Pedro Sánchez, Alberto Núñez Feijóo

Verliert Spaniens sozialistische Minderheitsregierung unter Pedro Sánchez gegen eine Koalition aus Konservativen und Rechtspopulisten? Eine «Brandmauer» wie in Deutschland gibt es in Spanien so nicht.

23.07.2023 - 20:13:33

Prognosen: Konservative Opposition gewinnt Wahl in Spanien

Die konservative Volkspartei PP von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo hat die vorgezogene Parlamentswahl in Spanien nach Medienprognosen gewonnen. Laut der als sehr zuverlässig geltenden Erhebung des TV-Senders RTVE setzte sich die PP am Sonntag mit etwa 145 bis 150 Sitzen vor den Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez durch, die demnach auf 113 bis 118 Sitze kam.

Feijóo wäre als Wahlsieger für den Machtwechsel auf Vox angewiesen. Ausgeschlossen hat er eine Kooperation mit den europaskeptischen Rechtspopulisten nicht. Eine sogenannte Brandmauer nach rechts wie in Deutschland gegenüber der AfD gibt es in Spanien nicht. In einigen Regionen regieren beide Parteien schon gemeinsam. Vox trommelt dafür, linke Prestigeprojekte im Bereich Soziales, Minderheitenschutz, Umwelt und Verarbeitung der Diktatur einzukassieren und hart gegen Separatisten durchzugreifen.

Warnung vor Rechtsruck

Sánchez hatte im Wahlkampf die nach Corona und trotz Ukraine-Krieg relativ gute gesamtwirtschaftliche Lage Spaniens und soziale Errungenschaften hervorgehoben. Der PP warf er ihre mögliche Zusammenarbeit mit Vox auch auf nationaler Ebene vor. Eine PP-Vox-Regierung werde das Land in einen «dunklen Tunnel» zurück in die Vergangenheit führen, warnte Sánchez.

Feijóo hielt seinem Kontrahenten entgegen, das Land habe seine Regierung satt und wolle einen Richtungswechsel. Viele Menschen kämen mit ihrem Einkommen nur noch mit Ach und Krach über die Runden und die Staatsverschuldung sei aus dem Ruder gelaufen.

Zudem habe sich die Minderheitsregierung im Parlament auf Stimmen separatistischer Parteien gestützt und im Gegenzug unzulässige Konzessionen gemacht. Mit einer vermurksten Reform des Sexualstrafrechts habe die Regierung zudem das Gegenteil des Gewollten erreicht, kritisierte Feijóo. Statt Frauen besser zu schützen, hatten Dutzende Sexualverbrecher vorzeitig aus der Haft entlassen werden müssen.

Katalonien als Wahlkampfthema

Vox-Chef Santiago Abascal will sich bei einer Regierungsbeteiligung für die Abschaffung der weitreichenden und von der Verfassung garantierten Autonomierechte stark machen. Seine Ankündigung, in Katalonien werde es schlimmere Auseinandersetzungen als 2017 während der Unruhen wegen des Unabhängigkeitsreferendums geben, sobald er mit am Kabinettstisch sitze, sorgten in der wirtschaftsstarken Region im Nordosten des Landes für Kopfschütteln.

«Das ist Wahlkampfgetöse, völliger Unsinn, ein weiterer Versuch, den Menschen Angst einzujagen», sagte der Politologe José Luis Martí der Deutschen Presse-Agentur. Das sei typisch für die «extreme Rechte».

Insgesamt waren fast 37,5 Millionen Menschen wahlberechtigt. Bei großer Hitze wählten sie die 350 Abgeordneten des Unterhauses und einen Teil der Senatoren. Trotz Ferienzeit und Hitze in Teilen des Landes war die Wahlbeteiligung rege. Bis 14.00 Uhr lag sie bereits bei rund 40,5 Prozent - gute zweieinhalb Prozentpunkte mehr als bei der Parlamentsneuwahl im November 2019.

Nicht mitgezählt wurden die Briefwahlstimmen, die bei dieser Wahl auf die Rekordzahl von 2,5 Millionen anstieg. Wer keinen Fächer dabei hatte, benutzte die Wahlzettel in den Schlangen vor den Wahlurnen, um sich etwas Abkühlung zu verschaffen. Einige Wähler gaben ihre Stimme sogar im Badeanzug ab, wie im TV-Sender RTVE zu sehen war. Sánchez hatte die für das Jahresende geplante Wahl vorverlegt, nachdem seine Sozialisten und weiter links stehende Parteien bei Regional- und Kommunalwahlen Ende Mai eine Schlappe erlitten hatten.

@ dpa.de