Präsident, Putsch

Bei einem Putsch vergangene Woche wurde er festgesetzt und für entmachtet erklärt.

04.08.2023 - 05:38:03

Nigers Präsident: Letzte Bastion der Menschenrechte retten. Nun appelliert der demokratisch gewählte nigrische Präsident als «Geisel» an die Weltgemeinschaft.

  • Ein Transportflugzeug vom Typ A400M der deutschen Luftwaffe landet am Fliegerhorst Wunstorf. - Foto: Sina Schuldt/dpa

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  • Mohamed Bazoum richtet einen Appell an die Weltgemeinschaft. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Ein Transportflugzeug vom Typ A400M der deutschen Luftwaffe landet am Fliegerhorst Wunstorf. - Foto: Sina Schuldt/dpaMohamed Bazoum richtet einen Appell an die Weltgemeinschaft. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

Gut eine Woche nach dem Staatsstreich im Niger hat der festgesetzte Präsident des westafrikanischen Landes, Mohamed Bazoum, einen dringenden Appell an die Weltgemeinschaft gerichtet, die «letzte Bastion des Respekts für Menschenrechte» im Sahel zu retten. «Dieser versuchte Putsch ist eine Tragödie für Nigrer, doch sein Erfolg hätte verheerende Folgen weit über unsere Grenzen hinaus», warnte Bazoum in einem Gastbeitrag für die «Washington Post».

Im niedersächsischen Wunstorf landete unterdessen in der Nacht zum Freitag eine Bundeswehrmaschine mit 32 aus dem Niger ausgereisten Personen an Bord, zehn von ihnen Deutsche.

Der demokratisch gewählte Bazoum war vergangene Woche im Niger von Offizieren der Präsidialgarde festgesetzt und für entmachtet erklärt worden. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz darauf setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.

Bazoum: Gelingt der Putsch, hat das Folgen für die ganze Welt

Er schreibe als Geisel, so Bazoum in der «Washington Post». «Der Niger wird von einer Militärjunta angegriffen, die versucht, unsere Demokratie umzustürzen, und ich bin nur einer von Hunderten Bürgern, die willkürlich und illegal eingesperrt worden sind», schrieb der Präsident. Der Staatsstreich gegen seine Regierung habe keinerlei Rechtfertigung. Sollte er gelingen, werde er Folgen für die gesamte Welt haben.

Der Niger war bislang nicht nur für die Eindämmung der Migration ein wichtiger Partner für den Westen, sondern auch im Kampf gegen den Terrorismus. In der Sahelzone verüben Dutzende Milizen, die zum Teil dem Islamischen Staat (IS) oder der Terrororganisation Al-Kaida die Treue geschworen haben, regelmäßig Anschläge.

Seine Regierung sei 2021 in demokratischen Wahlen an die Macht gekommen, schrieb Bazoum. Jeder Versuch, eine rechtmäßige Regierung zu stürzen, müsse gestoppt werden. Er schätze die klare Verurteilung «dieses zynischen Versuchs, den bemerkenswerten Fortschritt zu untergraben, den der Niger als Demokratie gemacht habe.» Die Vereinigten Staaten, die Afrikanische und die Europäische Union sowie die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hätten sich alle laut und deutlich dazu geäußert.

In dieser Notlage rufe er nun die US-Regierung und die gesamte Weltgemeinschaft dazu auf, seinem Land bei der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu helfen, schrieb Bazoum weiter. Nur durch die Verteidigung gemeinsamer Werte wie Demokratie und Respekt für die Rechtsstaatlichkeit könne es Fortschritte im Kampf gegen Armut und Terror geben. Sein Land befinde sich an einem Wendepunkt seiner Geschichte.

Eskaliert der Konflikt?

Der Konflikt im Niger könnte weiter eskalieren. Die Ecowas hatte den Putschisten ein Ultimatum gestellt. Sollte Präsident Bazoum nicht bis Sonntag wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die Sanktionen und auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.

