Israels, Präsident

Der israelische Präsident Herzog spricht in Davos über die schwierige Lage in Nahost.

18.01.2024 - 21:21:28

Israels Präsident: Vertrauen in Friedensprozesse verloren. Im Gazastreifen gehen die Kämpfe weiter, ebenso an der Grenze zum Libanon. Die USA greifen erneut Huthi-Stellungen an. Der Überblick.

  • Die USA haben erneut Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. - Foto: Petty Officer 3rd Class Bill Dod/US Navy/AP/dpa

    Petty Officer 3rd Class Bill Dod/US Navy/AP/dpa

  • Israels Präsident Izchak Herzog spricht auf einer Veranstaltung beim Weltwirtschaftsforum in Davos. - Foto: Hannes P. Albert/dpa

    Hannes P. Albert/dpa

Die USA haben erneut Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. - Foto: Petty Officer 3rd Class Bill Dod/US Navy/AP/dpaIsraels Präsident Izchak Herzog spricht auf einer Veranstaltung beim Weltwirtschaftsforum in Davos. - Foto: Hannes P. Albert/dpa

Israel muss nach Ansicht von Präsident Izchak Herzog hart an neuen Wegen für einen Dialog mit den Palästinensern arbeiten. «Die Israelis haben ihr Vertrauen in die Friedensprozesse verloren, weil sie sehen konnten, dass der Terror von unseren Nachbarn verherrlicht wird», sagte Herzog beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Länder, die eine Zweistaatenlösung fordern, müssen seiner Ansicht nach zunächst die Frage klären, wie Israels Sicherheit dabei gewährleistet werden kann.

Derzeit sei die Bereitschaft, über ein Friedensabkommen nachzudenken, in Israel gering, sagte Herzog weiter. «Um die Atmosphäre zu ändern, müssen wir die Geiseln zurückbekommen.» Der Präsident pochte in Davos zudem auf eine Umgestaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). «Wir müssen sicherstellen, dass sie Terror nicht verherrlichen, dass sie ihren Kindern nicht beibringen, Juden und Israelis zu hassen», sagte er. Herzog räumte gleichzeitig ein, dass Israel bereit sein müsse, mit «potenziellen Partnern» zu verhandeln. Israelis und Palästinenser müsse eine bessere Zukunft geboten werden. «Die Menschen wollen zusammen und in Frieden leben.»

Herzog: Palästinenser sind uns wichtig

Die humanitäre Notlage palästinensischer Zivilisten im Gazastreifen nannte Herzog bedauerlich. «Es ist schmerzhaft für uns, dass unsere Nachbarn so sehr leiden», sagte er in Davos. Die Feinde Israels hätten sich aber in dem Küstengebiet verschanzt und Israel müsse sich gegen diese verteidigen.

«Es ist ein sehr komplizierter Kampf», betont er. «Unsere Nachbarn sind uns wichtig, aber wir sind nicht bereit, angegriffen zu werden.» Israel habe sich angesichts der «menschlichen Tragödie» vom ersten Tag des Kriegs an für die Einfuhr von Hilfslieferungen in den Küstenstreifen eingesetzt, betonte Herzog.

Nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verhängte das Land eine Blockade. Ende Oktober kamen dann wieder Hilfstransporte in das Palästinensergebiet. Herzog zufolge gibt es derzeit große Probleme damit, die Güter zu verteilen, weil Beschuss drohe. Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens ist UN-Angaben zufolge unmittelbar von einer Hungersnot bedroht.

Armee: Mehrere Dutzend Terroristen im Gazastreifen getötet

Im Gazastreifen töteten indessen Soldaten nach Angaben der israelischen Armee innerhalb von 24 Stunden rund 60 Terroristen. Allein in der Stadt Chan Junis seien am Mittwoch 40 Terroristen ums Leben gekommen, teilte das Militär am Donnerstag mit. Israel vermutet, dass sich die Führung der islamistischen Hamas im Tunnelnetzwerk im Bereich der Stadt aufhält.

Auch bei Einsätzen im Norden des palästinensischen Küstengebiets wurden der Armee zufolge Terroristen angegriffen und getötet. Dort sollen die intensiven Kampfhandlungen gegen die islamistische Hamas laut Verteidigungsministerium beendet sein. Alle Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Auslöser des Kriegs war der Terrorangriff der Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet und 253 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte auf den beispiellosen Überfall mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen.

