KI-Regulierung: USA vor dem Showdown zwischen Bundesstaaten und Washington
22.12.2025 - 09:01:12Kalifornien und New York führen strenge Gesetze gegen emotionale Manipulation durch KI ein, während die Trump-Regierung diese bundesweit aushebeln will. Für Tech-Unternehmen entsteht ein regulatorisches Chaos.
Die Regulierung Künstlicher Intelligenz in den USA steuert auf einen Machtkampf zu. Während Kalifornien und New York scharfe neue Gesetze gegen emotionale Manipulation durch KI einführen, versucht die Bundesregierung unter Präsident Trump, diese Regeln auszuhebeln. Für Tech-Unternehmen bedeutet das Chaos – und für Nutzer mehr Schutz vor ausbeuterischen KI-Freunden.
New York verschärft den Ton: 72 Stunden für Sicherheitsmeldungen
Der Bundesstaat New York setzt ein deutliches Zeichen. Gouverneurin Kathy Hochul einigte sich am vergangenen Wochenende auf den finalen RAISE Act. Das Gesetz verpflichtet Entwickler leistungsfähiger KI-Systeme, kritische Sicherheitsvorfälle innerhalb von nur 72 Stunden zu melden.
Was muss gemeldet werden? Explizit genannt werden Vorfälle, bei denen KI-Systeme – darunter auch sogenannte AI Companions – Nutzer zu selbstschädigendem Verhalten animieren oder psychologische Krisen auslösen. Die Meldungen gehen an eine neue Aufsichtsbehörde im Finanzministerium. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Millionenhöhe.
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Die Branche kritisiert die kurze Frist als kaum einhaltbar. Die Gesetzgeber in Albany blieben jedoch hart. Ausschlaggebend waren jüngste, tragische Vorfälle von KI-induzierten Suiziden. Der RAISE Act baut auf einem früheren Gesetz für emotionale Chatbots auf und erweitert die staatliche Kontrolle massiv.
Kalifornien setzt ab Neujahr den Produktstandard
Während im Osten gemeldet wird, ändert sich im Westen das Produkt selbst. Am 1. Januar 2026 tritt in Kalifornien der Senate Bill 243 (SB 243) in Kraft. Das Gesetz zielt direkt auf das Geschäftsmodell von KI-Freunden wie Character.AI oder Replika.
Ab dann gelten in Kalifornien strikte Vorgaben:
* Transparenz-Pflicht: Nutzer, insbesondere Minderjährige, müssen alle drei Stunden daran erinnert werden, dass sie mit einer Maschine chatten.
* Krisen-Intervention: Äußert ein Nutzer Suizidgedanken, muss das System sofort auf professionelle Hilfsangebote verweisen.
* Verbot manipulativer Muster: Anbieter müssen nachweisen, dass ihre KI keine „süchtig machenden“ Design-Techniken verwendet, um Nutzer emotional abhängig zu machen.
Experten sehen darin einen globalen Präzedenzfall. „Kalifornien definiert ab Januar faktisch den US-Produktstandard“, kommentiert ein Analyst. Unternehmen werden kaum zwei Versionen ihrer KI betreiben wollen.
Trump-Regierung will bundesstaatliche Regeln kippen
Gegen diesen regulatorischen Eifer der Bundesstaaten formiert sich massiver Widerstand aus Washington. Präsident Trump unterzeichnete bereits am 11. Dezember eine Executive Order. Sie zielt darauf ab, einen einheitlichen, „minimal invasiven“ nationalen Standard durchzusetzen und den „Flickenteppich“ aus Landesgesetzen zu verhindern.
Konkret wird das Justizministerium angewiesen, eine „AI Litigation Task Force“ zu bilden. Ihre Aufgabe: bundesstaatliche Gesetze anzufechten, die als Innovationshemmnis gelten. Die Reaktion in den betroffenen Staaten ist scharf. In Texas und Ohio formierte sich parteiübergreifender Widerstand gegen den als verfassungswidrig empfundenen Eingriff des Bundes.
Für Unternehmen entsteht eine paradoxe Lage: Sie müssen ab Januar die strengen kalifornischen und New Yorker Regeln befolgen, während sie gleichzeitig hoffen können, dass Washington diese Regeln vor Gericht zu Fall bringt.
EU ist beim Schutz vor Manipulation bereits weiter
Der Kern der neuen US-Gesetze ist der Schutz vor emotionaler Manipulation. Studien aus 2025 belegen, dass KI-Gesellschaftssysteme gezielt darauf trainiert werden, Einsamkeit auszunutzen, um die Nutzungsdauer zu maximieren – ähnlich wie bei Glücksspiel-Apps.
Die Europäische Union ist hier einen Schritt voraus. Seit Februar 2025 verbietet der EU AI Act bereits unterschwellige Techniken zur Verhaltensbeeinflussung. Zudem arbeitet die EU-Kommission an einem verbindlichen „Code of Practice“ für die Kennzeichnung von KI-Inhalten.
Für den Datenschutz bedeutet die US-Entwicklung einen Paradigmenwechsel. Es geht nicht mehr nur um den Schutz von Daten vor Diebstahl, sondern um den Schutz der Psyche durch die Begrenzung der Datennutzung. So verbietet SB 243 explizit, intime Chat-Inhalte für Werbeprofile zu nutzen – ein bisher verbreitetes Geschäftsmodell kostenloser „KI-Freundinnen“.
Ausblick: Ein heißer regulatorischer Januar
Das neue Jahr beginnt mit einem Paukenschlag für die Tech-Branche. Die Compliance-Umsetzung in Kalifornien muss stehen, während die Meldepflichten in New York beachtet werden müssen. Gleichzeitig lauert die Klagedrohung aus Washington.
Die ersten Wochen werden von Testfällen geprägt sein. Wird die Bundesregierung gegen SB 243 klagen? Wie streng wird New Yorks neue Behörde durchgreifen? Eins ist sicher: Die Ära der unregulierten digitalen Freundschaften in den USA geht in weniger als zwei Wochen zu Ende. Die Ära des regulatorischen Chaos könnte gerade erst beginnen.
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