Nahost, Terror

Israels Armee ruft die Einwohner im nördlichen Gazastreifen zur Evakuierung auf.

13.10.2023 - 06:04:06

Israel bombardiert weiter Gazastreifen, Kliniken vor Kollaps. Derweil steht die Versorgung der eingeschlossenen Zivilisten vor dem Kollaps.

  • Rauch steigt nach israelischen Luftangriffen über Gebäuden in Rafah auf. - Foto: Hatem Ali/AP/dpa

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  • Palästinensische Kinder warten nach einem israelischen Luftangriff auf medizinische Hilfe. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

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  • Israelis gehen in Aschkelon vor Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen in Deckung. - Foto: Leo Correa/AP/dpa

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  • Israelische Soldaten in Sderot nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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Rauch steigt nach israelischen Luftangriffen über Gebäuden in Rafah auf. - Foto: Hatem Ali/AP/dpaPalästinensische Kinder warten nach einem israelischen Luftangriff auf medizinische Hilfe. - Foto: Abed Rahim Khatib/dpaIsraelis gehen in Aschkelon vor Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen in Deckung. - Foto: Leo Correa/AP/dpaIsraelische Soldaten in Sderot nahe der Grenze zwischen Israel und Gaza. - Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Israels Armee hat im Vorfeld einer möglichen Bodenoffensive im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas ihr massives Bombardement des dicht besiedelten Gebietes fortgesetzt. Die Palästinenser im Norden seien aufgefordert, ihre Häuser zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz nach Süden zu verlassen», teilte die Armee am Freitagmorgen mit.

«Die Terrororganisation Hamas führt einen Krieg gegen den Staat Israel, und Gaza ist ein Gebiet, in dem militärische Operationen stattfinden», begründete das Militär den Aufruf. «Sie werden erst dann nach Gaza zurückkehren können, wenn eine weitere Ankündigung erfolgt, die dies erlaubt», hieß es weiter. Niemand solle sich dem Bereich des Sicherheitszauns zum Staat Israel nähern.

Die islamistische Hamas bezeichnete den Aufruf zur Evakuierung dagegen als «Propaganda». Zivilisten sollten nicht auf die «Propagandanachrichten reinfallen», teilte die im Gazastreifen herrschende Palästinenserorganisation am Freitag mit. Israel, die USA und die EU haben die Hamas als Terrororganisation eingestuft.

Gesundheitssystem kurz vor Zusammenbruch

Die leidende Zivilbevölkerung in dem von Israel hermetisch abgeriegelten Küstenstreifen steckt am siebten Tag nach dem Hamas-Massaker an Hunderten Israelis in einer immer aussichtsloseren Lage. Das Gesundheitssystem stehe «am Rande des Zusammenbruchs», warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO). «Ohne Strom laufen Krankenhäuser Gefahr, zu Leichenhallen zu werden», schrieb auch Fabrizio Carboni, Regionaldirektor Nahost des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), auf der Online-Plattform X.

Ausländische Spitzenpolitiker in Israel erwartet

Nach den verheerenden Terrorattacken der Hamas auf Israel werden eine Reihe von Spitzenpolitikern aus dem Ausland heute in Israel erwartet, darunter Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Geplant sei ein Treffen Austins mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Joav Galant und anderen Mitgliedern der Notstandsregierung, kündigte das US-Verteidigungsministerium an.

Austin wolle das «unerschütterliche Engagement» der USA für die Sicherheit Israels deutlich machen, hieß es. Mit der israelischen Führung wolle er über ihre Einsatzplanung und Ziele in dem Konflikt sprechen. Es gehe auch darum, den Bedarf an Militärhilfe zu erörtern. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Italiens Außenminister Antonio Tajani reisen zu einem Solidaritätsbesuch nach Israel.

Israels Armee: Von Hamas genutzte Wohnhäuser in Gaza angegriffen

Israels Armee beschoss unterdessen bei ihren Gegenangriffen auf die Hamas erneut Wohnhäuser im Gazastreifen, die nach Militärangaben von den Militanten genutzt wurden. Die betroffenen fünf Wohngebäude seien von der Hamas auch für terroristische Aktivitäten genutzt worden, teilte die Armee gestern Abend mit. Man greife jede Stellung der «Mörder» an, sagte Militärsprecher Daniel Hagari. Die Hamas habe bereits die Kontrolle über große Gebiete im Gazastreifen verloren.

