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Wie sich die Staatskrise in Venezuela auf den Ölpreis auswirkt

Kaum war die Börse-Intern vom Dienstag vergangener Woche zum Thema Ölförderprobleme in Venezuela erstellt und verschickt, kamen neue Meldungen über die Ticker, die zeigen, wie dramatisch die Lage in dem Land derzeit ist. So leidet auch der staatliche Erdölkonzern Petroleos de Venezuela (PDVSA) mit seinen 150.000 Mitarbeitern enorm unter dem niedrigen Ölpreis. Inzwischen befindet er sich in akuter Zahlungsnot und warnte vor wenigen Tagen sogar indirekt vor einer Pleite.

Venezuela ist nur knapp einer Staatspleite entgangen

Deshalb wurde kürzlich versucht, Anleihen mit Fälligkeiten in 2016 und 2017 in solche umzutauschen, die erst 2020 zu begleichen sind. Dabei ging es insgesamt um ein Volumen von 5,33 Milliarden US-Dollar (4,8 Mrd. Euro). Obwohl man statt einer Verzinsung von bisher 5,25 Prozent nun 8,50 Prozent bot, war das Interesse der Investoren über weite Strecken gering. Daher warnte das Unternehmen, dass es schwer werde, Schulden zu begleichen, wenn der Anleihetausch nicht klappt. „Es drohe dann eine komplizierte Situation“, hieß es aus dem Staatsunternehmen.

Letztlich ist es dem venezolanischen Erdölkonzern aber doch gelungen, einen Teil seiner fälligen Anleihen in längerfristige Bonds umzutauschen. Rund 39 Prozent der Gläubiger hätten das Angebot akzeptiert, teilte das Staatsunternehmen inzwischen mit. Damit können nun Rückzahlungen in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar bis 2020 aufgeschoben werden, was dem Konzern etwas Luft verschafft hat. Um die Kreditgeber von dem Anleihentausch zu überzeugen, musste die Zahlungen auf die Papiere allerdings von der US-Tochter Citgo garantiert werden.

Damit ist das gesamte Land nur knapp einer Staatspleite entgangen. Denn Venezuela ist auf die Einnahmen aus dem Staatskonzern angewiesen. Bis Ende 2017 muss Venezuela etwa 15 Milliarden Dollar an Schulden zurückzahlen. Doch die Devisenreserven sind wegen der geringeren Einnahmen aus dem Ölexport inzwischen auf nur noch rund 12 Milliarden Dollar zusammengeschrumpft.

Politische und wirtschaftliche Krise verschärft sich

Derweil verschärft sich ein Machtkampf im Land. Das Parlament in Venezuela hat jüngst ein politisches Verfahren gegen Präsident Nicolás Maduro eröffnet. Seit Ende vergangenen Jahres stellen Maduros Gegner die Mehrheit im Parlament. Und neben dem gesunkenen Ölpreis haben Auseinandersetzungen zwischen den beiden Seiten zu einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise geführt.

Öl-Lieferungen in die USA sinken

Die angespannte Lage der venezuelischen Ölindustrie bekommen auch die USA zu spüren. Venezuela ist nämlich einer der wichtigsten Lieferanten für die US-Raffinerien an der US-Golfküste. 2015 hat Venezuela fast ein Drittel des gesamten Öls geliefert, das dort verarbeitet worden ist. Die Öl-Lieferungen in die USA hängen also nicht zuletzt von dem Staatskonzern PDVSA ab. Weil die Importe in die USA aber wegen der Krise zurückgingen, sind die US-Öllagervorräte zuletzt das niedrigste Niveau seit Januar gesunken. Und im Falle eines Zahlungsausfalls von PDVSA könnten die Lieferungen in die USA vollständig unterbrochen werden.

Lieferausfälle in Venezuela haben den Ölpreis hoch gehalten

Letztlich sind es genau diese Entwicklungen, die den Ölpreis zuletzt auf unserem Zielpreis von 50 USD gehalten haben, obwohl die OPEC jüngst so viel Öl gefördert hat wie seit mindestens 2008 nicht mehr (siehe Börse-Intern vom 18. Oktober). Damit der Preis aber dieses Niveau auch weiterhin halten kann, muss sich die OPEC bei ihrer Sitzung am 30. November in Wien wie geplant auf eine Kürzung der Förderung einigen. Sonst dürfte die weltweit steigende Ölförderung die Ausfälle in Venezuela bald mehr als kompensieren und das Überangebot dann wieder den Ölpreis drücken.

Steigende Preise führen zu steigendem Angebot

Allerdings würde die OPEC mit einem entsprechenden Beschluss den unliebsamen Konkurrenten USA stärken, der mit seiner Öl-Förderung mittels Fracking bereits wieder verstärkt Bohrfelder in Betrieb nimmt und damit seinerseits das Ölangebot erhöht. So ist laut Baker Hughes in den vergangenen 16 Wochen die Anzahl der Fördertürme fünfzehn Mal gestiegen. Damit wurde der Rückgang der Förderstellen seit Jahresbeginn zur Hälfte wieder aufgeholt. Möglich wurde dies, weil die US-amerikanische Fracking-Industrie in den vergangenen Quartalen die Kosten erheblich gesenkt hat und etliche Ölfelder nun bereits bei Preisen von deutlich unter 50 Dollar je Barrel wirtschaftlich betrieben werden können.

Zielpreis für Öl bleibt bei rund 50 USD

Und so scheint der Ölpreis auch weiterhin in einem Bereich von 50 USD zu bleiben. Denn sinken die Preise deutlich unter 50 USD, sinkt das Angebot, weil diverse Förderer nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Dieses sinkende Angebot würde den Preis aber wieder stabilisieren.

Steigt der Preis hingegen deutlich über 50 USD, werden mit steigenden Preisen immer mehr Bohrlöcher wieder wirtschaftlich und deshalb wieder in Betrieb genommen. Das erhöht das Angebot, was wiederum erneut Druck auf die Preise ausüben dürfte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Ölpreise wohl noch eine Weile um den Zielpreis von 50 USD (dicke blaue Linie im Chart) pendeln werden – es sei denn die Nachfrage ändert sich deutlich in die eine oder andere Richtung. Danach sieht es aber derzeit nicht aus.

Rohöl der Sorte WTI - Chartanalyse

Mit diesem Wissen kann man nun geeignete Tradingstrategien entwickeln und dazu die passenden Instrumente auswählen.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 28.10.16 09:14 Uhr