Gaza, Intensive

Die USA wollen «alles in ihrer Macht Stehende tun», um die Waffenruhe zu verlängern.

30.11.2023 - 00:11:52

Gaza: Intensive Gespräche über Verlängerung von Feuerpause. Die Hamas scheint an einer Fortsetzung interessiert. Am Abend hat die Terrorgruppe weitere Geiseln freigelassen. Der Überblick.

  • Die Überreste eines Fahrzeugs liegen vor dem zerstörten indonesischen Krankenhaus in Beit Lahia im Gazastreifen. - Foto: Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

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  • Ein palästinensischer Mann sitzt in einem Sessel vor einem zerstörten Gebäude in Gaza-Stadt. - Foto: Mohammed Hajjar/AP/dpa

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  • Trümmer und zerstörte Gebäude säumen die Straßen in Gaza-Stadt. - Foto: Mohammed Ali/XinHua/dpa

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Die Überreste eines Fahrzeugs liegen vor dem zerstörten indonesischen Krankenhaus in Beit Lahia im Gazastreifen. - Foto: Mohammed Alaswad/APA Images via ZUMA Press Wire/dpaEin palästinensischer Mann sitzt in einem Sessel vor einem zerstörten Gebäude in Gaza-Stadt. - Foto: Mohammed Hajjar/AP/dpaTrümmer und zerstörte Gebäude säumen die Straßen in Gaza-Stadt. - Foto: Mohammed Ali/XinHua/dpa

Kurz vor Ablauf der Feuerpause im Gaza-Krieg hat es intensive Verhandlungen über eine Verlängerung gegeben. US-Außenminister Antony Blinken sagte zu, «alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Pause zu verlängern».

Die islamistische Hamas arbeitet laut eigenen Angaben hart an einer möglichen Verlängerung, wie ein Sprecher dem Nachrichtensender Al-Dschasira sagte. Ob die Gespräche über eine Verlängerung Waffenruhe von Erfolg gekrönt sein würden, steht aber noch nicht fest. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte in einer Mitteilung an, die Kämpfe wieder aufzunehmen, wenn «diese Phase der Rückkehr unserer Geiseln vollendet ist». Er bekräftigte zudem zum wiederholten Mal, an dem Kriegsziel der Zerstörung der Hamas festhalten zu wollen.

Hamas lässt 16 Geiseln frei

Die islamistische Hamas ließ währenddessen insgesamt 16 Geiseln frei. Es handelte sich wie schon in den Tagen zuvor um zehn Israelis, teilte die israelische Armee mit. Darunter seien drei Deutsche, die auch den israelischen Pass haben, sowie jeweils ein Doppelstaatler aus den USA und aus den Niederlanden, erklärte Madschid al-Ansari, Sprecher des katarischen Außenministeriums.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bestätigte die Angaben zu den drei Deutschen. Zusätzlich kamen auch vier Thailänder und etwas früher schon zwei Russinnen frei. Letztere haben ebenfalls die israelische Staatsbürgerschaft. Unterdessen gab es kurz vor dem Ablauf der Feuerpause im Gaza-Krieg intensive Verhandlungen über eine Verlängerung.

Baerbock dankte dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, Ägypten und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). «Während somit einige Familien heute aufatmen können, halten gleichzeitig jedoch noch viele andere weiter den Atem an und hoffen auf die Freilassung ihrer Lieben. Wir lassen in unseren Bemühungen nicht nach, alle Geiseln in Sicherheit zu bekommen», schrieb sie auf der Plattform X.

Seit vergangenem Freitag gilt eine Feuerpause, während der in den Gazastreifen verschleppte Geiseln und palästinensische Gefangene aus Israel ausgetauscht wurden. Die Kampfpause wurde zuletzt um zwei Tage verlängert. Damit würde sie ohne erneute Verlängerung wohl am Donnerstagmorgen ablaufen. Im Westjordanland kamen indessen im Rahmen eines israelischen Anti-Terror-Einsatzes mehrere Palästinenser ums Leben.

Blinken: Fortsetzung der Feuerpause auch im Interesse der Israelis

Blinken äußerte sich überzeugt, dass die Fortsetzung der Feuerpause auch im Interesse der Israelis sei. «Sie konzentrieren sich ebenfalls intensiv darauf, ihre Leute nach Hause zu bringen», sagte der Amerikaner mit Blick auf die israelischen Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten werden. Blinken wird nach eigenen Angaben an diesem Donnerstag erneut in Israel sein und dort Gespräche mit der Regierung führen. Es ist sein dritter Besuch seit Konfliktbeginn.

