Nowaja, Gaseta

Seit Tagen wird gerätselt, wo die Leiche des im Straflager ums Leben gekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny ist.

18.02.2024 - 11:17:40

Nowaja Gaseta: Nawalnys Leiche liegt in Salechard. Laut «Nowaja Gaseta» ist sie in einem Krankenhaus in Salechard.

Die Leiche des in Haft ums Leben gekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny wird einem Medienbericht zufolge im Bezirkskrankenhaus der Stadt Salechard im hohen Norden Sibiriens aufbewahrt. Eine Obduktion habe zumindest bis Samstag noch nicht stattgefunden, berichtete die kremlkritische «Nowaja Gaseta Europa» am Sonntag unter Berufung auf eigene Informanten. Zudem soll der Körper des Toten blaue Flecken aufweisen. 

Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben gab es zunächst nicht. Die Angehörigen Nawalnys haben bisher keinen Zugang zum Leichnam des 47-Jährigen erhalten.

Salechard ist die Hauptstadt des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen. Das Straflager «Polarwolf», in dem Nawalny starb, liegt etwa 50 Kilometer Luftlinie nordwestlich davon - bereits jenseits des Polarkreises.

Der nach vielen Tagen in immer wieder angesetzter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang im Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos.

Woher rühren die blauen Flecken?

Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde. 

Die Mutter Nawalnys hat bislang vergebens versucht, ihren toten Sohn abzuholen. Weder in der Strafkolonie noch in Salechard wurde ihr der Leichnam übergeben. 

Die «Nowaja Gaseta» zitiert einen anonymen Mitarbeiter des Notfalldienstes. Die blauen Flecken zeugen dessen Angaben nach davon, dass Nawalny vor dem Tod Krämpfe gehabt habe und von Mitarbeitern des Straflagers festgehalten wurde. Ein Bluterguss auf der Brust sei zudem Indiz für tatsächlich vorgenommene Wiederbelebungsversuche. Allerdings geht aus dem Zeitungsbericht hervor, dass der Informant selbst Nawalny nach dessen Tod ebenfalls nicht gesehen, sondern über seinen Zustand nur von Kollegen informiert worden sei.

Tausende fordern Herausgabe von Nawalnys Leiche an Angehörige

Der Druck auf die russischen Behörden zur Herausgabe der Leiche des Kremlkritikers Alexej Nawalny an seine Hinterbliebenen wächst: Mehr als 12.000  Menschen hätten einen entsprechenden Aufruf an das russische Ermittlungskomitee unterstützt, teilte die Bürgerrechtsplattform OWD-Info am Sonntag auf Telegram mit. OWD-Info hatte den Aufruf selbst erst am späten Samstagnachmittag gestartet. «Die Herausgabe der Leiche muss so schnell wie möglich erfolgen. Wenigstens nach seinem Tod sollte Alexej Nawalny bei seinen Angehörigen sein», heißt es in der Erklärung. 

@ dpa.de