Dabei sollen laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 24.400 Menschen ums Leben gekommen sein. Nach Angaben der israelischen Armee wurden seit Kriegsbeginn etwa 9000 Mitglieder der islamistischen Hamas und anderer Terrororganisationen getötet.

EU-Parlament fordert dauerhaften Waffenstillstand in Gaza

Das Europaparlament spricht sich für einen dauerhaften Waffenstillstand im Krieg in Gaza aus - unter der Voraussetzung, dass alle Geiseln freigelassen und die Terrororganisation Hamas zerschlagen wird. Die Abgeordneten verurteilten sowohl die von der Hamas verübten «abscheulichen Terroranschläge» gegen Israel aufs Schärfste, als auch die «unverhältnismäßige militärische Reaktion Israels, die zu einer beispiellosen Zahl ziviler Todesopfer geführt hat», hieß es in einer in Straßburg verabschiedeten Entschließung.

Israel habe das Recht, sich innerhalb der völkerrechtlichen Grenzen zu verteidigen. Gleichzeitig zeigten sich die Abgeordneten besorgt angesichts der humanitären Lage in Gaza. Das Plenum forderte eine europäische Initiative für eine Zweistaatenlösung. Entschließungen des Parlaments sind rechtlich nicht bindend.

Netanjahu: Militärische Kontrolle im Westjordanland nach Krieg

Mit Blick auf mögliche Szenarien nach dem Gaza-Krieg betonte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass jede Lösung in absehbarer Zukunft die militärische Kontrolle Israels über das gesamte Westjordanland beinhalten müsse. Er gestand bei einer Pressekonferenz am Donnerstag ein, dass dies der Idee der Souveränität eines palästinensischen Staates widerspreche, und fuhr fort: «Was soll man da machen». Diese Wahrheit sage er auch seinen amerikanischen Freunden.

«Aus jedem Gebiet, aus dem wir uns zurückziehen, bekommen wir Terror, schrecklichen Terror», sagte der Rechtspolitiker. Dies sei im Südlibanon, im Gazastreifen sowie in Teilen des Westjordanlandes geschehen. Deswegen sei die Kontrolle im Westjordanland so wichtig.

Mit Blick auf eine Zweistaatenlösung auf Drängen der USA sagte Netanjahu: «Israels Ministerpräsident muss imstande sein, auch "nein" zu sagen, wenn es nötig ist, selbst zu unseren besten Freunden.»

Erneut Beschuss an israelisch-libanesischer Grenze

An der Grenze zwischen dem Libanon und Israel kam es erneut zu gegenseitigen Beschuss. Am Donnerstag habe es mehrere Raketenabschüsse auf israelische Orte und Gemeinden an der Grenze zum Nachbarland im Norden gegeben, teilte Israels Militär mit. Kampfflugzeuge der Armee hätten daraufhin Terrorinfrastruktur und Posten der Hisbollah-Miliz im Südlibanon angegriffen.

US-Präsident: Werden Angriffe gegen Huthi-Miliz fortsetzen

Das US-Militär wird nach Angaben von US-Präsident Joe Biden seine Angriffe auf Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen fortsetzen. Das machte der Demokrat bei einer Begegnung mit Reportern in Washington deutlich. Er war gefragt worden, ob die Angriffe der USA gegen die Huthi Wirkung erzielten. Darauf antwortete er laut anwesender Presse: «Nun, wenn Sie von Wirkung sprechen, stoppen sie die Huthi? Nein. Werden sie fortgesetzt? Ja.» Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, erklärte in Bezug auf Bidens Aussage kurz darauf: «Wir nehmen den Huthi ihre Fähigkeiten. Mit jedem einzelnen dieser Angriffe. Wir machen es ihnen schwerer, diese Angriffe fortzusetzen.»

Kirby sagte, das US-Militär habe am Donnerstag erneut Huthi-Stellungen angegriffen. Es seien einige Antischiffsraketen getroffen worden, die die Huthi für einen bevorstehenden Beschuss im Roten Meer vorbereitet hätten. Bereits in der Nacht zu Donnerstag hatten die USA Stellungen angegriffen. Kirby sagte, die Angriffe würden so lange fortgesetzt, wie sie nötig seien. Die Huthi hätten die Wahl, sie könnten mit ihren Attacken aufhören. Wenn sie das nicht täten, stünden den USA zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung - und man zögere nicht, diese zu nutzen. Am Mittwoch hatten die USA die Huthi auf die Liste der weltweit agierender Terrororganisationen gesetzt.

@ dpa.de