Anhörung, Israel

Erstmals muss sich Israel dem Vorwurf des Völkermordes im Gaza-Krieg stellen.

12.01.2024 - 06:55:38

Anhörung: Israel nimmt zur Völkermord-Klage Stellung. Südafrika hat Klage erhoben vor dem Internationalen Gerichtshof. Nun hat Israel das Wort.

Israel wird erstmals vor dem Internationalen Gerichtshof Stellung nehmen zum Vorwurf des Völkermordes im Gaza-Krieg. Rechtsvertreter wollen heute in Den Haag die Klage Südafrikas entschieden zurückweisen - und sprechen bereits vor dem Termin von unfundierten Beschuldigungen. Südafrika wirft Israel vor, systematisch völkermörderische Handlungen gegen die Palästinenser im Gazastreifen begangen zu haben.

Der Vorwurf des Völkermordes trifft gerade Israel bis ins Mark. Denn der jüdische Staat war gerade unter dem Eindruck des Holocausts nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden. Die deutschen Nationalsozialisten hatten damals rund sechs Millionen Juden ermordet. Unter diesem Eindruck war auch die Völkermord-Konvention entstanden.

Südafrika beruft sich nun auf diese Konvention, die auch Israel unterzeichnet hat. Danach ist Völkermord eine Handlung, «die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören». Das ist aber schwer zu beweisen. Auch die USA, Großbritannien und die Bundesregierung sehen keinerlei Grundlage für die Klage Südafrikas.

Entscheidung über Eilantrag in den nächsten Wochen

Doch zunächst geht es um einen Eilantrag Südafrikas. Das Land will, dass die Richter das Ende der militärischen Handlungen anordnen, um weiteren Schaden von den Palästinensern abzuwenden. Das Gericht, das Konflikte zwischen Staaten klären soll, wird darüber in den nächsten Wochen entscheiden. Ein Verfahren zur Hauptsache, dem Völkermord-Vorwurf, kann Jahre dauern.

Am ersten Tag der Anhörung, am Donnerstag, hatte Südafrika Israel systematische Taten von Völkermord gegen die Palästinenser im Gazastreifen zur Last gelegt. Israel ziele auf die Zerstörung des palästinensischen Lebens. Als Beleg hatten die Rechtsvertreter Beispiele der militärischen Gewalt sowie Äußerungen von israelischen Politikern und Militärs angeführt.

Das israelische Außenministerium nannte auf X (früher Twitter) die Vorwürfe das «größte Schauspiel der Heuchelei in der Geschichte». Israel beruft sich auf sein Recht auf Selbstverteidigung nach den Attacken der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober. Dabei waren rund 1200 Menschen getötet und etwa 250 aus Israel entführt worden, von denen bislang etwa die Hälfte wieder freigelassen wurde.

Eine Entscheidung des Gerichts ist bindend. Die UN-Richter selbst haben zwar keine Machtmittel, diese auch durchzusetzen. Dennoch könnte ein negativer Beschluss Israel schaden und den internationalen Druck weiter erhöhen.

@ dpa.de