Mohammed bin Salman, Kronprinz

Saudi-Arabien ist ein enger Partner der USA, aber nicht von Israel - jedenfalls noch nicht.

21.09.2023 - 10:18:32

Bin Salman bei Fox: Saudi-Arabien und Israel nähern sich an. In einem auf Englisch geführten Interview mit dem US-Sender Fox berichtet der saudische Kronprinz Bemerkenswertes.

Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Israel sind nach Angaben des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman auf dem Weg einer Normalisierung. «Wir kommen dem jeden Tag näher, es scheint zum ersten Mal etwas wirklich Ernsthaftes zu sein», sagte bin Salman in einem Gespräch mit dem US-Sender Fox News.

Ein mögliches Abkommen mit Israel bezeichnete der faktische Herrscher des Landes als «größten historischen Deal seit Ende des Kalten Krieges». Berichte, dass Verhandlungen darüber ausgesetzt worden seien, wies bin Salman als «unwahr» zurück.

Die US-Regierung hatte vor einigen Wochen Gespräche über eine mögliche Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel bestätigt, die Erwartungen aber gedämpft. US-Medien hatten berichtet, dass die USA und Saudi-Arabien sich im Grundsatz auf die Umrisse eines solchen Abkommens verständigt hätten. Demnach würde Saudi-Arabien Israel anerkennen und im Gegenzug US-Sicherheitsgarantien und Hilfe beim Aufbau eines zivilen Atomprogramms bekommen. Israel müsste dafür umfassende Zugeständnisse an die Palästinenser machen.

Noch viele offene Fragen und hohe Hürden

Offiziell hat Riad keine Beziehungen zu Israel, verdeckt arbeiten beide Länder aber in Sicherheitsfragen schon länger zusammen. Eine förmliche Annäherung schien jahrzehntelang so gut wie ausgeschlossen. Die USA sind Schutzmacht Israels und auch für Saudi-Arabien ein wichtiger Verbündeter. Für einen möglichen Durchbruch gibt es noch viele offene Fragen und hohe Hürden.

Eine Übereinkunft hänge maßgeblich vom Umgang Israels mit den Palästinensern ab, betonte Salman, den Fox-Journalist Bret Baier auf der saudischen Insel Sindalah interviewt hatte. «Wenn wir einen Durchbruch haben beim Erzielen eines Deals, der die Bedürfnisse der Palästinenser erfüllt und die Region beruhigt, dann werden wir mit jedem arbeiten, der dort ist», sagte der 38-Jährige laut von Fox veröffentlichten Aussagen aus dem Interview. Das Leben der Palästinenser solle leichter werden, ergänzte er. Das Königreich Saudi-Arabien ist einer der größten Geldgeber für die Palästinenser.

Zur Frage einer möglichen nuklearen Aufrüstung des Irans sagte er, dies wäre ein «schlechter Schritt». Niemand könne Atomwaffen einsetzen. «Jedes Land, das Nuklearwaffen benutzt, zettelt einen Krieg mit dem Rest der Welt an», so Bin Salman. «Die Welt kann kein zweites Hiroschima erleben.» Sollte Teheran eine Atombombe erlangen, müsste Saudi-Arabien dies auch tun, sagte er.

Israelischer Politologe: Kronprinz «wird alles bekommen»

Ein israelischer Experte stuft die Äußerungen des saudischen Kronprinzen als sehr bedeutsam ein. «Er hat zum ersten Mal bestätigt, dass es die Kontakte gibt, dass es fortschreitet, dass es im saudischen Interesse ist», sagte der Politikwissenschaftler Yoel Guzansky.

Guzansky, Sicherheitsexperte am Israelischen Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv, findet die politische Erstarkung des Kronprinzen bemerkenswert: «Er war bis vor kurzem eine Persona non grata im Westen, er wurde verurteilt, war ein Außenseiter. Jetzt umwirbt ihn die ganze Welt. Er wird alles bekommen, was er will.»

Besorgniserregend findet Guzansky die Aussicht, dass Saudi-Arabien im Rahmen einer Vereinbarung mit den USA und Israel die Erlaubnis zur zivilen Nutzung von Atomkraft erhalten könnte. Als mögliche Gefahr sieht er etwa, dass Saudi-Arabien sich aus Sicherheitsvereinbarungen einseitig zurückziehen könnte. Die größte Gefahr in dem Zusammenhang sei ein nukleares Wettrüsten in der ganzen Region.

Guzansky: Mit jetzigem Kabinett Chancen «sehr gering»

Zur Frage, ob der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Rahmen einer Einigung mit Saudi-Arabien notwendige Konzessionen an die Palästinenser auch innerhalb seiner rechts-religiösen Regierung durchsetzen könnte, meinte Guzansky, die Chancen dafür seien «sehr gering». Der ultranationale Finanzminister Bezalel Smotrich hatte nach Medienberichten bereits gewarnt, es werde kein «Oslo 2» geben, in Anspielung an die früheren Friedensverträge mit den Palästinensern.

Netanjahu müsste mit großer Wahrscheinlichkeit Änderungen in seinem Kabinett vornehmen, meinte der Experte. Seiner Einschätzung nach warte der Oppositionspolitiker Benny Gantz aber nur darauf, Teil einer gemäßigteren Koalition mit Netanjahu zu werden. Ein historisches Abkommen mit Saudi-Arabien würde Gantz die notwendige Legitimation für einen Eintritt in die Koalition geben, sagt Guzansky. «Er wird als jemand dastehen, der Israel gerettet hat.»

@ dpa.de