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Bundesarbeitsministerium legt juristische Grundlagen für Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz

20.04.2020 - 11:11:48

Aufgrund der steigenden Zahl von Rechtstreitigkeiten vor Arbeits- und Sozialgerichten, bringt das Bundesarbeitsministerium eine Gerichtsentwurf zu digitalen Verhandlungen ein.

Die Bundesregierung setzt in der Corona-Krise auf die Erweiterung des digitalen Angebots an Sozial- und Arbeitsgerichten. Aufgrund der Veränderungen in der Arbeitspraxis in den Wochen des Lock-Down, erwartet das Bundesarbeitsministerium eine erhebliche Steigerung von Verfahren zum Arbeits- und Sozialrecht. Um die Anforderungen bewältigen zu können, soll es in Zukunft möglich sein, Gerichtsverfahren in digitaler Form durchzuführen. Ein Gesetzentwurf sieht deshalb eine entsprechende Ausnahmeregelung bis zum Ende des Jahres 2020 vor, wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ in ihrer heutigen Ausgabe berichtet. Im Entwurf des Ausnahmegesetzes ist für ehrenamtliche Richter erlaubt, der Verhandlung per Videoschaltung beizuwohnen. Grundlage der Ausnahme ist das Vorliegen einer epidemischen Lage, wie sie im Infektionsschutzgesetz Paragraf 5 beschrieben ist. Demnach muss ein nationaler Notfall eingetreten sein. Die Videokonferenz muss simultan in Bild und Ton durchgeführt werden. Die zeitliche Komponente gilt auch bei der Beratung und der Abstimmung des Gerichts. Das Arbeitsministerium begründet das Vorgehen mit der derzeitigen Arbeitsunfähigkeit der Gerichte und den veränderten Arbeitsbedingungen der Justizmitarbeiter. Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt werden zu einer deutlichen Erhöhung des Aufkommens an Kündigungsschutzklagen führen, so das Bundesministerium. Im Sozialrecht haben die Ausnahmeregelungen infolge der Corona-Pandemie zu einer erheblichen Ausweitung der Berechtigung zum Bezug der Grundsicherung geführt. Die Überprüfung der Voraussetzungen der Gewährung von Sozialleistungen wird die Steigerung der Anzahl von Verfahren an Sozialgerichten zur Folge haben. Der Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums trifft allerdings auf starke Bedenken der betroffenen Richter. Der Deutsche Richterbund verweist auf die im Grundgesetz vorgeschriebenen Grundsätze der Öffentlichkeit und der Mündlichkeit von Gerichtsverhandlungen. Beides wurde von den Vätern des Grundgesetztes eingeführt, um den Missbrauch der Justiz einzuschränken. Der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, hebt deshalb in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Sonderregelungen hervor. Eine Digitalisierung von Gerichtsverhandlungen lehnt der Richterbund im Grundsatz ab, sieht jedoch aufgrund der Corona-Notlage eine klar befristete Ausnahmeregelung als potentiell möglich an. Damit könne die Arbeits- und Sozialgerichte in den nächsten Monaten deutlich entlastet werden, so Rebehn. Auch die Justiz bereitet sich derzeit auf ein kontrolliertes Wiederhochfahren der Gerichte vor. Bei Verhandlungen und im normalen Betrieb der Gerichte, müssen die neuen Regelungen zu Abstand und Hygiene umgesetzt werden, um die Mitarbeiter und die Betroffenen zu schützen. Aber der Richterbund sieht eine Digitalisierung nicht nur aus rechtlichen Gründen für zweifelhaft, sondern auch aufgrund der technischen Ausstattung der Gerichte. Wir sind hier weit hinter dem Standard in der Privatwirtschaft zurück, so der Richterbund. Hier bleibt noch einiges zu tun, bis die Justiz digitale Angebote tatsächlich umsetzen kann.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, NeoMatrix

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