Entwaldungsgesetz, Jahr

EU verschiebt Entwaldungsgesetz um ein Jahr

06.12.2025 - 22:29:12

Brüssel ringt um Balance zwischen Klimaschutz und Wirtschaft: Die Anti-Entwaldungsverordnung wird erneut nach hinten geschoben. Große Unternehmen müssen erst Ende 2026 liefern – kleine sogar erst Mitte 2027.

Nach zähen Verhandlungen einigten sich das Europäische Parlament und der Rat der EU am späten Donnerstagabend auf eine weitere Verschiebung der umstrittenen Verordnung. Was ursprünglich am 30. Dezember 2025 in Kraft treten sollte, gilt nun erst ab dem 30. Dezember 2026 für Großunternehmen. Kleinstbetriebe und kleine Firmen erhalten sogar bis zum 30. Juni 2027 Zeit.

Doch damit nicht genug: Die Einigung bringt auch “gezielte Änderungen” mit sich, die vor allem den Verwaltungsaufwand senken sollen. Besonders nachgelagerte Betriebe und kleinere Unternehmen sollen davon profitieren.

Anzeige

Viele Importeure und Händler unterschätzen weiterhin die Prüfpflichten der Entwaldungsverordnung – Fristverlängerungen ändern nichts an der Sorgfaltspflicht für Rohstoffe wie Kaffee, Kakao oder Holz. Das kostenlose E‑Book erklärt praxisnah, welche Produkte betroffen sind, wie Sie Ihre Lieferketten schnell prüfen und welche Maßnahmen Sanktionen vermeiden. Inklusive Checkliste zur Risikoeinschätzung für Ihr Unternehmen. Jetzt kostenlosen Entwaldungsverordnungs‑Leitfaden & Checkliste herunterladen

Es ist bereits der zweite Aufschub für das Vorzeigeprojekt der EU im Kampf gegen die globale Abholzung. Ursprünglich sollte die Verordnung schon 2024 scharf gestellt werden, wurde dann jedoch auf Ende 2025 vertagt. Jetzt der erneute Rückzieher – und wieder sind es Bedenken über die Einsatzbereitschaft der EU-eigenen IT-Infrastruktur und die mangelnde Vorbereitung globaler Lieferanten.

“Die Vereinbarung schafft die nötige Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit für Marktteilnehmer und Händler”, erklärte ein Sprecher der Ratspräsidentschaft kurz nach Bekanntgabe. Die ehrgeizigen Ziele der Verordnung blieben bestehen – doch die Regeln würden nun praktikabel gestaltet.

Kann ein Gesetz funktionieren, das zweimal verschoben werden muss?

Kernänderungen: Weniger Bürokratie, mehr Ausnahmen

Neue Zuständigkeiten bei der Meldepflicht

Die wohl wichtigste Neuerung: Die Pflicht zur Abgabe einer vollständigen Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement, DDS) liegt künftig primär beim ersten Inverkehrbringer auf dem EU-Markt.

Nachgelagerte Akteure – etwa Einzelhändler, Weiterverarbeiter oder Großhändler – müssen keine eigene Erklärung mehr einreichen, sofern das Produkt bereits erfasst ist. Stattdessen genügt die Weitergabe der Referenznummer der ursprünglichen Erklärung. Diese Änderung dürfte Tausenden EU-Betrieben erhebliche Arbeitserleichterung bringen.

Erleichterungen für Kleinbetriebe

Mikro- und Kleinunternehmen, die als erste Inverkehrbringer auftreten, können künftig eine “einmalige vereinfachte Erklärung” nutzen. Stammen ihre Produkte aus Niedrigrisikogebieten, entfällt die Pflicht zur Einzelmeldung bei jeder Lieferung. Damit will Brüssel Kleinbauern und lokale Erzeuger vor unverhältnismäßigen Compliance-Kosten schützen.

Druckerzeugnisse außen vor

Ein bemerkenswertes Zugeständnis an die Verlagsbranche: Druckerzeugnisse wie Bücher, Zeitungen und Magazine fallen künftig nicht mehr unter die Verordnung. Verhandlungsführer akzeptierten das Argument, dass die Einbeziehung dieser Endprodukte enormen Aufwand verursache, während der Nutzen für die Entwaldungsprävention minimal bleibe – schließlich sei das verwendete Papier oft bereits rückverfolgbar.

Zwischen Aufatmen und Empörung

In der Wirtschaft überwiegt die Erleichterung. Branchenverbände für Kaffee, Kakao und Holz hatten wiederholt gewarnt, die Frist Ende 2025 sei nicht zu halten – auch weil das “Benchmarking-System” zur Ländereinstufung zu spät fertig werde.

“Diese Verlängerung ist ein Sieg der Vernunft”, kommentierte ein Vertreter eines großen europäischen Handelsverbands am Freitag. Unternehmen könnten nun in robuste Rückverfolgbarkeitssysteme investieren, ohne dass ihnen wegen IT-Pannen sofort Strafen drohten.

Ganz anders die Reaktion von Umweltorganisationen. NGOs werfen der EU vor, mit der zweiten Verzögerung “Untätigkeit zu belohnen” und die Glaubwürdigkeit ihrer Klimaverpflichtungen zu untergraben. Eine Koalition von Umweltverbänden kritisierte gestern scharf, der “Stopp-die-Uhr-Ansatz” gewähre Unternehmen faktisch zwei Jahre Schonfrist für Importe aus entwaldeten Gebieten.

Finale Hürden vor Jahresende

Politisch mag der Deal stehen – rechtlich jedoch noch nicht. Der Text muss nun vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (Coreper) und vom Umweltausschuss des Parlaments gebilligt werden.

Zwischen dem 15. und 18. Dezember 2025 steht die Plenarabstimmung im Europaparlament an. Danach muss der Rat die Verordnung formell verabschieden. Beide Institutionen arbeiten unter Hochdruck daran, die Änderungen noch vor dem 30. Dezember im Amtsblatt der EU zu veröffentlichen – sonst würden die alten Regeln greifen.

Die Europäische Kommission erhielt zudem den Auftrag, bis zum 30. April 2026 eine “Vereinfachungsprüfung” durchzuführen. Diese soll die administrativen Auswirkungen bewerten und könnte vor dem neuen Stichtag Ende 2026 weitere technische Anpassungen ermöglichen.

Vorerst haben die Unternehmen gewonnen: mehr Zeit, weniger Aufwand. Doch der Kern bleibt bestehen – ab Ende 2026 soll für mit Entwaldung verbundene Produkte auf dem EU-Markt endgültig Schluss sein.

Anzeige

PS: Erfüllt Ihr Unternehmen schon die EU‑Sorgfaltspflichten – oder drohen mögliche Sanktionen, sobald die Regeln gelten? Der kompakte Gratis‑Leitfaden zeigt, welche Rohstoffe jetzt besonders streng kontrolliert werden, wie Sie eine schnelle Risikoprüfung für Ihre Lieferketten durchführen und welche Erstmaßnahmen vor der Implementierung einer DDS Priorität haben. Jetzt Entwaldungs-Check & Gratis-Download sichern

@ boerse-global.de