Laborfleisch in der EU: Regulierungs-Fiasko bremst Milliarden-Branche aus
09.12.2025 - 07:42:11Präzisionsfermentation erobert die Supermarktregale, doch kultiviertes Fleisch bleibt in Brüssel stecken. Während Großbritannien und die Schweiz Zulassungen erteilen, droht Europa den Anschluss zu verlieren – ein Jahr nach den politischen Verbots-Debatten zieht die Branche ernüchternde Bilanz.
Die Diskrepanz könnte größer kaum sein: Start-ups wie das Berliner Unternehmen Formo feiern mit fermentiertem Käse Erfolge in tausenden Supermärkten. Gleichzeitig herrscht bei kultiviertem Fleisch regulatorischer Stillstand. Die Hoffnung auf Entspannung nach den hitzigen Debatten von 2024? Vergebens.
Die von Italien initiierte und von Ungarn unterstützte “Allianz für Ernährungstradition” zeigt Wirkung. Die nationalen Verbots-Forderungen für zellbasiertes Fleisch haben Investoren verunsichert und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) unter Druck gesetzt.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger warnte bereits früh vor “Labor-Konkurrenz” für Tierhalter. Diese Rhetorik prägt Ende 2025 noch immer viele Agrarministerien. Die Folge: faktisches Moratorium durch Bürokratie. Antragsteller berichten hinter vorgehaltener Hand von einem “politisch vergifteten Klima”, das die ohnehin komplexen Zulassungsverfahren zusätzlich verzögert.
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Großbritannien und Schweiz preschen vor
Wie sehr die EU zurückfällt, zeigt der Blick über die Grenzen. Das Vereinigte Königreich positioniert sich als pragmatischer Vorreiter. Im Juli 2024 erteilte die britische Behörde die erste Zulassung für kultiviertes Hühnerfleisch – zunächst für Tiernahrung. International gilt dieser Schritt als Dammbruch, da er die grundsätzliche Sicherheitsbewertung validierte.
Auch die Schweiz bewegt sich schneller. Das israelische Unternehmen Aleph Farms reichte dort bereits 2023 den ersten europäischen Antrag für kultiviertes Rindfleisch ein. Während in der EU die Mühlen der Novel-Food-Verordnung langsam mahlen, nutzen die Nachbarn ihre regulatorische Souveränität gezielt als Standortvorteil.
Das Good Food Institute (GFI) Europe warnt vor einem “Brain Drain”: Führende Biotech-Talente und Kapital wandern zunehmend in die USA, nach Singapur oder nach Großbritannien ab.
Formo zeigt: Es geht auch anders
Die Erfolgsgeschichte des Jahres gehört der Präzisionsfermentation – einer Technologie, die Mikroorganismen nutzt, um spezifische Proteine ohne Tiere herzustellen.
Das deutsche Start-up Formo macht vor, wie der Markteintritt gelingen kann:
- 61 Millionen Euro Series-B-Finanzierung im Herbst 2024
- Tausende Filialen bei REWE und Billa in der DACH-Region
- Koji-Protein als regulatorisch weniger problematische Alternative
Der Erfolg an der Ladentheke beweist: Die Verbraucherakzeptanz ist vorhanden, wenn Preis und Geschmack stimmen. Die “Frischhain”-Produkte gelten als erster echter Massenmarkt-Erfolg der Next-Gen-Biotech-Lebensmittel in Europa.
EFSA-Reform: Nur Kosmetik?
Die EU-Kommission hat reagiert. Im Oktober 2024 veröffentlichte die EFSA aktualisierte Leitlinien für Novel-Food-Anträge, die seit Februar 2025 gelten. Ziel: Durch klarere Anforderungen die Verfahren beschleunigen.
Expert:innen kritisieren jedoch, die Reformen seien kosmetischer Natur. Die Kernproblematik bleibt bestehen: Die EFSA verlangt Sicherheitsdaten auf Pharma-Niveau für Lebensmittel. Das treibt die Kosten für Start-ups in die Höhe. Ein Zulassungsverfahren dauert weiterhin 18 bis 24 Monate – oft länger, wenn Rückfragen die “Stop-the-Clock”-Regelung aktivieren.
Entscheidungsschlacht 2026
Das kommende Jahr könnte über die Zukunft der Branche in Europa entscheiden. Während die Präzisionsfermentation ihren Siegeszug im Molkereisegment fortsetzt, steht kultiviertes Fleisch vor einer Existenzfrage.
Sollten die ersten Anträge, die seit Jahren in der Pipeline stecken, nicht bald grünes Licht erhalten, droht Europa der endgültige Anschluss an die globale Bioökonomie zu entgehen. Die Fragmentierung des Binnenmarktes ist bereits Realität: Deutschland und Österreich entwickeln sich zu Hotspots für Fermentationstechnologie, während sich Italien und Ungarn durch restriktive Gesetzgebung selbst isolieren.
Für Verbraucher bedeutet dies vorerst: Der Burger aus dem Labor bleibt Zukunftsmusik, während der Käse aus dem Fermenter bereits im Einkaufswagen liegt. Die Parallelen zur GVO-Debatte der 90er Jahre sind unübersehbar – mit dem Risiko, dass Europa erneut eine Schlüsseltechnologie aus ideologischen Gründen verpasst.
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