UN-Nothilfebüro, Kämpfe

Krankenhäuser, die angegriffen werden, und getötete Patientinnen - die Lage medizinischer Einrichtungen im Gazastreifen ist UN-Angaben zufolge mehr als bedrückend.

12.12.2023 - 12:09:11

UN-Nothilfebüro: Weitere Kämpfe nahe Krankenhäusern. Die Opferzahlen hält die WHO für realistisch.

  • Die Vereinten Nationen berichten weiter von Kämpfen nahe Krankenhäusern im Gazastreifen. - Foto: Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

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  • Die Vereinten Nationen berichten weiter von Kämpfen nahe Krankenhäusern im Gazastreifen. - Foto: Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

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Die Vereinten Nationen berichten weiter von Kämpfen nahe Krankenhäusern im Gazastreifen. - Foto: Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpaDie Vereinten Nationen berichten weiter von Kämpfen nahe Krankenhäusern im Gazastreifen. - Foto: Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Die Vereinten Nationen berichten weiter von Kämpfen nahe Krankenhäusern im Gazastreifen. Es habe Todesopfer gegeben, als Gesundheitseinrichtungen getroffen worden seien. Das Al-Auda-Krankenhaus in Dschabalia sei seit sechs Tagen von israelischen Truppen und Panzern umgeben, berichtete das UN-Nothilfebüro OCHA.

Laut Berichten sitzen etwa 250 Ärzte, Patienten und deren Angehörige in dem Krankenhaus fest. Zwei medizinische Mitarbeiter seien dort im Dienst bei Kämpfen in vergangenen Tagen getötet worden.

Am Montag sei auch die Geburtsabteilung im Krankenhaus Kamal Aduan im Norden Gazas getroffen worden. Unter anderem seien dabei Berichten zufolge zwei Mütter getötet worden. Auch dieses Krankenhaus sei seit Tagen von Israels Truppen umgeben. Zusätzlich zu den mehr als 60 Patienten, darunter sechs Neugeborene in Brutkästen, würden 3000 Vertriebene dort Schutz suchen. Wasser, Essen und Strom seien «extrem knapp».

Direkte Angriffe auf Krankenhäuser

Israels Armee teilte auf Nachfrage generell mit, die Truppen würden «die militärischen und administrativen Fähigkeiten der Hamas zerlegen». Es sei eine Antwort auf die «barbarischen Angriffe» der Hamas. Israels Armee «folgt internationalem Recht und trifft machbare Vorkehrungen, um den Schaden für Zivilisten zu mäßigen.»

Die Vereinten Nationen teilten außerdem mit, dass am Samstag die Krankenhäuser Al-Jemen al-Said und Al-Auda, die im Flüchtlingsviertel Dschabalia liegen, direkt angegriffen wurden. Nach Darstellung der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurde für die Todesopfer ein Massengrab ausgehoben.

Auch in Al-Auda wurden der Behörde zufolge zwei medizinische Mitarbeiter im Dienst getötet. Krankenhausdirektor Ahmed Muhanna zufolge wird das Gebäude seit Tagen «belagert», wo sich etwa 300 Patienten und Vertriebene aufhielten.

Das Krankenhaus Al-Jemen al-Said, das sich noch im Bau befinde, sei mit Artillerie beschossen worden, wodurch es zum Brand gekommen sei, teilte die Behörde mit.

Ein Vertriebener, der dort Schutz suchte, sagte der dpa, dass seine mit Behinderung lebende Schwester bei dem Artilleriebeschuss getötet worden sei. Er habe sie mit weiteren Leichen im Hof des Krankenhauses begraben müssen, weil ein Transport in eine andere Gegend nicht möglich gewesen sei. Ein weiterer Augenzeuge sagte, die Vertriebenen säßen in der Klinik fest ohne Wasser und Essen. Der israelische Beschuss habe die Wassertanks der Klinik zerstört. Die Angaben sind derzeit nicht unabhängig überprüfbar.

WHO: Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza humanitäre Katastrophenzone

Auch das Al-Ahli-Krankenhaus in der Stadt Gaza gleicht nach einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einer humanitären Katastrophenzone. Das Krankenhaus könne nur noch 40 seiner 80 Betten belegen, habe aber mehr als 200 Patienten, berichtete Richard Peeperkorn, der WHO-Vertreter für die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete am Dienstag nach einem Besuch dort.

Er sprach über Videoverbindung aus dem Gazastreifen mit Reportern in Genf. Er sei jahrelang in Afghanistan und anderen humanitären Krisensituationen im Einsatz gewesen, «aber so etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen.»

Patienten lägen in Gängen, der Bücherei und einer Kapelle sowie im Innenhof. Ärzte behandelten Schwerverletzte, die auf Eselskarren oder zu Fuß ankämen, teils auf dem Boden und auf dem Bürgersteig. Es gebe kaum noch Personal. Weil es keinen Gefäßchirurgen gebe, müssten sie Gliedmaßen amputieren. Die Ärzte täten ihr bestes, beschrieben die Situation nach Angaben der WHO aber als «außer Kontrolle». Es fehle an Treibstoff für Generatoren, Sauerstoff, medizinischem Material, ebenso wie Wasser und Nahrungsmitteln für Patientinnen und Patienten und das Personal. Die WHO versuche mit Partnern, im Süden mehr Bettenkapazitäten aufzubauen.

WHO hält Opferzahlen der Palästinenserbehörden für verlässlich

Die WHO hält die von den palästinensischen Behörden genannten Toten- und Verletztenzahlen für verlässlich, sagte Peeperkorn weiter. Die WHO verlasse sich in Konfliktsituationen immer auf die Zahlen der Gesundheitsbehörden, sagte er. Die palästinensischen Behörden hätten sich früher immer als zuverlässig herausgestellt. Nach früheren Konfliktsituationen seien ihre Angaben über Opfer im Nachhinein geprüft worden und hätten sich als weitgehend akkurat erwiesen. Die Opferzahlen seien von den Behörden eher unter- als überschätzt worden.

Peeperkorn verwies auf eine Studie der Fachzeitschrift «The Lancet». Sie berichtete am 6. Dezember, dass es keine Anzeichen gebe, dass die Toten- oder Verletztenzahlen von den palästinensischen Behörden aufgebläht werden.

Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden seit dem 7. Oktober bis einschließlich Montag mehr als 18.200 Menschen im Gazastreifen getötet und weitere rund 50.000 verletzt.

Am 7. Oktober überfielen palästinensische Terroristen Israel, töteten rund 1200 Menschen und verschleppten mehr als 200 in den Gazastreifen. Israel erklärte der im Gazastreifen damals regierenden Organisation Hamas den Krieg. Die israelische Armee greift das dicht besiedelte Gebiet seitdem im Kampf gegen Terroristen an. Fast zwei Millionen der 2,2 Millionen Einwohner wurden durch die Kämpfe vertrieben.

@ dpa.de