Hamas: Sind zur Freilassung weiterer Geiseln bereit

Man arbeite «sehr hart» mit den Vermittlern Katar und Ägypten, um einen «Kompromiss» zu schließen und die Feuerpause zu verlängern, sagte Hamas-Sprecher Ghasi Hamad dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Die Lage sei kompliziert und ändere sich laufend, er sei mit Blick auf eine mögliche Verlängerung aber optimistisch. «Wir sind bereit, mehr Geiseln zu befreien für eine Verlängerung der Feuerpause» für weitere Tage.

Nach der ursprünglichen Übereinkunft der Kriegsgegner soll die Feuerpause auf maximal bis zu zehn Tage verlängert werden können, um die weitere Freilassung von Geiseln und palästinensischen Häftlingen zu ermöglichen. Seit Beginn einer Feuerpause am Freitag kamen insgesamt 97 Geiseln frei. Davon waren 73 Israelis, von denen 14 auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Im Gegenzug wurden bis Dienstagabend 180 palästinensische Häftlinge freigelassen. Am Abend sollten weitere 30 Häftlinge entlassen werden. Israel und die islamistische Terrororganisation Hamas hatten sich darauf unter Vermittlung Katars geeinigt.

Steinmeier bittet Katar um weitere Vermittlung für Geisel-Freilassung

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bat die Führung Katars um weitere Bemühungen zur Freilassung der deutschen Geiseln aus der Hand der Hamas. «Ich bin sicher nach diesem Gespräch, dass Katar alles unternehmen wird, um auch zur Freilassung der deutschen Geiseln beizutragen», sagte Steinmeier in Katar nach einem Treffen mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani. Das Emirat ist in dem Konflikt einer der wichtigsten Vermittler zwischen Israel und der Hamas.

UN-Chef: Zahl toter Kinder im Gazastreifen in Amtszeit beispiellos

UN-Generalsekretär António Guterres forderte erneut ein dauerhaftes Ende der Kampfhandlungen. «Es finden intensive Verhandlungen zur Verlängerung der Waffenruhe statt, was wir sehr begrüßen. Aber wir glauben, dass wir einen echten humanitären Waffenstillstand brauchen», sagte Guterres im UN-Sicherheitsrat in New York. «Innerhalb weniger Wochen sind bei israelischen Militäreinsätzen in Gaza weitaus mehr Kinder getötet worden als die Gesamtzahl der Kinder, die in den Jahren seit meiner Amtszeit als Generalsekretär von einer Konfliktpartei getötet wurden», sagte Guterres. Vier von fünf Menschen in Gaza seien aus ihren Häusern vertrieben wurden.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze begangen haben. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt, auch mehrere Deutsche. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Blockade des Gazastreifens. Ende Oktober begannen seine Streitkräfte eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der Hamas fast 15.000 Menschen getötet und mehr als 36.000 verletzt. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Hamas: Zwei russische Geiseln an das Rote Kreuz übergeben

Die Hamas übergab nach eigenen Angaben zwei russische Geiseln an das Rote Kreuz. Die beiden Verschleppten seien aufgrund von Bemühungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin freigekommen, teilte die Hamas mit. Die Freilassung der beiden Frauen und der vier Thailänder ist nicht Teil des Abkommens zum Austausch israelischer Geiseln und palästinensischer Häftlinge.

Russland hat nach dem Angriff der Hamas auf Israel vor allem die USA kritisiert und deren Lösungsversuch im Nahostkonflikt für gescheitert erklärt. Sich selbst bot der Kreml als Vermittler an, der einerseits über traditionell gute Beziehungen zur arabischen Welt verfüge, aufgrund der Vielzahl von Israelis mit russischer Vergangenheit aber auch eine Nähe zu Tel Aviv aufweise.

Israel: Ranghoher Islamischer-Dschihad-Kommandeur in Dschenin getötet

Während in Gaza die Waffen schwiegen, führte Israel im Westjordanland nach eigenen Angaben einen Anti-Terror-Einsatz durch, bei dem ein Kommandeur des Islamischen Dschihad getötet wurde. Soldaten hätten in der Stadt Dschenin im nördlichen Westjordanland ein Gebäude beschossen, in dem sich Mohammed Subeidi und weitere Extremisten aufhielten, teilte das Militär mit. Ebenfalls in Dschenin wurden nach palästinensischen Angaben zwei Jungen im Alter von acht und 15 Jahren durch das israelische Militär getötet. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe die Berichte.

@ dpa.de