Niamey, Mohamed Bazoum

Nach einem Putsch im Niger bleibt die Lage im Land prekär.

28.07.2023 - 08:16:39

Militärputsch im Niger: Lage weiter ungewiss. Rebellierende Militärs haben Präsident Mohamed Bazoum für entmachtet erklärt - und warnen ausländische Staaten davor, militärisch einzugreifen.

Nach einem Militärputsch im westafrikanischen Niger bleibt die Lage am Morgen weiter ungewiss. Offiziere der Präsidentengarde hatten den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum am Mittwoch in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt.

Die Streitkräfte Nigers stellten sich gestern auf die Seite der rebellierenden Militärs. Die Putschisten warnten ausländische Staaten davor, militärisch einzugreifen.

Auch Oppositionsparteien stellten sich nigrischen Medien zufolge hinter die Putschisten. Unklar blieb zunächst, welche und wie viele Parteien dahinterstanden. Die Verfasser riefen für heute zu Demonstrationen auf. Am Donnerstag hatten Unterstützer des Putsches bei Protesten unter anderem den Sitz der Präsidentenpartei in Niamey angegriffen. Das Innenministerium untersagte daraufhin alle Demonstrationen mit sofortiger Wirkung.

Scharfe Kritik an dem Vorgehen

Mit dem Militärputsch haben die europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone einen schweren Rückschlag erlitten. Scharfe Kritik am Vorgehen der Putschisten war aus Washington, von der UN, der EU, Frankreich, der Afrikanischen Union, der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas sowie von der Bundesregierung gekommen, die noch etwa 100 Soldaten in dem westafrikanischen Land stationiert und mehrfach Angebote zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Militär gemacht hat.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sicherte ihrem nigrischen Amtskollegen Hassoumi Massoudou gestern telefonisch die «volle Unterstützung» Deutschlands für die demokratische Entwicklung in dem westafrikanischen Land zu. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte auf Twitter, er habe am Donnerstagabend noch einmal mit dem festgesetzten Bazoum gesprochen. Die EU rief die Putschisten erneut zur sofortigen Freilassung des Präsidenten auf.

Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Der Niger ist in den vergangenen Jahren in den Mittelpunkt der westlichen Bemühungen gerückt, dem gewaltsamen Vormarsch der Dschihadisten in Westafrika und auch einem wachsenden militärischen Einfluss Russlands entgegenzuwirken.

Humanitäre Hilfsprogramme ausgesetzt

Niger sei aufgrund seiner relativen Sicherheit und politischen Stabilität ein Ort der Hoffnung in der von islamistischem Terror geprägten Sahelzone gewesen, sagte Ibrahim Yahaya Ibrahim, ein politischer Analyst des afrikanischen Think Tanks Crisis Group. Der Putsch habe diese Hoffnung nun zerstört und werde die künftige Zusammenarbeit zwischen Ländern der Sahelzone und dem Westen erschweren, so Ibrahim.

Die Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger hat davor gewarnt, dass die humanitäre Lage schlechter wird. «Die aktuellen politischen Entwicklungen im Niger erfolgen zu einer Zeit, in der das Land die schlimmste Krise seit einem Jahrzehnt erlebt», sagte Helene Mutschler, die Geschäftsführerin von Aktion gegen den Hunger. Dürren, Überschwemmungen und eine spät einsetzende Regenzeit verschärften die Ernährungssituation. Die Fortführung der humanitären Arbeit sei daher unerlässlich.

Als Folge des Putsches habe die Organisation ihre Arbeit jedoch in Teilen des Landes vorübergehend eingestellt, so Mutschler. Zuvor hatten bereits die Vereinten Nationen mitgeteilt, sie hätten ihre humanitäre Arbeit im Niger eingestellt.

Wegen des Putsches sperrten die nigrischen Behörden den Luftraum sowie die Landesgrenzen. In einem Hinweis an die Luftfahrt («notice to airmen») wurden Landungen im Niger bis zum 4. August für alle Flüge untersagt.

Der Niger mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen belegte das Land in der Sahelzone zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut.

@ dpa.de