Union, SPD

Migration, Haushalt, Bürgergeld: Bei den Verhandlungen über eine neue Bundesregierung liegen noch große Brocken im Weg.

07.03.2025 - 12:45:10

Union und SPD ringen nach hartem Wahlkampf um Kompromisse. In Richtung Union gibt es ein paar Spitzen.

  • Am Vormittag kamen die Fraktionsspitzen der Grünen, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, zu Gesprächen in den Bürotrakt von Unionsfraktionschef Merz in einem Bundestagsgebäude. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

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  • Unterdessen hatte SPD-Chef Lars Klingbeil rote Linien in der Migrationspolitik gezogen.  - Foto: Michael Kappeler/dpa

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Am Vormittag kamen die Fraktionsspitzen der Grünen, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, zu Gesprächen in den Bürotrakt von Unionsfraktionschef Merz in einem Bundestagsgebäude. - Foto: Kay Nietfeld/dpaUnterdessen hatte SPD-Chef Lars Klingbeil rote Linien in der Migrationspolitik gezogen.  - Foto: Michael Kappeler/dpa

Union und SPD stellen sich eine Woche nach Beginn ihrer schwierigen Gespräche zur Regierungsbildung auf eine Fortsetzung am Wochenende ein. «Ich gehe davon aus, dass das auch noch etwas dauert, aber wir haben ja gesagt, das Wochenende steht zur Verfügung», sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Freitag vor Beginn der nächsten Verhandlungsrunde in Berlin. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Themen Finanzen und Soziales. 

SPD-Chefin Saskia Esken sprach von einer guten und konstruktiven Gesprächsatmosphäre. «Ich bin zuversichtlich, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen. Dass wir heute fertig werden, das ist nicht zu erwarten», fügte sie hinzu. 

Die Sondierungen haben vor genau einer Woche begonnen. Darunter sind Gespräche zu verstehen, bei denen CDU, CSU und SPD ausloten, ob es genug Gemeinsamkeiten gibt, um in formelle Koalitionsverhandlungen einzusteigen, die zu einer schwarz-roten Regierung führen könnten. Möglich ist bei einer Einigung von Union und SPD auf ein geplantes Sondierungspapier, dass Koalitionsverhandlungen in der nächsten Woche starten könnten. Bei SPD und CSU müssten die Parteigremien den Einstieg in Koalitionsverhandlungen billigen - das dürfte aber schnell gehen und gilt als Formsache.

Esken und die «aufgemuskelten» Verhandler 

Nach Darstellung von Esken erschweren die scharfen gegenseitigen Attacken vor der Bundestagswahl die Sondierungen. Es träfen nun «mit starken Ansichten aufgemuskelte» Verhandler aufeinander. Der Wahlkampf stecke dem einen oder anderen noch in den Knochen. «Das ist auch personenabhängig.» Nun müssten sich aber alle zusammensetzen und konstruktiv an Lösungen arbeiten. «Da muss man hin und wieder auch dran erinnern», betonte Esken.

Dobrindt unterstrich: Entscheidend sei, dass alle wüssten, «dass man auch in einer Koalition, die man bilden will, aufeinander Rücksicht nehmen muss». Der Punkt, an dem die Rücksicht beginne und Verantwortung gemeinsam getragen werde, «der muss auch gefunden und austariert werden - auf diesem Weg befinden wir uns». 

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) konnte sich eine Spitze gegen Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) nicht verkneifen: «Ich hätte gerne den Aschermittwoch genutzt», sagte sie angesprochen auf mögliche Beratungen auch am Wochenende. Die SPD-Verhandler und CDU-Chef Friedrich Merz hatten alle Aschermittwochtermine abgesagt, Söder dagegen an seinem Auftritt in Passau festgehalten.

Hängen die Gespräche am Thema Migration? 

Beide Seiten waren bemüht, die konstruktive Gesprächsatmosphäre zu betonen, dennoch gab es einige Hürden zu nehmen. «Wir sprechen über viele Schwerpunktthemen, und die einen gehen leichter, die anderen gehen weniger leicht. Wir haben sehr unterschiedliche Auffassungen», sagte Esken. 

Besonders in der Migrationsdebatte lagen Union und SPD zuletzt weit auseinander. CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle am ersten Tag einer Amtszeit als Kanzler das Bundesinnenministerium mittels seiner Richtlinienkompetenz anweisen, «ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen». Die SPD sieht für ein solches Vorgehen, das auch Asylbewerber einschließen würde, europarechtliche Hindernisse.

Dobrindt will rote Linien von Klingbeil nicht kommentieren

Auch bei diesem schwierigen Thema würden beide Seiten vorankommen, sagte Dobrindt. Dies sei anspruchsvoll, aber es gebe eine große Bereitschaft von beiden Seiten zur Verständigung. «Es braucht allerdings auch seine Zeit, und es braucht auch noch ein bisschen Zeit.» 

Die von SPD-Chef Lars Klingbeil gezogene rote Linie in der Migrationspolitik wollte Dobrindt nicht kommentieren. «Wir haben ein sehr gutes Gesprächsklima in diesem Raum, und wir wollen uns nicht auf Themen beziehen, die außerhalb stattfinden. Man muss sich innerhalb dieser Gesprächsrunden einig werden, das ist das Entscheidende.» 

Klingbeil hatte in der ARD-Sendung «Maischberger» erklärt, die SPD werde keine faktischen Grenzschließungen mitmachen. CSU-Chef Söder hatte einen härteren Asylkurs zur Bedingung für die Bildung einer Bundesregierung gemacht. Schwesig (SPD) sagte: «Migration ist ein wichtiges Thema und alle wissen, dass so wie es ist, auch nicht bleiben kann.» 

Grobe Linien oder konkrete Ziele? 

SPD-Chefin Esken warnte davor, die Sondierungen bereits als Teil der Koalitionsverhandlungen zu sehen. Dies müsse man «fein auseinanderhalten». Zunächst gehe es darum auszuloten, welche Möglichkeiten es gebe, um das notwendige Vertrauen zu finden, um dann in die Tiefe der Themen zu gehen und über vier Jahre zusammenzuarbeiten. «Das ist ganz entscheidend, dass man sich dessen vergewissert, bevor man anfängt, über die Spiegelstriche und die Kommastellen in den Gesetzentwürfen zu sprechen», betonte sie.

CDU-Chef Merz steht nach Zugeständnissen gegenüber der SPD bei den Finanzfragen intern unter Druck. In den eigenen Reihen hieß es, nun müssten auch Kernanliegen wie bei der Migration oder Änderungen beim Bürgergeld durchgesetzt werden. 

Gespräche mit Grünen über Milliardenpaket

Am Vormittag kamen die Fraktionsspitzen der Grünen, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, zu Gesprächen in den Bürotrakt von Unionsfraktionschef Merz in einem Bundestagsgebäude. Union und SPD sind für den Beschluss des schuldenfinanzierten Milliardenpakets für Verteidigung und Infrastruktur im Bundestag auf die Stimmen von Grünen oder FDP angewiesen. Die Grünen sehen noch viele ungeklärte Fragen. Zudem fehle die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen im geplanten Infrastruktur-Sondervermögen völlig. 

Die Grundgesetzänderungen sollen am 13. März ins Plenum eingebracht und am 18. März beschlossen werden. Auch eine Zustimmung des Bundesrats ist nötig - dort ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit ebenfalls nicht sicher.

@ dpa.de

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