Recep Tayyip Erdogan, Nato-Beitritt

Vor dem Nato-Gipfel ringen die 31 Verbündeten um die seit Monaten ausstehende Zustimmung der Türkei zur Aufnahme Schwedens.

10.07.2023 - 15:00:26

Erdogan verknüpft Schwedens Nato-Beitritt mit EU-Gesprächen. Doch Erdogan stellt plötzlich eine neue Bedingung.

  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan blockiert bislang den Nato-Beitritt Schwedens. - Foto: Michael Kappeler/dpa

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  • Recep Tayyip Erdogan (l.) und der schwedische Premier Ulf Kristersson (r.) reichen sich im Beisein von Nato-Chef Jens Stoltenberg die Hände. - Foto: Yves Herman/Reuters/AP/dpa

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan blockiert bislang den Nato-Beitritt Schwedens. - Foto: Michael Kappeler/dpaRecep Tayyip Erdogan (l.) und der schwedische Premier Ulf Kristersson (r.) reichen sich im Beisein von Nato-Chef Jens Stoltenberg die Hände. - Foto: Yves Herman/Reuters/AP/dpa

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine Zustimmung zur Aufnahme Schwedens in die Nato überraschend von einer neuen Bedingung abhängig gemacht - der Belebung der vor Jahren auf Eis gelegten Beitrittsgespräche der Türkei zur EU.

Vor dem Abflug zum Nato-Gipfel in Litauen sagte Erdogan an die EU-Länder gerichtet: «Ebnet zunächst den Weg der Türkei in die Europäische Union, danach ebnen wir den Weg für Schweden, so wie wir ihn für Finnland geebnet haben.»

Der Vorstoß Erdogans kommt überraschend und löste scharfe Kritik aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, dass die beiden Themen nicht miteinander zusammenhängen.

Bislang hatte Erdogan als Hauptgrund für die Blockadehaltung der Türkei zum Nato-Beitritt vor allem Schwedens aus türkischer Sicht unzureichendes Vorgehen gegen «Terrororganisationen» genannt. Er bezieht sich damit vor allem auf die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei, EU und den USA auf der Terrorliste steht.

Stoltenberg hofft weiter

Am Nachmittag sollte es in Litauens Hauptstadt Vilnius einen weiteren Schlichtungsversuch geben: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg trifft sich dort mit Erdogan und dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson. In Vilnius beginnt am Dienstag der zweitägige Nato-Gipfel. Stoltenberg zeigt sich zuversichtlich. «Es ist immer noch möglich, hier in Vilnius eine positive Entscheidung über die schwedische Mitgliedschaft zu haben», sagte er bei einer Pressekonferenz mit Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda.

«Wir haben keine Gewissheit, wir haben keine Garantien. Aber natürlich haben wir das Momentum des Gipfels mit den Staats- und Regierungschefs hier. Und wir werden dieses Momentum nutzen, um größtmögliche Fortschritte zu erzielen», sagte Stoltenberg.

Kritik von Menschenrechtlern

Menschenrechtler kritisieren unter anderem, dass die Türkei Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) missachtet. Dieser hatte etwa die Freilassung des inhaftierten Kulturförderers Osman Kavala sowie des Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas angeordnet.

Der Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Max Lucks (Grüne), sagte der Deutschen Presse-Agentur, ohne eine Umsetzung von EGMR-Urteilen ergäben Beitrittsverhandlungen mit der Türkei keinen Sinn. «Statt Querverhandlungen anzustreben, kann Präsident Erdogan auch selbst die Grundlage für Beitrittsverhandlungen mit der EU schaffen, indem er beispielsweise seine eklatanten Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention einstellt.»

Ähnlich äußerte sich die Türkei-Vertreterin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Emma Sinclair-Webb. Um mit der EU voranzukommen, müsse die Türkei «die Inhaftierung von Journalisten, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Politikern beenden», sagte sie.

Röttgen: Erdogan will EU erpressen

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warf Erdogan Erpressung vor. Erdogan müsse verstehen lernen, dass die Nato und die EU vollständig getrennte Organisationen seien, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Beiden ist indessen gemeinsam, dass Erpressung als Umgangsform nicht akzeptiert wird.»

Erdogan betonte nun erneut, dass Schweden die Bedingungen im Memorandum aus seiner Sicht weiter erfüllen müsse, um in Sachen Nato-Beitritt voranzukommen. Nato-Generalsekretär Stoltenberg betonte dagegen am Montag in Vilnius, Schweden habe die Vereinbarungen erfüllt und nannte als Beispiel die Verschärfung der Anti-Terrorgesetze. Er gab sich trotz Erdogans Vorstoß zuversichtlich. Eine «positive Entscheidung» in Vilnius sei noch immer möglich.

@ dpa.de