Asyl, Asylpolitik

Die Innenminister der EU unternehmen heute einen neuen Versuch, eine Reform des europäischen Asylsystems auf den Weg zu bringen.

08.06.2023 - 09:57:31

EU-Asylreform: Faeser lässt Zustimmung Deutschlands offen. Die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, sind höchst umstritten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat kurz vor dem Start von EU-Beratungen über eine große Reform des europäischen Asylsystems offengelassen, ob sie den auf dem Tisch liegenden Vorschlägen zustimmen kann.

«Es liegt ein Kompromiss auf dem Tisch, der ist sehr schwierig für uns in Deutschland», sagte die SPD-Politikerin bei ihrer Ankunft zu dem Innenministerrat in Luxemburg. Sie kämpfe darum, dass Familien mit kleinen Kindern nicht in das vorgesehene Grenzverfahren kommen. «Für uns als Deutschland stehen die menschenrechtlichen Standards ganz vorne», betonte sie.

Bei dem Innenministertreffen in Luxemburg soll ein neuer Versuch unternommen werden, eine Reform des europäischen Asylsystems auf den Weg zu bringen. Ob sich eine ausreichend große Mehrheit an Ländern hinter die Gesetzesvorschläge stellen wird, ist noch unklar. Laut Diplomaten ist eine entscheidende Frage, wie sich die deutsche Koalitionsregierung positionieren wird.

Rigiderer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive

Auf dem Tisch liegen Entwürfe für Gesetzestexte, die die derzeitige schwedische EU-Ratspräsidentschaft auf Basis von Vorschlägen der EU-Kommission erarbeitet hat. Sie sehen insbesondere einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen, wo im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden würde, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, würde er umgehend zurückgeschickt werden.

Zudem soll Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.

Die Bundesregierung hatte in den Vorgesprächen zu dem Innenministertreffen gefordert, dass Familien mit Kindern von neuen strengen Grenzverfahren ausgenommen werden. Eine große Mehrheit der anderen Staaten lehnt dies allerdings vehement ab, weil sie durch eine solche Regelung den Abschreckungscharakter gefährdet sieht.

Die Frage, ob die geplanten Asylrechtsverschärfungen in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ein Streitpunkt seien, verneinte Faeser am Morgen. «Also es ist kein Streitpunkt, weil wir eine gemeinsame Position als Ampel haben», sagte sie. Diese sehe vor, für hohe Menschenrechtsstandards und für den Schutz der Kinder einzutreten. Auf die Frage, wie die Bundesregierung sich positionieren wird, wenn ihr Kampf nicht erfolgreich sein sollte, antwortete Faeser nicht.

Scholz wirbt um Solidarität

Vor seinem Besuch in Rom hat Bundeskanzler Olaf Scholz Italien Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen zugesichert. Italien, Griechenland und andere am Mittelmeer liegende EU-Staaten stünden vor einer großen Herausforderung, weil die Zahl der dort ankommenden Flüchtlinge steige, sagte der SPD-Politiker der italienischen Zeitung «Corriere della Sera». «Und damit dürfen wir Italien und die anderen nicht allein lassen, sondern verfolgen einen Ansatz von Solidarität und Verantwortung.»

@ dpa.de