Armee-Sprecher, Bodenoffensive

Die Lage der Zivilisten im Gazastreifen bleibt verzweifelt.

17.10.2023 - 16:03:34

Armee-Sprecher: Bodenoffensive nicht die einzige Möglichkeit. Der Druck auf Israel wächst, die Wasserleitungen wieder zu öffnen. Die Diplomatie zur Eindämmung des Konflikts läuft auf Hochtouren.

  • Palästinenser, einige mit ausländischen Pässen, warten am Grenzübergang Rafah auf Hilfe und eine mögliche Einreise nach Ägypten. - Foto: Mohammed Talatene/dpa

    Mohammed Talatene/dpa

  • Israelische Militärfahrzeuge bewegen sich im Süden Israels auf die Grenze zum Gazastreifen zu. - Foto: Ohad Zwigenberg/AP/dpa

    Ohad Zwigenberg/AP/dpa

  • Palästinensische Frauen gehen in Nuseirat im Gazastreifen an Gebäuden vorbei, die bei israelischen Luftangriffen zerstört wurden. - Foto: Hatem Moussa/AP/dpa

    Hatem Moussa/AP/dpa

  • Der Secret Service nimmt in Washington Demonstranten fest, weil sie während ihres Protests für einen Waffenstillstand im Gazastreifen den Eingang zum Weißen Haus blockiert haben. - Foto: Nathan Howard/AP/dpa

    Nathan Howard/AP/dpa

Palästinenser, einige mit ausländischen Pässen, warten am Grenzübergang Rafah auf Hilfe und eine mögliche Einreise nach Ägypten. - Foto: Mohammed Talatene/dpaIsraelische Militärfahrzeuge bewegen sich im Süden Israels auf die Grenze zum Gazastreifen zu. - Foto: Ohad Zwigenberg/AP/dpaPalästinensische Frauen gehen in Nuseirat im Gazastreifen an Gebäuden vorbei, die bei israelischen Luftangriffen zerstört wurden. - Foto: Hatem Moussa/AP/dpaDer Secret Service nimmt in Washington Demonstranten fest, weil sie während ihres Protests für einen Waffenstillstand im Gazastreifen den Eingang zum Weißen Haus blockiert haben. - Foto: Nathan Howard/AP/dpa

Israel erwägt nach den Worten eines Armeesprechers Alternativen zu einer Bodenoffensive. Das Land bereite sich im Gazastreifen auf «die nächsten Stufen des Krieges» gegen die dort herrschende islamistische Palästinenserorganisation Hamas vor. «Alle sprechen von einer Bodenoffensive, aber es könnte etwas anderes sein», sagte Armeesprecher Richard Hecht am Dienstag.

Russland warnte Israel vor einer Bodenoffensive. Es drohe eine Ausweitung des Konflikts mit «fürchterlichen Folgen für die gesamte Region» und einer noch größeren humanitären Katastrophe, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Diplomatie läuft auf Hochtouren

Die diplomatischen Bemühungen zur Eindämmung des Konflikts waren intensiv. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) traf am Dienstag in Israel ein. Der SPD-Politiker wollte mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Präsident Izchak Herzog und Angehörigen deutscher Geiseln der Hamas sprechen, die in den Gaza-Streifen verschleppt wurden.

Am Mittwoch will US-Präsident Joe Biden Israel und Jordanien besuchen. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron plant, in den Nahen Osten zu reisen, sobald sich Aussicht auf Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas bietet. Der Konflikt lasse sich nicht lösen, ohne in den Friedensprozess einzusteigen.

Israel: Wieder führendes Hamas-Mitglied getötet

Ein Armeesprecher erklärt, das israelische Militär attackiere weiter die Infrastruktur der Hamas und suche nach den Verstecken ihrer Führungsleute. So wurde bei einem Luftangriff der Chef des Schura-Rats der Hamas, Osama Mazini, getötet, wie die Armee bekanntgab. Dieser sei für die Gefangenen der Hamas verantwortlich gewesen und habe terroristische Aktivitäten gegen Israel geleitet.

Israel will nach eigenen Angaben die im Gazastreifen herrschende Hamas zerstören, die bei dem Terrorangriff auf Israel mehr als 1400 Menschen getötet hat. Die Zahl der getöteten Palästinenser stieg nach Angaben aus dem Gazastreifen auf rund 3000.

