Verlängerung, Feuerpause

Israels Armee hat die Kämpfe wieder aufgenommen.

01.12.2023 - 07:14:15

Keine Verlängerung der Feuerpause: Erneut schwere Kämpfe. Derweil wird bekannt, dass Israel die Angriffspläne der Hamas offenbar kannte. Und US-Außenminister Blinken findet deutliche Worte. Der Überblick.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben die Kämpfe im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas wieder aufgenommen. Das teilte die Armee am Morgen nach Ablauf der insgesamt einwöchigen Feuerpause mit.

Israel hat kurz vor Ablauf der Frist für die Feuerpause nach eigenen Angaben einen Angriff aus dem Gazastreifen abgewehrt. Wie die israelische Armee am Morgen bekanntgab, habe die Luftabwehr eine mutmaßliche Rakete aus dem Gazastreifen abgefangen. Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira berichtete unter Berufung auf Augenzeugen von schweren Kämpfen in der Stadt Gaza und anderen Gebieten im Norden des Gazastreifens.

Wenige Stunden vor Ablauf der Frist entließ die israelische Gefängnisbehörde nach palästinensischen Angaben als Teil des Abkommens erneut 30 palästinensische Häftlinge, nachdem die Hamas am Vortag weitere acht israelische Geiseln freigelassen hatte.

Bericht: Israel lagen Angriffspläne der Hamas lange vor

Hinweise auf einen geplanten Großangriff der islamistischen Hamas lagen Israel laut einem Bericht der «New York Times» mehr als ein Jahr vor dem 7. Oktober vor. Demnach gab es einen umfassenden Austausch israelischer Behörden zu einem 40 Seiten langen Dokument mit dem Codenamen «Jericho-Mauer», das einen Gefechtsplan der Hamas skizzierte.

Dieser soll bis ins Details dem Angriff geähnelt haben, den Hamas-Terroristen dann Anfang Oktober aus dem Gazastreifen heraus ausführten. Das Szenario sei von israelischen Militär- und Geheimdienstmitarbeitern als zu anspruchsvoll und schwierig in der Ausführung abgetan worden, berichtete die US-Zeitung.

Blinken mahnt Israel

US-Außenminister Antony Blinken forderte Israels Führung mit deutlichen Worten auf, die Zivilisten im Gazastreifen zu schützen. Sollte Israel den Krieg wieder aufnehmen und gegen den südlichen Gazastreifen vorrücken, um die Hamas zu verfolgen, sei es «zwingend erforderlich», dass sich Israel an das humanitäre Völkerrecht und die Regeln der Kriegsführung halte, sagte Blinken bei einem erneuten Besuch in Israel.

Die zahlreichen Todesopfer in der Zivilbevölkerung und die Vertreibung in dem Ausmaß, wie man sie im nördlichen Gazastreifen gesehen habe, dürfe sich im Süden nicht wiederholen, mahnte er nach einem Treffen mit Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Israel müsse vor der Wiederaufnahme größerer Militäreinsätze humanitäre Pläne zum Schutz der Zivilbevölkerung vorlegen, die weitere Opfer auf ein Minimum reduzierten, forderte Blinken. In den Plänen sollte etwa genau festgelegt werden, in welchen Gebieten Zivilisten im südlichen und zentralen Gazastreifen sicher seien. Die Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur wie von Krankenhäusern, Kraftwerken und Wasserversorgungsanlagen müsse vermieden werden.

Hilfsgüter erreichen den Norden Gazas

Unterdessen berichtete der Palästinensische Rote Halbmond, dass seit Beginn der Waffenruhe 310 Lastwagen mit Hilfsgütern erfolgreich den Norden des abgeriegelten Küstenstreifens erreicht hätten. Auf diese Weise konnten wichtige Güter wie Lebensmittel, Babynahrung und Decken für Tausende Menschen in Not bereitgestellt werden, hieß es auf X (vormals Twitter).

Allein am Vortag hätten 56 Lastwagen mit Hilfsgütern die Stadt Gaza und die nördlichen Gebiete des Küstengebiets erreicht. Insgesamt kamen demnach seit Beginn der Feuerpause mehr als 1000 Lkw mit Hilfsgütern im gesamten Gebiet an.

Weitere Geiseln frei

Derweil ließ die Hamas aus dem Gazstreifen zunächst zwei israelische Frauen frei, am Abend dann weitere sechs Israelis. Sie sollten medizinisch untersucht werden, bevor sie anschließend in Krankenhäusern ihre Familien treffen, wie das Militär mitteilte.

Nach Angaben aus dem Büro von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu handelte es sich um vier Frauen sowie eine 18-Jährige und ihren 17-jährigen Bruder. Die beiden arabisch-israelischen Geschwister waren aus einer Beduinenstadt im Süden des Landes entführt worden.

Auch weitere Palästinenser auf freiem Fuß

Die im Gegenzug von Israel auf freien Fuß gesetzten 30 Palästinenser seien in Ost-Jerusalem sowie im Westjordanland von ihren Familien empfangen worden, berichteten in der Nacht palästinensische Medien. Demnach handelte es sich um acht Frauen sowie 22 männliche Jugendliche unter 19 Jahren. Der Sprecher des katarischen Außenministeriums hatte zuvor auf der Plattform X von sieben Frauen sowie 23 männlichen Jugendlichen gesprochen.

Das Emirat Katar hatte gemeinsam mit Ägypten und den USA zwischen Israel und der Hamas die Feuerpause und den Austausch von zivilen Geiseln gegen palästinensische Gefangene vermittelt. Die ursprünglich für vier Tage vereinbarte Feuerpause war um drei Tage verlängert worden. Die in dem Konflikt vermittelnden Länder Ägypten und Katar bemühten sich um eine nochmalige Verlängerung der Feuerpause.

Israel vermutet, dass sich noch rund 145 Geiseln in Gaza befinden. Darunter sollen sich allerdings nur noch 15 Frauen und Kindern befinden. Deshalb war es fraglich, wie lange das bisherige Prozedere, bei der Frauen und Kinder im Gegenzug für eine Verlängerung der Feuerpause freigelassen werden, noch fortgesetzt werden kann.

Couragierter Zivilist nach Hamas-Anschlag in Jerusalem tot

Unterdessen starb ein Zivilist, der bei dem Terroranschlag in Jerusalem die Attentäter beherzt angriffen hatte und versehentlich von israelischen Soldaten beschossen worden war. Er sei einen Tag vor seinem 38. Geburtstag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen, berichteten mehrere israelische Medien am Donnerstagabend.

Der Mann habe gesehen, wie die Attentäter an einer Bushaltestelle auf Menschen schossen, sei aus dem Auto gesprungen und habe mit seiner eigenen Waffe auf die Angreifer geschossen. Auch die Soldaten eröffneten das Feuer auf die Palästinenser, hielten jedoch auch den Mann irrtümlicherweise für einen Attentäter und schossen auf ihn, hieß es. Die Hamas reklamierte den Terroranschlag später für sich.

@ dpa.de