Mindestlohn, Euro

Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro: Doppelbelastung für deutsche Arbeitgeber

27.11.2025 - 13:10:12

Deutschlands Unternehmen müssen sich auf eine teure Jahreswende einstellen. Während das Bundeskabinett am Mittwoch offiziell die fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung bestätigt hat, tickt gleichzeitig die Uhr für verschärfte Asbestschutz-Vorschriften. Der gesetzliche Mindestlohn klettert ab dem 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro pro Stunde – doch das ist nicht die einzige Compliance-Hürde, die Betriebe jetzt nehmen müssen.

Das Bundesarbeitsministerium hat die bereits im Juni von der Mindestlohnkommission empfohlenen Sätze nun rechtsverbindlich gemacht. Die Erhöhung von aktuell 12,82 Euro bedeutet einen Sprung um mehr als einen Euro. Und dabei bleibt es nicht: Zum 1. Januar 2027 folgt der nächste Schritt auf dann 14,60 Euro.

Die zweistufige Anhebung verschafft Planungssicherheit, erhöht aber den Druck auf die Personalabteilungen erheblich. Gehaltsabrechnungssysteme müssen umgestellt, Arbeitsverträge überprüft – und das noch vor dem Jahreswechsel. Hinzu kommt: Die Verdienstgrenze für Minijobs ist dynamisch an den Mindestlohn gekoppelt und passt sich automatisch an. Wer hier nicht rechtzeitig nachjustiert, riskiert sozialversicherungsrechtliche Fallstricke.

Während die Lohndebatte die Schlagzeilen dominiert, kämpfen Sicherheitsbeauftragte gegen eine weitaus dringlichere Frist. Die Gefahrstoffverordnung wird gerade grundlegend überarbeitet, um die EU-Richtlinie 2023/2668 umzusetzen. Stichtag für die vollständige Umsetzung der verschärften Asbestschutz-Regeln: 21. Dezember 2025.

Die Reform zielt vor allem auf die sogenannte „funktionale Instandhaltung” und Renovierungsarbeiten in Bestandsgebäuden ab – ein Bereich, der bislang regulatorisches Niemandsland war. Die neue Logik: Arbeitgeber müssen bei Altbauten grundsätzlich davon ausgehen, dass Asbest vorhanden ist, sofern nicht das Gegenteil bewiesen wird. Betroffen sind alle Gebäude, die vor dem Asbestverbot 1993 errichtet wurden.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Ermittlungspflicht: Vor jeder Renovierung müssen Arbeitgeber und Eigentümer eine gründliche Asbestuntersuchung durchführen.
  • Risikoklassifizierung: Ein neues Ampelsystem stuft Tätigkeiten in niedriges, mittleres oder hohes Risiko ein und bestimmt damit das Schutzniveau.
  • Datenübergabe: Eigentümer sind nun gesetzlich verpflichtet, historische Gebäudedaten an Auftragnehmer weiterzugeben – noch bevor die Arbeiten beginnen.

Diese Informationslücke hatte in der Vergangenheit immer wieder Handwerker in Gefahr gebracht. Nun schließt der Gesetzgeber die Lücke.

Zeiterfassung: Das Missverständnis mit dem Stichtag

In Unternehmerforen kursiert hartnäckig ein Gerücht: Angeblich müssen kleine Betriebe bis zum 31. Dezember 2025 elektronische Zeiterfassungssysteme einführen. Das stimmt nicht. Kein solches Gesetz wurde bis Ende November 2025 verabschiedet.

Doch Vorsicht: Das bedeutet keineswegs, dass keine Pflicht besteht. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom September 2022 gilt weiterhin als geltendes Recht. Es verpflichtet Arbeitgeber bereits jetzt, Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit zu erfassen.

„Unternehmen, die auf ein konkretes Gesetz für 2026 warten, unterliegen einem Irrtum”, warnen Compliance-Experten. „Die Pflicht existiert heute auf Basis der Rechtsprechung.” Der Gesetzentwurf, der Übergangsfristen für Betriebe mit weniger als 20 Mitarbeitern vorsah, steckt noch im Gesetzgebungsverfahren fest.

Wer also auf eine Software-Deadline spekuliert, übersieht das Wesentliche: Die BAG-Anforderung nach objektiver, verlässlicher und zugänglicher Zeiterfassung gilt bereits – unabhängig davon, wann die finalen gesetzlichen Details geklärt werden.

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Bürokratischer Winter für den Mittelstand?

Das Zusammentreffen dieser Vorgaben schafft ein forderndes Umfeld für Deutschlands Mittelstand. Steigende Personalkosten durch den Mindestlohn treffen auf wachsenden Verwaltungsaufwand durch Asbestdokumentation und Zeiterfassung. Die Margen geraten unter Druck.

Besonders hart trifft es Bau- und Handwerksbetriebe. Die neuen Asbestregeln machen faktisch jede Renovierung in einem Vor-1993-Gebäude zur Gefahrstoff-Operation, bis das Gegenteil nachgewiesen ist. Das könnte Projektzeitpläne verzögern und Kosten in die Höhe treiben. Sicherheitsexperten kontern: Diese Maßnahmen seien längst überfällig angesichts der latenten Gesundheitsrisiken in Deutschlands alterndem Gebäudebestand.

Wirtschaftlich wird die Anhebung auf 13,90 Euro als notwendige Inflationsanpassung gesehen – Arbeitgeberverbände kritisieren allerdings das Tempo. Binnen zwei Jahren summiert sich die Erhöhung auf knapp 14 Prozent.

Was jetzt zu tun ist

Anfang 2026 rückt das nächste Thema in den Fokus: psychische Gefährdungsbeurteilungen am Arbeitsplatz. Nachdem die physischen Sicherheitsrahmen für Asbest und Löhne nun stehen, werden die Aufsichtsbehörden voraussichtlich verstärkt psychische Belastungen inspizieren.

Auch der Einsatz von KI in der Arbeitssicherheit dürfte bei den anstehenden Diskussionen zur Betriebssicherheitsverordnung eine zentrale Rolle spielen. Doch zunächst gilt es, drei unmittelbare Hausaufgaben zu erledigen: Gehaltsabrechnungen für die Mindestlohnerhöhung zum 1. Januar 2026 aktualisieren, Asbest-Compliance-Protokolle bis 21. Dezember finalisieren und sicherstellen, dass die aktuelle Zeiterfassungspraxis den BAG-Anforderungen genügt.

Die Frage ist nicht, ob Unternehmen sich anpassen müssen – sondern wie schnell sie es schaffen.

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