Die neuen Machthaber im Niger suchen unterdessen nach Verbündeten: Der stellvertretende Chef der nigrischen Militärjunta, General Salifou Modi, reiste in die Nachbarländer Mali und Burkina Faso, die nach Staatsstreichen ebenfalls vom Militär regiert werden. Beide hätten Niger ihre Unterstützung zugesichert, so Modi, insbesondere im Bereich Sicherheit. Zuvor hatten die sanktionierten Ecowas-Mitglieder Mali und Burkina Faso die Staatengemeinschaft vor einer militärischen Intervention im Niger gewarnt. Am Freitag reiste eine Ecowas-Vermittlermission laut Medienberichten ohne ein Treffen mit dem neuen De-facto-Präsidenten Tiani aus Niamey ab. Das berichtete unter anderem der französische Sender RFI.

Neue Machthaber beenden Militärzusammenarbeit mit Frankreich

Die neue Junta im Niger kündigte die militärische Zusammenarbeit mit der einstigen Kolonialmacht Frankreich auf. Das erklärte ein Sprecher der Militärregierung am Donnerstagabend im staatlichen Fernsehen. Frankreich hat dort noch immer mehr als 1000 Soldaten stationiert, unter anderem zur Bekämpfung islamistischer Terrormilizen in der Sahelzone. Unklar ist noch, was die Ankündigung für die französische Präsenz bedeuten würde. Zuvor hatte Frankreichs Außenministerium bereits bekannt gegeben, dass die französischen Sender France 24 und RFI im Niger nicht mehr zu empfangen seien.

Aus Kreisen des französischen Außenministeriums hieß es am Freitag, die Kooperation beruhe auf Abkommen, die mit den legitimen nigrischen Autoritäten getroffen worden seien. Diese seien die einzigen, die Frankreich anerkenne. Die Zusammenarbeit mit Frankreich in der Sahelzone habe für den Niger positive Effekte gehabt. Zudem hätte man anderswo in der Region festgestellt, dass der Abzug internationaler Partner zu einem Anstieg von Gewalt geführt habe.

In einer weiteren Mitteilung der nigrischen Militärregierung hieß es zudem, dass die neuen Machthaber die Botschafter in Frankreich, den USA, in Togo und in Nigeria abgezogen hätten.

Bundeswehrmaschine fliegt 32 Menschen aus

An Bord der aus dem Niger nach Deutschland geflogenen Bundeswehrmaschine waren insgesamt zehn Deutsche. Darunter waren nach Bundeswehrangaben neun Soldaten und ein Zivilist, die in der Nacht zum Freitag auf dem Militärflugplatz Wunstorf in Niedersachsen landeten. Insgesamt waren demnach 32 Passagiere an Bord, auch Bürger anderer EU-Staaten. Sieben der deutschen Soldaten auf dem Lufttransportstützpunkt in Niamey waren UN-Blauhelme aus Gao in Mali. Sie waren als Teil eines Personalwechsels auf der Rückreise über Niamey. Zwei weitere Soldaten gehören zur EU-Militärmission im Niger (EUMPM).

Die Bundeswehr hatte am Vortag die Genehmigung erhalten, mit einem auf dem Stützpunkt bereits stehenden Militärtransporter vom Typ A400M nach Deutschland zu starten. Die Bundesregierung hatte nach dem Staatsstreich vergangene Woche auf eigene Evakuierungsflüge verzichtet. Rund 60 deutsche Staatsangehörige wurden mit französischen Maschinen außer Landes gebracht. Die Evakuierungsaktion der Franzosen wurde nach fünf Flügen für beendet erklärt.

Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass nun alle Deutschen im Land die Möglichkeit zur Ausreise hatten. «Aber wir gehen nicht davon aus, dass derzeit noch Deutsche im Land sind, die ausreisewillig sind. Also wir stehen mit denen, die vor Ort sind, in Kontakt und es ist eine geringe zweistellige Zahl», sagte er. Ihnen werde geraten, zu Hause zu bleiben, Menschenansammlungen zu meiden und sich von öffentlichen Gebäuden und Militäreinrichtungen fernzuhalten.

@ dpa.de