufolge einen Tunnel der Hamas auf dem Gelände des Schifa-Krankenhauses frei. Außerdem sei auf dem Gelände ein mit Sprengfallen versehenes Fahrzeug mit einer großen Menge an Waffen, Munition und Handschellen entdeckt worden, teilte das Militär mit.

Es sei für das Massaker der Hamas am 7. Oktober in Israel und die Geiselnahmen vorbereitet worden, vermutet die Armee. Auch im Rantisi-Krankenhaus sei ein Tunnel entdeckt worden. Zudem seien im Al-Kuds-Krankenhaus Waffen und Munition aufgespürt worden.

Israel: Lieferung von Wasser und Essen für Schifa-Klinik

Israels Militär lieferte dem Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen nach eigenen Angaben mehr als 4000 Liter Trinkwasser und 1500 Essensrationen. Das teilte das Militär auf der Plattform X, vormals Twitter, mit. Fotos zeigten einen Lastwagen mit Wasserflaschen und das Abladen einer Palette durch einen Gabelstapler. Die Informationen des Militärs ließen sich zunächst nicht unabhängig bestätigen.

Israels Militär hatte am frühen Mittwochmorgen berichtet, Soldaten seien in das größte Krankenhaus in der Stadt Gaza eingedrungen. Der Einsatz scheint weiter anzudauern - ungeachtet internationaler Proteste gegen den Militäreinsatz in einem Krankenhaus. Israel wirft der islamistischen Hamas vor, die Klinik als Terrorstützpunkt zu missbrauchen.

Israels Regierungschef sieht einem US-Medienbericht zufolge zudem «starke Hinweise» darauf, dass Geiseln von der Hamas im größten Krankenhaus des Gazastreifens festgehalten wurden. Das sei einer der Gründe für den Einmarsch israelischer Soldaten in die Schifa-Klinik gewesen, sagte Netanjahu dem Fernsehsender CBS.

Israel übernimmt Kontrolle über Westen der Stadt Gaza

Israels Armee hat nach Angaben von Verteidigungsminister Joav Galant die Kontrolle über den westlichen Teil der Stadt Gaza im nördlichen Gazastreifen erlangt. «Die nächste Phase hat begonnen», sagte Galant. Wie diese Phase konkret aussehen soll, ließ er offen.

Auch meldete die israelische Armee, sie habe die «operative Kontrolle» über den Hafen der Stadt übernommen, der vorher von der Hamas kontrolliert worden sei. Örtliche Quellen bestätigten der dpa die Übernahme. Israels Armee forderte erneut Zivilisten in mehreren Vierteln der umkämpften Stadt Gaza zur Flucht auf. Hunderttausende sind bereits vom Norden in den Süden des Küstenstreifens geflohen. Allerdings gab es auch dort mehrfach israelische Luftangriffe.

Militärchef in Gaza: «Werden in anderen Gebieten weitermachen»

Israels Generalstabschef Herzi Halevi kündigt indes eine Ausweitung der Einsätze im Gazastreifen an. «Wir sind kurz davor, das militärische System im nördlichen Gazastreifen zu zerschlagen (...) wir werden in anderen Gebieten weitermachen», sagte Halevi laut Mitteilung bei einem Truppenbesuch im Gazastreifen. «Es bleibt zwar noch einiges zu tun, aber wir sind auf dem besten Weg.»

@ dpa.de