Hisbollah-Chef, Nasrallah

Mit Drohungen gegen Israel und den «großen Teufel» USA hält sich Hassan Nasrallah nicht zurück.

03.11.2023 - 17:05:03

Hisbollah-Chef Nasrallah: «Alle Optionen sind auf dem Tisch»

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat Israel vor einer militärischen Eskalation gewarnt. «Alle Optionen sind auf dem Tisch», sagte Nasrallah in einer Rede am Freitag, die Hunderte seiner Anhänger per Video-Leinwand unter anderem in der libanesischen Hauptstadt Beirut verfolgten. «Alle Möglichkeiten an unseren libanesischen Fronten sind in Reichweite.» Eine solche Eskalation hänge vom Verlauf des Kriegs im Gazastreifen ab sowie von Israels Verhalten gegenüber dem Libanon.

Es war das erste Mal, dass der sonst zurückgezogen lebende Chef der vom Iran unterstützten Schiitenbewegung sich öffentlich zum Gaza-Krieg äußerte. Die Rede wurde mit Spannung erwartet wegen möglicher Hinweise, dass die Hisbollah ihre Angriffe auf Israel verstärken und der Krieg sich damit ausweiten könnte.

In der fast anderthalb Stunden langen Rede des Hisbollah-Generalsekretärs gab es aber eher Anzeichen, dass die Miliz einer größeren Beteiligung am Krieg derzeit eher zögernd oder abgeneigt gegenübersteht.

Nasrallah: Angriff «weise, mutig und zur richtigen Zeit»

Den Terrorangriff der im Gazastreifen herrschenden Hamas gegen Israel vom 7. Oktober lobte Nasrallah als «weise, mutig und zur richtigen Zeit». Schon in den ersten Stunden des Angriffs sei klar gewesen, dass der «Feind abgelenkt, verloren und erstaunt» gewesen sei. Dieser Angriff habe eine «neue historische Phase des Konflikts» eingeläutet. Israel sei «schwach wie ein Spinnennetz».

Terroristen der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel Massaker unter Zivilisten angerichtet und mehr als 240 Geiseln verschleppt. Mehr als 1400 Menschen starben dabei und in den folgenden Tagen.

Die Hisbollah wie auch die «Achse des Widerstands» (gegen Irans Erzfeind Israel) hätten dabei keine Mitverantwortung und vorab auch keine Kenntnis von den Plänen gehabt, sagte Nasrallah. Der «Einsatz» sei «zu 100 Prozent palästinensisch» geplant gewesen.

Den USA - dem wichtigsten Verbündeten Israels - warf Nasrallah vor, die alleinige Verantwortung für den anhaltenden Krieg zu tragen. Israel sei nur «ausführendes Instrument». Die USA seien der «große Teufel», sagte Nasrallah - ein Verweis auf die iranische Bezeichnung für die Vereinigten Staaten, neben denen Israel als «kleiner Teufel» genannt wird. Die USA seien «die Hauptverantwortlichen für alle Massaker, von Hiroshima über Vietnam bis Afghanistan». Im Fall eines regionalen Kriegs seien die USA und deren Interessen und Soldaten die Opfer und größte Verlierer.

Gefährlicher Gegner

Die Hisbollah gilt als weitaus gefährlicher für Israel als die Hamas. Experten gehen davon aus, dass die vom Iran massiv aufgerüstete Schiiten-Miliz mehr als 100.000 Raketen, Bomben und andere Flugkörper besitzt, einige sagen 200.000. Die US-Denkfabrik CSIS bezeichnet sie als den am stärksten bewaffneten nichtstaatlichen Akteur der Welt.

Ein Sieg der Hamas im Gazastreifen liege im nationalen Interesse der Nachbarn Ägypten, Jordanien und Israel, vor allem aber im nationalen Interesse des Libanons. Die beiden Ziele im Gaza-Krieg seien jetzt ein «Ende der Aggression» sowie ein Sieg für den «palästinensischen Widerstand» und der im Gazastreifen herrschenden Hamas, sagte der Hisbollah-Chef.

Auch in der iranischen Hauptstadt Teheran verfolgten Hunderte die Rede. Zahlreiche Regierungsanhänger versammelten sich an zentralen Plätzen in der Millionenmetropole. Hisbollah gilt als wichtigster nichtstaatlicher Verbündeter des Irans. Vor allem loyale Anhänger des Systems zeigten in den vergangenen Wochen ihre Solidarität für die Palästinenser.

An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon kam es erneut zu gegenseitigem Beschuss. Bei den Konfrontationen seit Beginn des Gaza-Kriegs gab es auf beiden Seiten Todesopfer. Hisbollah meldete mindestens 55 Tote in den eigenen Reihen. Auf israelischer Seite wurden an der Grenze nach Militärangaben seit Kriegsbeginn sieben Menschen getötet.

@ dpa.de