Türkei als Vermittler bei Geisel-Verhandlungen

Die Türkei bemüht sich weiter um die Freilassung der von der islamistischen Hamas aus Israel entführten Geiseln. «Bislang haben wir aus verschiedenen Ländern insbesondere bezüglich der Freilassung ihrer Staatsbürger Anfragen erhalten. Daraufhin haben wir insbesondere mit dem politischen Flügel der Hamas Verhandlungen begonnen», sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in Beirut.

Auch Frankreich bemüht sich um Geisel-Freilassung

Auch Frankreich führt laut Präsident Emmanuel Macron Verhandlungen. Er äußerte sich vorsichtig, um keine falschen Hoffnungen zu wecken: «Aber sie kommen voran, wir verfolgen die Verhandlungen stündlich.» Bei dem Terrorangriff der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor mehr als einer Woche und in den folgenden Tagen wurden in Israel rund 200 Menschen gewaltsam in den Gazastreifen verschleppt, darunter auch mehrere Deutsche.

Hamas veröffentlicht Video mit Geisel

Die Hamas veröffentlichte erstmals ein Video mit einer mutmaßlichen Geisel. In einem am Montag verbreiteten Video sieht man, wie einer jungen Frau eine Wunde am Arm verbunden wird, anschließend spricht sie direkt in die Kamera. «Ich bin 21 Jahre alt und komme aus Schoham», sagt die Frau. Sie sei in Gaza und dort in einem Krankenhaus behandelt worden. Medienberichten zufolge soll es sich um eine Israelin handeln, die auch die französische Staatsangehörigkeit hat. Das israelische Militär teilte mit, sie sei entführt worden. Die Armee stehe in Kontakt mit der Familie.

Israel und USA wollen Strategie für humanitäre Hilfe

Angesichts der akuten Versorgungsnot der Zivilbevölkerung im Gazastreifen wollten Israel und die USA eine Strategie für humanitäre Hilfe entwickeln. US-Außenminister Antony Blinken sagte in Tel Aviv, es gehe darum, «Zivilisten in Gaza und nur sie allein zu erreichen». Angesichts der israelischen Militärschläge gegen die islamistische Hamas in dem Küstenstreifen sollen demnach auch Sicherheitszonen für Zivilisten geschaffen werden. «Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Hilfe so schnell wie möglich nach Gaza fließt», sagte Blinken.

Grenzübergang Rafah zunächst weiter geschlossen

Der ägyptische Grenzübergang Rafah als einziger Weg, dringend benötigte Hilfe in den von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen, war weiter geschlossen. Rund 2000 Tonnen Güter standen nach Angaben des Ägyptischen Roten Halbmonds bereit. Etwa 150 Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern seien von Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel in Richtung des Grenzübergangs Rafah unterwegs, sagten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur.

Hilfswerk warnt vor großer Wassernot

Das Palästinenserhilfswerk UNRWA warnte angesichts der Abriegelung des Gazastreifens vor einer drohenden Wassernot für die mehr als zwei Millionen Bewohner. Die letzte Salzwasseraufbereitungsanlage sei am Montag abgeschaltet worden, teilte das UNRWA mit. «Wasser bleibt ein Schlüsselthema, weil Menschen ohne Wasser anfangen werden zu sterben», hieß es in der Mitteilung. Es sei am Montag nur eine Wasserleitung für drei Stunden geöffnet worden.

Die britische Regierung will Israel dazu bringen, die Menschen im Gazastreifen wieder mit Wasser zu versorgen. Wasser sei ein Schlüsselthema bei den Bemühungen, die humanitären Probleme zu lindern, sagte der Sprecher von Premierminister Rishi Sunak.

UN: Rund eine Million Menschen im Gazastreifen auf der Flucht

Fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens ist nach Schätzung des UN-Nothilfebüros (OCHA) inzwischen auf der Flucht. Rund eine Million Menschen hätten ihre Wohnungen bis Montagabend verlassen, teilte OCHA mit. Ein Drittel der Menschen habe Zuflucht in Gebäuden des UN-Hilfswerk für Palästinenser gesucht, hieß es. Andere kampierten im Freien oder seien bei Freunden und Verwandten im Süden des Gebiets untergekommen. Krankenhäuser seien mangels Strom und Treibstoff für Generatoren «am Rande des Zusammenbruchs».

@ dpa.de