ePA-Ausbau: Coaches für Senioren gegen digitale Spaltung
03.12.2025 - 07:50:12Deutschland steht vor der Bewährungsprobe seiner digitalen Gesundheitsstrategie. Während am Jahresende kritische Fristen ablaufen, setzt das Bundesgesundheitsministerium auf neue Hilfsangebote – besonders für ältere Menschen, die bei der elektronischen Patientenakte ins Hintertreffen geraten sind.
Das Timing könnte kaum brisanter sein: Bis zum 31. Dezember müssen tausende Arztpraxen ihre Telematik-Infrastruktur aufrüsten, sonst droht der digitale Blackout. Gleichzeitig zeigt sich, dass die automatische ePA-Einführung zwar technisch funktioniert, in der Bevölkerung aber noch längst nicht angekommen ist.
Rheinland-Pfalz macht vor, wie die Lücke zwischen Technik und Mensch geschlossen werden könnte. Am Dienstag übergab Landesministerin Dörte Schall die ersten Zertifikate an sogenannte „ePA-Coaches” im Landkreis Birkenfeld – geschulte Freiwillige, die Senioren bei der Nutzung der Patienakten-App unter die Arme greifen.
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„Wir sehen keine Patientendokumente”, stellte Manuela Busch, erste zertifizierte Coach, beim Startschuss klar. „Aber wir helfen bei der Verwaltung und beim Verständnis der Technik.” Das Projekt dockt an das bestehende Programm der Digitalbotschafter an und könnte 2026 bundesweit Schule machen.
Die Initiative reagiert auf ein drängendes Problem: Obwohl die ePA seit Jahresanfang per Widerspruchslösung automatisch für gesetzlich Versicherte aktiviert wird, bleibt die aktive Nutzung gerade bei über 60-Jährigen weit hinter den Erwartungen zurück. Ausgerechnet die Gruppe mit dem höchsten Versorgungsbedarf scheitert oft an technischen Hürden und Datenschutzbedenken.
Kassenärztliche Vereinigung schafft Klarheit
Parallel zur Patientenansprache konkretisierte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gestern die rechtlichen Pflichten für Praxen und Kliniken. Seit 1. Oktober gilt zwar die Nutzungspflicht für Leistungserbringer, doch Unsicherheiten über Haftung und Dokumentationsfristen verunsicherten viele Mediziner.
Die KBV-Richtlinie bringt nun Struktur ins Chaos:
Zugriffsprotokolle: Praxen müssen lückenlos dokumentieren, welches Personal auf Patientenakten zugreift – ein Muss für Datenschutz und Nachvollziehbarkeit.
Zeitfenster für Uploads: Fachärzte erhalten bis zu 90 Tage nach einer Behandlung Zeit, um Befunde hochzuladen. Das entschärft den administrativen Druck während der Konsultation erheblich.
Informationspflicht: Patienten müssen informiert werden, wenn Pflichtdokumente wie Medikationspläne oder Entlassbriefe in die ePA eingestellt werden.
„Die ePA unterstützt die Versorgung, ersetzt aber nicht die Anamnese”, betonte die KBV. Digitale Werkzeuge bleiben Hilfsmittel, kein Ersatz für das persönliche Gespräch. Als Anreiz wurde die erhöhte Vergütung für die Erstbefüllung der Akte bis Mitte 2026 verlängert – eine Erleichterung für Praxen, die mit zusätzlichem Aufwand kämpfen.
Technisches Ultimatum: Konnektoren-Tausch bis Silvester
Während auf der einen Seite um Akzeptanz geworben wird, tickt auf der anderen eine unerbittliche technische Uhr. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin schlägt Alarm: Am 31. Dezember laufen die Zertifikate für RSA-Generationskonnektoren ab – ohne Verlängerungsmöglichkeit.
Was bedeutet das konkret? Praxen, die ihre Sicherheitshardware nicht rechtzeitig gegen moderne ECC-Standard-Konnektoren austauschen, werden von der Telematikinfrastruktur abgekoppelt. Die Folgen wären dramatisch: Keine Versichertenkarten-Auslesung, keine E-Rezepte, kein ePA-Zugriff. Der digitale Praxisbetrieb käme zum Erliegen.
„Betroffene Praxen müssen sofort handeln”, mahnte die KV Berlin diese Woche erneut. Die Gematik-Agentur bestätigte: Während Fristen für Heilberufsausweise (HBA) teilweise bis 2026 verlängert wurden, bleibt der Konnektor-Stichtag aus Sicherheitsgründen eisern.
Zwischen Infrastruktur-Stress und Kulturwandel
Die Ereignisse Anfang Dezember offenbaren die Doppelstrategie der deutschen Gesundheitsdigitalisierung: technische Robustheit sichern und gleichzeitig Menschen mitnehmen. Beides erweist sich als Kraftakt.
Die Einführung der „ePA für alle” mit Opt-Out-Verfahren war Anfang 2025 ein historischer Schritt nach Jahren des Stillstands. Doch die schiere Dimension des Projekts legt nun Schwachstellen frei. Die neue Digitalkampagne des BMG deutet darauf hin: Automatische Anmeldung führt nicht automatisch zu aktivem Verständnis.
„Die Technik steht weitgehend, aber die kulturelle Übersetzung beginnt gerade erst”, analysiert Gesundheitspolitik-Expertin Dr. Elena Weber. „Initiativen wie die ePA-Coaches sind jetzt womöglich wichtiger als Software-Updates. Wenn Senioren – mit der höchsten Krankheitslast – die ePA nicht nutzen können, scheitert das System an seiner Hauptzielgruppe.”
Chaotischer Jahreswechsel vorprogrammiert?
Der Januar 2026 wird zeigen, wie resilient das System wirklich ist. Branchenbeobachter rechnen mit turbulenten Wochen bei Praxen, die das Upgrade-Fenster verpassten. Gleichzeitig könnte der Erfolg des rheinland-pfälzischen Pilotprojekts eine Welle ähnlicher Unterstützungsnetze bundesweit auslösen.
Für Patienten verspricht die wachsende Funktionalität der ePA – gekoppelt mit menschlicher Begleitung – allmähliche Verbesserungen im Umgang mit Gesundheitsdaten. Doch wie die jüngsten KBV-Klarstellungen zeigen: Die bürokratische und rechtliche Integration dieser Tools in den medizinischen Alltag bleibt Baustelle.
Kein Wunder also, dass manche Experten vom „Jahr der Wahrheit” sprechen. Die technische Infrastruktur mag stehen – ob sie getragen wird von Menschen, die sie verstehen und nutzen, entscheidet sich jetzt.
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