Netanjahu, Offensive

Die Weltöffentlichkeit blickt mit Sorge auf Rafah, wo ein israelischer Militäreinsatz bevorsteht.

18.02.2024 - 05:15:02

Netanjahu: Offensive in Rafah wird kommen. Befürchtet wird eine Katastrophe. Israels Regierungschef will an dem Vorhaben festhalten.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will sich trotz internationaler Warnungen nicht von einer Ausweitung der militärischen Offensive auf Rafah im südlichen Gazastreifen abbringen lassen.

Man werde sich in der Frage internationalem Druck nicht beugen, betonte er am Samstag in Jerusalem vor Journalisten. «Wer uns an dem Einsatz in Rafah hindern will, sagt uns letztlich "Verliert den Krieg".» Das werde er nicht zulassen. Vor dem Beginn einer Offensive werde die israelische Seite es den Zivilisten in den Kampfgebieten aber ermöglichen, sich in sichere Gegenden zu begeben.

Israel bereitet eine Militäroffensive auf die an Ägypten angrenzende Stadt Rafah vor, um auch dort gegen die islamistische Hamas vorzugehen. In dem Ort im Süden des Gazastreifens haben Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht. Die Pläne für eine Ausweitung der israelischen Einsätze in der überfüllten Stadt stoßen international auf große Kritik. Auch die USA als wichtigster Verbündeter Israels warnen davor. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verlangt mit Blick auf Rafah die Einrichtung langfristig sicherer Orte für die Menschen dort. 

Auslöser des israelischen Einsatzes im Gazastreifen ist das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Todesopfern, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit einer Offensive in dem Küstengebiet, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher knapp 29.000 Menschen getötet wurden. 

Netanjahu: Werden mit Hamas-Führung abrechnen

Netanjahu bekräftigte, man werde mit der Hamas-Führung «die Rechnung begleichen». Dies sei nur eine Frage der Zeit. Man werde sich auch in der Frage einer künftigen Friedensregelung mit den Palästinensern keine Vorschriften aus dem Ausland machen lassen. «Eine Regelung kann nur durch direkte Verhandlungen zwischen beiden Seiten ohne Vorbedingungen erzielt werden», betonte Netanjahu. 

Der Regierungschef reagierte auch auf Medienberichte, denen zufolge die USA und andere Partner einen palästinensischen Staat selbst ohne israelische Zustimmung anerkennen könnten. Unter seiner Führung werde sich Israel vehement gegen eine «einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates wehren», sagte Netanjahu. Denn nach dem 7. Oktober gäbe es aus seiner Sicht «keinen größeren Preis für diesen beispiellosen Terror». 

Berichte über zahlreiche Tote

Bei israelischen Luftangriffen im zentralen Abschnitt des Gazastreifens gab es am Samstag nach palästinensischen Angaben wieder zahlreiche Tote. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, es seien mehrere Häuser von Kampfjets bombardiert worden, darunter in Deir al-Balah. Dabei seien acht Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt oder verschüttet worden. Sanitäter sprachen sogar von 40 Toten. Viele Verletzte seien ins Krankenhaus gebracht worden. Ein israelischer Armeesprecher sagte auf Anfrage, man prüfe die Berichte. 

Festnahmen bei Einsatz in Krankenhaus

Die israelische Armee nahm bei ihrem Einsatz im Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens bisher rund 100 Menschen fest. Es handele sich um «Personen, die verdächtigt werden, an Terroraktivitäten beteiligt gewesen zu sein», teilte das Militär am Samstag mit. Nach Darstellung der Hamas-Gesundheitsbehörde gehören viele der Festgenommenen zum medizinischen Personal.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde kamen bisher fünf Patienten auf der Intensivstation wegen eines Stromausfalls im Zuge des israelischen Einsatzes ums Leben. Ihre Sauerstoffversorgung sei unterbrochen worden. 

Die Armee erklärte dagegen, sie habe die Stromversorgung nicht attackiert. Die dort tätige Einheit habe strikte Anweisung gehabt, das kontinuierliche Funktionieren des Krankenhauses zu gewährleisten. Deshalb habe sie auch einen schadhaften Generator gegen ein Ersatzgerät aus Israel ausgetauscht.

Raketenalarm in israelischer Küstenstadt

Auf die israelische Küstenstadt Aschkelon wurde am Samstag erneut eine Rakete aus dem Gazastreifen abgefeuert. Die israelische Armee teilte mit, das Geschoss sei von der Raketenabwehr abgefangen worden. «Israelische Truppen identifizierten den Terroristen, der für den Angriff verantwortlich war», teilte das Militär weiter mit. Er sei daraufhin durch einen Luftangriff im Norden des Gazastreifens gezielt getötet worden. 

Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober haben extremistische Palästinenser in dem Küstenstreifen nach israelischen Angaben mehr als 14.500 Raketen auf israelisches Gebiet gefeuert. 

Israelis demonstrieren gegen Regierungspolitik

Tausende Israelis protestierten am Samstag in verschiedenen Städten gegen die Politik der rechtsreligiösen Regierung Netanjahus. Bei einer laut Polizei nicht genehmigten Großkundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv blockierten Demonstranten eine Straße in beide Richtungen und entzündeten Fackeln.

Auch nahe der Villa Netanjahus in Caesarea kam es zu Protesten. Viele der Demonstranten forderten Neuwahlen. Andere sprachen sich für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und für einen raschen Deal mit der Hamas zur Freilassung weiterer Geiseln aus. 

Gaza-Krieg im Fokus der Münchner Sicherheitskonferenz

Der Krieg im Gazastreifen ist auch bei der 60. Sicherheitskonferenz in München ein zentrales Thema. Zum Abschluss der Konferenz wird der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje heute gemeinsam mit der ehemaligen israelischen Außenministerin Zipi Livni sowie dem jordanischem Außenminister Aiman al-Safadi an einer Podiumsdiskussion zur Zukunft der israelisch-palästinensischen Beziehungen teilnehmen. 

@ dpa.de