Israel, Hisbollah

Während der Gaza-Krieg andauert, brodelt auch der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon.

12.03.2024 - 05:06:56

Israel greift Hisbollah tief im Libanon an

Israels Armee hat im gefährlichen Grenzkonflikt mit der libanesischen Hisbollah nach eigenen Angaben nun auch Stellungen der Schiiten-Miliz in der Tiefe des Nachbarlandes angegriffen.

Die Luftwaffe habe zwei Stellungen der proiranischen Hisbollah in der Bekaa-Ebene im Nordosten des Libanons attackiert, teilte Israels Militär mit und bestätigte damit libanesische Berichte. Es sei erst das zweite Mal seit Beginn des Krieges gegen die mit der Hisbollah verbündete islamistische Hamas im Gazastreifen vor gut fünf Monaten, dass Israels Militär das etwa 100 Kilometer nördlich der Landesgrenze gelegene Gebiet angegriffen habe, berichtete die israelische Nachrichtenseite «Ynet».

Seit Beginn des Gaza-Krieges nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel kommt es fast täglich zu gegenseitigen Angriffen, konzentriert auf die Grenzregion. Israel will erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es eine UN-Resolution aus dem Jahr 2006 vorsieht.

Libanon: Opfer bei israelischen Angriffen

Die Attacken auf Standorte der Luftstreitkräfte der Hisbollah im Nordosten Libanons seien eine Vergeltung für deren jüngste Luftangriffe, die die Golanhöhen zum Ziel gehabt hätten, teilte Israels Militär mit. Laut libanesischen Sicherheitskreisen gab es bei den israelischen Angriffen Opfer. Weder die israelischen, noch die libanesischen Angaben konnten unabhängig überprüft werden.

Die Hisbollah, die von Deutschland und vielen anderen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird, kontrolliert vor allem den Süden an der Grenze zu Israel, von Schiiten bewohnte Viertel der Hauptstadt Beirut und die Bekaa-Ebene. Israels Verteidigungsminister Yoav Galant kündigte kürzlich an, den militärischen Druck auf die Hisbollah als Reaktion auf deren tägliche Angriffe auf Israel zu erhöhen, bis sie sich von der Grenze zurückgezogen habe. Nach libanesischen Angaben soll es während des am Montag begonnenen muslimischen Fastenmonats Ramadan indirekte Gespräche über eine diplomatische Lösung geben. Ein Krieg erscheint mit jedem Tag ohne eine solche Lösung wahrscheinlicher.

Israel: Dritthöchstem Hamas-Führer auf die Spur gekommen

Unterdessen ist Israels Armee im Gazastreifen nach eigenen Angaben Marwan Issa auf die Spur gekommen - dem dritthöchsten Hamas-Funktionär in dem abgeriegelten Küstengebiet. Man habe ihn möglicherweise getötet, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Die Luftwaffe habe in der Nacht zum Sonntag unterirdische Anlagen im Flüchtlingslager Nuseirat bombardiert. Issa habe den Tunnel genutzt, sagte Hagari. Man prüfe noch, ob die Nummer Drei der Hamas tatsächlich unter den Opfern des Luftangriffs war.

Als Nummer Eins und Zwei bezeichnet Israel den Führer der Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, und den Chef der Kassam-Brigaden der Islamisten, Mohammed Deif. «Sie alle sind tote Männer, wir werden sie alle kriegen», sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und bekräftigte seine Absicht, sein Land zum «absoluten Sieg» führen zu wollen.

Bericht: Vollständige Vernichtung der Hamas schwierig

Nach Einschätzung der US-Geheimdienste dürfte es für Israel jedoch schwierig sein, das Ziel einer vollständigen Eliminierung der Hamas zu erreichen, wie die US-Zeitung «Wall Street Journal» berichtete. Sie zitierte aus dem jüngsten Bericht der US-Geheimdienste mit dem Titel «Annual Threat Assessment» (Jährliche Bewertung der Bedrohung). Darin heiße es, Israel werde wahrscheinlich noch jahrelang mit dem bewaffneten Widerstand der Hamas konfrontiert sein. Israels Militär werde Schwierigkeiten haben, die unterirdische Infrastruktur der Hamas zu zerstören, die es den Aufständischen ermögliche, sich zu verstecken, neue Kräfte zu sammeln und die israelischen Streitkräfte zu überraschen.

Israels Außenminister fordert Druck von Weltsicherheitsrat

Israels Außenminister Israel Katz hat unterdessen den Weltsicherheitsrat dazu aufgefordert, äußersten Druck auf die Hamas zu machen und so die Freilassung von Geiseln zu ermöglichen. «Ich fordere vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, so viel Druck wie möglich auf die Hamas-Organisation auszuüben», sagte Katz bei einer Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums in New York. Der Weltsicherheitsrat war zusammengekommen, um über einen vor einer Woche vorgestellten Bericht zu diskutieren, in dem die UN die israelischen Vorwürfe über sexualisierte Gewalt während des Massakers von Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel als glaubwürdig einstufen.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus begrüßte das Treffen des Weltsicherheitsrates. Es brauche aber «mehr Aufklärung, damit diese abscheulichen Verbrechen und der Terror der Hamas vor Gericht kommen», sagte Paus der Deutschen Presse-Agentur in New York.

Die UN-Sonderbeauftragte für sexualisierte Gewalt in Konflikten wies einen Vorwurf Israels zurück, die Vereinten Nationen hätten den Bericht zu sexualisierter Gewalt von Hamas-Terroristen unterdrücken wollen. «Der Generalsekretär hat keinen Versuch unternommen, meinen Bericht oder seine Erkenntnisse zu unterdrücken», sagte Pramila Patten. Sie reagierte damit auf den Vorwurf von Israels Außenminister Katz, die UN hätten die Verbrechen der Hamas «unter den Teppich kehren» wollen.

Netanjahus Frau schaltet sich in Ringen um Geisel-Deal ein

Mit einer ungewöhnlichen Initiative versucht nun auch die Frau von Ministerpräsident Netanjahu eine Freilassung der Geiseln zu erreichen. Sara Netanjahu wandte sich in einem Brief an die Mutter des Emirs von Katar, Scheich Mosa Nasser Al Missned. «Ich bitte Sie dringend, im Geiste des Ramadans, Ihren großen Einfluss geltend zu machen, um auf die Freilassung der israelischen Geiseln hinzuwirken», schrieb Sara Netanjahu in dem Brief, der auf dem Account ihres Mannes auf der Plattform X (vormals Twitter) veröffentlicht wurde.

Katar vermittelt zusammen mit Ägypten und den USA seit Wochen zwischen der Hamas und Israel. Die Vermittler hatten vergeblich gehofft, bis zum Ramadan eine Einigung über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln zu erzielen. Israels Regierung geht davon aus, dass die palästinensischen Extremisten im Gazastreifen derzeit noch rund 100 lebende Geiseln in ihrer Gewalt haben.

@ dpa.de