Silvio Berlusconi, Giorgia Meloni

Silvio Berlusconi tat sich in Italiens Rechtsregierung zuletzt als Vermittler zwischen den Parteien hervor.

13.06.2023 - 15:25:21

Nach Tod von Berlusconi: Italiens Regierung gefordert. Ohne ihn fehlt der «Klebstoff». Das ist eine Herausforderung für Ministerpräsidentin Meloni.

  • Eine italienische Flagge auf Halbmast weht vor einer Nachricht mit der Aufschrift «Grazie Silvio» auf einem Turm des Fernsehsenders Mediaset neben einem großen Plakat. - Foto: Luca Bruno/AP

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  • Silvio Berlusconi (l-r), Giorgia Meloni und Matteo Salvini. - Foto: Andrew Medichini/AP/dpa

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Eine italienische Flagge auf Halbmast weht vor einer Nachricht mit der Aufschrift «Grazie Silvio» auf einem Turm des Fernsehsenders Mediaset neben einem großen Plakat. - Foto: Luca Bruno/APSilvio Berlusconi (l-r), Giorgia Meloni und Matteo Salvini. - Foto: Andrew Medichini/AP/dpa

Zur großen Trauerfeier für Silvio Berlusconi werden im Dom von Mailand alle erwartet, die in Italien etwas zu sagen haben. Staatspräsident, Regierungschefin, Parteifreunde, Weggefährten - ein Sonderflieger aus Rom soll gleich Dutzende Spitzenpolitiker am Mittwoch (15.00 Uhr) zum Staatsbegräbnis bringen.

In der prächtigen Kathedrale wird des einstigen Ministerpräsidenten gedacht, der am Montag mit 86 Jahren starb - und dessen Tod nun heftige Folgen für seine Partei und wohl auch für Italiens Rechtsregierung haben wird.

Die Exekutive von Giorgia Meloni steht - nach der Trauer um den im mitte-rechten Teil der italienischen Gesellschaft geschätzten und teils sogar verehrten Berlusconi - vor einer Herausforderung. Es geht um den Zusammenhalt der Regierung, die künftig ohne Berlusconi als Moderator und Schlichter auskommen muss. «Es wird sicher schwieriger werden, denn er schaffte es, alle in Einklang zu bringen, bei der Stange zu halten und an alle zu denken», sagte Matteo Salvini, Vize-Premier und Parteichef der rechtspopulistischen Lega.

In der Koalition ist Salvinis Lega kleiner als die Fratelli d'Italia von Ministerpräsidentin Meloni, aber etwas größer als die von Berlusconi gegründete und bis zuletzt von ihm geführte Forza Italia.

Streit vermeiden - «Das schulden wir ihm»

Als Meloni im Sender Canale5 gefragt wurde, ob es die Regierung auch ohne Politikveteran Berlusconi als «Klebstoff» zwischen den Parteien schaffe, nicht zu streiten, antwortete sie: «Das schulden wir ihm.» Einfach werde es aber nicht. «Er war der Kleber, aber auch der Erfahrenste von uns.» Berlusconi - einst selbst lange Regierungschef - um Rat fragen zu können, sei beruhigend gewesen, räumte Meloni ein.

Er habe ihr bis zuletzt oft gesagt, dass sie einen guten Job mache, behauptete Meloni. Von den Zwists und Attacken der Vergangenheit redete die Römerin in dem ersten Interview nach der Todesnachricht freilich nicht. Berlusconi hatte der Fratelli-Chefin zum Beispiel noch während der Regierungsbildung im Herbst ein «rechthaberisches, überhebliches, arrogantes, beleidigendes» Verhalten attestiert.

Meloni weiß nämlich, dass die Zeit nach Berlusconi für sie auch eine große Chance bringt, haufenweise neue Wähler und Politiker zu gewinnen. Beobachter sind sich einig, dass es einzig Berlusconi war, der dank des Charismas seine seit Jahren kriselnde Partei überhaupt noch zusammenhielt. Außenminister Antonio Tajani beteuerte zwar, er und seine Parteikollegen hätten «als Forza Italia die Pflicht, weiterzumachen». Einen Plan für die Zeit nach dem Alleinherrscher Berlusconi gibt es aber nicht. Er vermied es wohl bewusst, einen adäquaten Nachfolger aufzubauen.

Was wird aus Forza Italia?

«Es stellt sich die Frage, wie lange Forza Italia ohne Berlusconi eine Zukunft haben wird», meint Nino Galetti, Leiter des Römer Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung. Der Politikexperte sieht im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zwei Szenarien: «Entweder Tajani kann die Partei zusammenhalten. Oder Forza Italia bricht rasch auseinander, weil viele Abgeordnete zu anderen Parteien überlaufen. Ein harter Kern dürfte bleiben, aber der ist dann politisch zunehmend irrelevant.»

Bei den jüngsten Parlamentswahlen hatte Berlusconi nur noch gut acht Prozent der Stimmen gewonnen. Schon da strömten vorherige Forza-Italia-Wähler in Scharen zu Meloni. «Wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, dass Berlusconis acht Prozent großteils zu Meloni gehen und nur ein kleiner Teil zu Salvini», sagte der römische Politik-Professor Lorenzo Castellani der Medienplattform Euractiv.

Aber nicht nur die Rechtsparteien schielen auf Berlusconi-Wähler. Der frühere sozialdemokratische Ministerpräsident Matteo Renzi kam am Montag in Interviews aus dem Schwärmen über Berlusconi gar nicht mehr heraus. Liebend gern würde er gemäßigte Forza-Italia-Wähler zu seiner Zentrumspartei Italia Viva locken. Darüber jetzt zu reden, sei aber «nicht angemessen», beteuerte Renzi gegenüber der «Repubblica». Das war natürlich etwas geflunkert von dem begnadeten Polit-Taktierer.

Bewegung Richtung Mitte?

Wenn Meloni - wie zu erwarten ist - sich das Gros der bisherigen Berlusconi-Anhänger schnappt, dann wird sich ihre aus der Erbmasse des Faschismus gegründete Partei vom rechten Rand wegbewegen in Richtung Mitte. Das könnte Meloni passen, die zwar radikal in manchen Ansichten ist, aber auch clever und opportunistisch. Wenn die Wähler eher mitte-rechts denn weit rechts zu finden sind, dann geht sie eben dorthin. Experte Galetti erinnert an die bisherige Wandlung Melonis: «Früher war Meloni noch gegen den Euro und die EU, aber da hat sie sich geändert, weil sie weiß, dass die bürgerlich-konservativen Wähler in Italien eher pro-europäisch eingestellt sind.»

Auch wenn Berlusconis Tod eine kleine Schockwelle durch das Land und die Regierung schicken wird, auf die Rolle Italiens in Europa und der Welt dürfte es zunächst kaum Auswirkungen haben - dafür war der «Cavaliere» (Ritter) schon zu lange nicht mehr international aktiv.

Im Europaparlament könnte spannend werden, ob eine gemäßigtere Meloni die Nähe zur Europäischen Volkspartei sucht, wie zuletzt mehrfach spekuliert wurde. EVP-Chef Manfred Weber (CSU) hat sich für die Trauerfeier für seinen Freund Berlusconi bereits angekündigt.

@ dpa.de