Gefechte, Israels

Seit Beginn des Gaza-Kriegs verschärft sich auch die Lage an Israels Grenze zum Libanon.

05.02.2024 - 05:06:23

Gefechte an Israels Grenze zum Libanon. Die USA wollen eine Eskalation vermeiden. Der Überblick.

  • Improvisierte Stromkabel und Wasserschläuche im palästinensischen Flüchtlingslager Bourj al-Barajneh bei Beirut. - Foto: Bilal Hussein/AP/dpa

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  • Bei den Verhandlungen im Gaza-Krieg über eine erneute Feuerpause und Freilassung weiterer Geiseln gibt es weiterhin keine Einigung. - Foto: Omar Ishaq/dpa

    Omar Ishaq/dpa

Improvisierte Stromkabel und Wasserschläuche im palästinensischen Flüchtlingslager Bourj al-Barajneh bei Beirut. - Foto: Bilal Hussein/AP/dpaBei den Verhandlungen im Gaza-Krieg über eine erneute Feuerpause und Freilassung weiterer Geiseln gibt es weiterhin keine Einigung. - Foto: Omar Ishaq/dpa

Während Israels Armee im Gazastreifen weiter die islamistische Hamas bekämpft, gibt es auch an der Nordgrenze zum Libanon erhöhte Spannungen.

Israels Militär gab am späten Sonntagabend bekannt, Kampfflugzeuge hätten erneut eine Kommandozentrale der mit der Hamas verbündeten Hisbollah-Miliz im Süden Libanons attackiert. Zudem sei ein Beobachtungsposten der vom Iran unterstützten Miliz angegriffen worden. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Am Abend beriet Israels Verteidigungsminister Yoav Galant in Tel Aviv mit Amos Hochstein, einem Berater von US-Präsident Biden, über die gefährliche Lage in dem Grenzgebiet. Man sei zu einer diplomatischen Lösung der Krise bereit, aber zugleich auf «jedes andere Szenario» vorbereitet, sagte Galant nach Angaben seines Ministeriums bei dem Treffen.

Israel verlegt Divisionen an die Grenze zum Libanon

Nach Auskunft des israelischen Armee-Sprechers Daniel Hagari wurden drei Truppendivisionen an die nördliche Grenze verlegt. Er sprach am Wochenende eine deutliche Warnung an die Hisbollah aus: Ein Krieg sei nicht Israels erste Priorität, «aber wir sind auf jeden Fall vorbereitet».

Seit Beginn des Gaza-Krieges nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober in Israel kommt es in der israelisch-libanesischen Grenzregion fast täglich zu gegenseitigen Angriffen.

Israels Armee: Ziele im Süden des Libanons angegriffen

Israels Militär hat nach eigenen Angaben erneut Ziele der Schiiten-Miliz Hisbollah im Südlibanon beschossen. Artillerie und Kampfjets hätten Raketenabschussstellungen und andere militärische Einrichtungen der Hisbollah angegriffen, teilte die Armee mit. Das Vorgehen der israelischen Streitkräfte sei als Antwort auf den Abschuss zahlreicher Geschosse erfolgt, die die Hisbollah über die libanesisch-israelische Grenze abgefeuert hatte. Die Hisbollah bestätigte am Montag drei Attacken gegen Israel.

Die israelischen Angriffe zielten demnach unter anderem auf eine Kommandozentrale in Dschibain sowie auf Militäranlagen in Labuneh, Beit Lif und Barachit ab.

In den Gebieten an der libanesisch-israelischen Grenze handelt es sich um die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006. Auf israelischer Seite haben Zehntausende Menschen ihre Wohnorte verlassen und im Landesinneren Schutz vor den nahezu täglichen Artillerie- und Raketenangriffen der Hisbollah gesucht. 

Keine Einigung auf Feuerpause

Unterdessen gibt es bei den Verhandlungen im Gaza-Krieg über eine erneute Feuerpause und Freilassung weiterer Geiseln weiterhin keine Einigung. Der Hamas liegt ein von den Vermittlern USA, Ägypten und Katar kürzlich in Paris ausgehandelter Vorschlag vor, der die stufenweise Freilassung der Geiseln im Gegenzug für eine längere Feuerpause sowie für die Freilassung palästinensischer Strafgefangener vorsieht.

Ein Vertreter kündigte an, man werde bald dazu Stellung nehmen, es werde aber intern noch diskutiert. Israels Verhandlungsführer sollen den Rahmenentwurf dagegen bereits akzeptiert haben.