Als Antwort auf das schlimmste Blutvergießen seit der Staatsgründung Israels bereitet die Armee eine Bodenoffensive auf den Landstrich am Mittelmeer mit mehr als zwei Millionen Bewohnern vor. Mehr als 1200 Menschen wurden bei dem Massaker der Hamas getötet und mindestens 3391 weitere verletzt. Rund 150 Menschen wurden offiziellen Angaben zufolge zudem in den Gazastreifen verschleppt.

Zahl der in Gaza getöteten Palästinenser steigt auf über 1500

Die Zahl der bei den israelischen Luftangriffen getöteten Palästinenser stieg unterdessen auf mindestens 1537. Mindestens 6612 weitere Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Gaza gestern Abend mitteilte. Nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch setzte Israels Militär im Gazastreifen sowie im Libanon auch weißen Phosphor ein. Das zeigten verifizierte Videos und Zeugenaussagen. Der Einsatz in den dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens verstoße gegen das humanitäre Völkerrecht, beklagte die Menschenrechtsorganisation.

US-Außenminister will palästinensischen Präsidenten Abbas treffen

US-Außenminister Antony Blinken will sich derweil mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas treffen. Er werde nach seinem Aufenthalt in Israel nach Jordanien weiterreisen, um dort Abbas sowie den jordanischen König Abdullah II. zu treffen, kündigte Blinken gestern in Tel Aviv an.

Danach will er auch Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten besuchen, um mit Regierungsvertretern zu sprechen, hieß es. Bei jedem dieser Treffen gehe es darum, auf die Länder einzuwirken, um eine Ausweitung des Konflikts in der Region zu verhindern und eine Freilassung der Geiseln in Gaza zu erreichen, sagte Blinken.

Großbritannien verlegt Schiffe in östliches Mittelmeer

Großbritannien entsendet derweil Schiffe der Royal Navy ins östliche Mittelmeer und unterstützt Israel mit Aufklärungsflügen. Das teilte der Regierungssitz 10 Downing Street in London mit. Mit der Maßnahme solle die Stabilität in der Region gestärkt, eine Eskalation verhindert und die humanitäre Krise gemildert werden, hieß es in der Mitteilung gestern Abend. Die US-Regierung bot Israel derweil bei den Verhandlungen zur Freilassung der von der islamistischen Hamas gefangen gehaltenen Geiseln umfangreiche Unterstützung an.

Türkische Gemeinde: Nicht von Hamas instrumentalisieren lassen

Nach dem Aufruf der Hamas zu ihrer weltweiten Unterstützung heute warnt die Türkische Gemeinde davor, dem nachzukommen. «Halten Sie sich von der Manipulation der Hamas fern, diese schadet den Muslimen in aller Welt!», sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu dem Berliner «Tagesspiegel».

«Wir sollten gemeinsam klare Kante zeigen. Ich appelliere deshalb an alle Muslime in Deutschland, sich nicht von der Hamas instrumentalisieren zu lassen.» Wegen befürchteter Gewaltakte von Hamas-Unterstützern gegen jüdische Einrichtungen heute mahnt Israel seine Bürger im Ausland zur Wachsamkeit. «Es ist davon auszugehen, dass es in verschiedenen Ländern zu Protestveranstaltungen kommen wird, die in Gewalt umschlagen können», warnte das israelische Außenministerium.

Deutsche aus Israel mit Lufthansa-Sonderflügen zurückgekehrt

Unterdessen sind hunderte Deutsche mit Lufthansa-Sonderflügen aus Israel nach Hause zurückgekehrt. Die erste Sondermaschine aus Tel Aviv landete mit 370 Passagieren gestern Abend auf dem Frankfurter Flughafen. Ein weiteres Flugzeug folgte später. Auch in München landeten zwei Maschinen.

Für heute sind vier weitere Sonderflüge geplant. Die Bundeswehr bereitet sich darauf vor, notfalls deutsche Staatsbürger aus Israel zurückbringen zu können. Die US-Regierung will ab heute Charterflüge bereitstellen, um auch ihren Staatsangehörigen bei der Ausreise aus Israel zu helfen.

Russland kritisiert israelische Luftangriffe auf Syrien scharf

Russland hat die Angriffe der israelischen Luftwaffe auf Flughäfen in Syrien als groben Verstoß gegen die Souveränität des Landes kritisiert und vor einer weiteren Eskalation in Nahost gewarnt. Angesichts der Zuspitzung des palästinensisch-israelischen Konflikts könnten solche Handlungen eine Ausweitung der militärischen Auseinandersetzung auf die ganze Region provozieren, schrieb das Außenministerium in Moskau gestern in einer Pressemitteilung.

@ dpa.de