Gehältertransparenz, Kabinett

Gehältertransparenz: Kabinett bestimmt Zeitplan für neue EU-Vorgaben

05.12.2025 - 11:59:12

Die deutsche Arbeitswelt steht vor einem Umbruch. Das Bundeskabinett will bis Ende Februar 2026 über den Umsetzungsplan zur EU-Richtlinie über Entgelttransparenz abstimmen – das bestätigten Regierungskreise gestern. Gleichzeitig entbrennt eine hitzige Debatte über Kanzler Friedrich Merz’ geplante Reform des Arbeitszeitgesetzes, die die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine flexible wöchentliche Obergrenze ersetzen soll.

Für Personalabteilungen bedeutet das: mehr Datentransparenz bei gleichzeitig größerer Flexibilität. Doch die Reformen spalten Arbeitgeber und Gewerkschaften – und stellen die traditionelle Sozialpartnerschaft auf die Probe.

Nach dem Abschlussbericht der Expertenkommission vom 7. November zeichnet sich ab, wie Deutschland die EU-Vorgaben umsetzen wird. Die Richtlinie soll die geschlechtsspezifische Lohnlücke schließen – viele Mittelständler fürchten jedoch bürokratische Hürden.

  • Ausnahmeregelung für KMU: Kleinere Unternehmen bleiben von den aufwändigsten Berichtspflichten verschont.
  • Individuelles Auskunftsrecht: Beschäftigte können weiterhin Informationen über Gehälter vergleichbarer Positionen einfordern – auch in kleineren Betrieben.
  • Digitale Einreichung: Die Kommission empfiehlt Arbeitgebern, sich auf digitale Berichterstattung vorzubereiten.

“Transparenz ohne Lähmung” lautet das Ziel, wie ein Ministeriumssprecher diese Woche erklärte. Für HR-Abteilungen heißt das: Bis zur gesetzlichen Umsetzung vor der EU-Frist in Juni 2026 bleiben weniger als sechs Monate, um Vergütungsstrukturen zu prüfen und geschlechtsspezifische Gehaltsdaten aufzubereiten.

Anzeige

Arbeitgeber stehen durch die Arbeitszeitreform und EU-Vorgaben vor doppelter Herausforderung: mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, aber zugleich strengere Dokumentationsanforderungen. Ab 2025 drohen Bußgelder, wenn die Arbeitszeiterfassung nicht gesetzeskonform umgesetzt ist. Unser kostenloses E‑Book erklärt in praxisnahen Mustervorlagen, wie Sie Arbeitszeiterfassung in 10 Minuten rechtssicher umsetzen und Pausen-, Ruhezeiten sowie Überstunden korrekt dokumentieren. Arbeitszeiterfassung jetzt rechtssicher umsetzen

Das Ende des Acht-Stunden-Tags?

Während Transparenz das eine Thema ist, wird Flexibilität zum Kampffeld der Merz-Regierung. Seit dem Amtsantritt im Mai treibt die Koalition aus CDU/CSU und SPD die Reform des starren Arbeitszeitrechts voran.

Der in dieser Woche im Bundestag beratene Entwurf will die strikte Acht-Stunden-Grenze pro Tag durch eine 48-Stunden-Woche ersetzen. Damit würden theoretisch 10- oder 12-Stunden-Schichten möglich – ohne Sondergenehmigung.

  • Wegbereiter für Vier-Tage-Woche: Befürworter sehen darin den rechtlichen Schlüssel zur Vier-Tage-Woche. Vier Zehn-Stunden-Tage würden legal möglich.
  • Steuerfreie Überstunden: Geplant ist zudem, Überstunden über die Regelarbeitszeit hinaus steuerfrei zu stellen.

Doch die Gewerkschaften laufen Sturm. Die IG Metall warnt vor einer “Hintertür zum Burnout”. Die Abschaffung der Tagesgrenze gefährde die Work-Life-Balance und schwäche den Gesundheitsschutz – besonders in der Industrie, wo körperliche Belastung ein Risikofaktor sei.

Algorithmen als neues Konfliktfeld

Die Spannungen verschärfen sich durch den Einsatz von KI im Personalwesen. Am 1. Dezember unterzeichneten Tech-Beschäftigte und Gewerkschafter einen Offenen Brief an Amazon, der mehr Transparenz beim Einsatz von KI im Workforce-Management fordert.

Was bei dem US-Konzern beginnt, zieht sich durch die gesamte deutsche Wirtschaft: Betriebsräte fordern zunehmend Mitbestimmung bei KI-Tools für Einstellungen, Leistungsbewertung und Schichtplanung. HR-Strategien müssen künftig nicht nur Löhne, sondern auch Datenschutz und algorithmische Entscheidungen berücksichtigen.

Der Schatten von Volkswagen reicht weit: Der Abbau von 35.000 Stellen bis 2030 zeigt, dass selbst geschützte Belegschaften nicht vor Marktbereinigungen gefeit sind. “Konfliktkompetenz” wird zur Pflichtqualifikation für Personaler.

Zwischen Deregulierung und Hyperregulierung

Deutsche HR-Leiter stehen vor einem Dilemma: Während die Regierung beim Arbeitszeitgesetz dereguliert, verschärft die EU die Regeln bei der Vergütung. Die traditionelle Sozialpartnerschaft gerät unter Druck – die Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Management wird zunehmend “transaktional”.

Kritiker befürchten, dass die Bürokratie der Transparenz-Richtlinie die Wettbewerbsvorteile der Arbeitszeitreform zunichtemacht. Befürworter halten dagegen: Faire Bezahlung sei im engen Arbeitsmarkt unverzichtbar für die Talentgewinnung.

Die entscheidenden Termine

Für das erste Quartal 2026 stehen diese Meilensteine an:

  • Februar 2026: Kabinettsbeschluss zum Transparenz-Umsetzungsplan
  • März 2026: Intensive Bundestagsdebatten zur Arbeitszeitreform – Verabschiedung vor der Sommerpause geplant
  • Juni 2026: EU-Frist für Umsetzung der Transparenz-Richtlinie – danach drohen Sanktionen

Die Botschaft für Dezember ist eindeutig: Abwarten gilt nicht mehr. HR-Strategien müssen proaktiv, datengestützt und rechtssicher sein, um die kommende Reformwelle zu meistern.

Anzeige

PS: Sie wollen die Arbeitsteilung zwischen flexiblen Schichten und Compliance verbinden? Tausende Personaler nutzen bereits die kostenlosen Vorlagen und Checklisten zur Arbeitszeiterfassung, um Betriebsrat und Management rechtssicher zu informieren. Holen Sie sich das kompakte Praxis‑E‑Book mit Stundenzetteln, Anleitungen zu Pausenregelungen und Vorlagen für die digitale Umsetzung – damit Sie Reformen proaktiv begleiten, statt hinterher zu reagieren. Kostenlose Vorlagen & Leitfaden herunterladen

@ boerse-global.de