Die Hamas und andere extremistische Gruppen hatten am 7. Oktober den Süden Israels überfallen, 1200 Menschen getötet und rund 250 Geiseln entführt. 105 Geiseln wurden während der bisher einzigen Feuerpause im November gegen 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen ausgetauscht. Derzeit werden in dem Küstengebiet laut Israel noch 136 Geiseln festgehalten. Israel geht davon aus, dass knapp 30 von ihnen nicht mehr am Leben sind.

Israel: Tausende Hisbollah-Stellungen angegriffen

Derweil will Israel durch militärischen und diplomatischen Druck erreichen, dass sich die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz im Süden Libanons wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht.

Die Hisbollah feuert derzeit immer wieder aus der Pufferzone heraus, die nach dem Ende des zweiten Libanon-Kriegs 2006 im Grenzgebiet eingerichtet worden war. Israels Armee antwortet mit Gegenangriffen. Laut Armeesprecher Hagari haben die Streitkräfte seit Beginn des Gaza-Krieges mehr als 3400 Hisbollah-Stellungen ins Visier genommen. Dabei seien mehr als 200 Terroristen «eliminiert» worden.

Israel warnt Hisbollah

Die Hisbollah-Miliz gilt als deutlich schlagkräftiger als die Hamas im Gazastreifen. Zehntausende Anwohner im Norden Israels sowie auf libanesischer Seite haben inzwischen wegen der wiederholten militärischen Konfrontationen ihre Heimatorte verlassen. Israel warnte bereits mehrmals, dass es auch zu einem größeren Militäreinsatz bereit sei, falls die diplomatischen Bemühungen ins Leere laufen sollten.

Verteidigungsminister Galant erneute diese Warnung am Sonntag, wie die Zeitung «Times of Israel» berichtete: «Die klare Anweisung, die ich der Luftwaffe gegeben habe, lautet, die Nasen unserer Flugzeuge nach Norden zu richten», wurde Galant zitiert. Israels Armee sei für alle Fälle bereit, hieß es.

Die Zeitung berichtete unter Berufung auf den israelischen Sender Channel 12 weiter, Bidens Berater Hochstein habe bei dem Treffen mit Galant von Anzeichen für eine mögliche diplomatische Lösung gesprochen. Diese würde einen Rückzug der Hisbollah aus dem Grenzgebiet einschließen. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht.

Israelischer Minister: Terroristen nirgendwo in Gaza sicher

Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat Führung und Kämpfer der islamistischen Hamas gewarnt, dass sie nirgendwo im Gazastreifen vor dem Zugriff der israelischen Streitkräfte sicher seien. Das gelte selbst für die letzten verbliebenen Gebiete im Küstenstreifen, in denen - wie in der südlichen Stadt Rafah - noch keine israelischen Bodentruppen im Einsatz sind, sagte Galant auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv. «Jeder Terrorist, der sich in Rafah versteckt, sollte wissen, dass er ebenso enden wird wie diejenigen in Chan Junis und (der Stadt) Gaza», zitierten ihn israelische Medien. 

Galant spielte darauf an, dass die Armee in Gaza und Chan Junis zahlreiche Kampfverbände der Hamas zerschlagen und Tausende ihrer Kämpfer getötet hat. «Gut die Hälfte der Hamas-Terroristen ist tot oder schwer verwundet», sagte er. 18 Hamas-Bataillone seien aufgerieben worden und würden als Kampfverbände nicht mehr existieren.

Scholz pocht in Telefonat mit Netanjahu auf Zweistaatenlösung

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs hat Bundeskanzler Olaf Scholz gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf eine Zweistaatenlösung gepocht. Aus Sicht der Bundesregierung würde nur eine verhandelte Zweistaatenlösung die Perspektive einer nachhaltigen Lösung des Nahostkonfliktes öffnen, sagte der SPD-Politiker in einem Telefonat mit Netanjahu, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte. Dies müsse für den Gazastreifen und das Westjordanland gelten. Eine zentrale Rolle komme dabei einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde zu, sagte der Kanzler demnach weiter.

Der Bundeskanzler habe sich in dem Telefonat zugleich von Netanjahu über die militärische Lage im Gazastreifen und an der israelisch-libanesischen Grenze informieren lassen, erklärte Hebestreit. Dabei habe er die dringende Notwendigkeit unterstrichen, den Zugang und die Versorgung mit humanitärer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen erheblich zu verbessern. Die gegenwärtige Versorgungs- und Sicherheitslage für die palästinensische Zivilbevölkerung sei sehr besorgniserregend.

@ dpa.de