Menschen

Wirtschaftswissenschaftler: Wirtschaftskrise reduziert die Lebenserwartung der Deutschen

15.06.2020 - 08:58:30

Der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen sagt, der starke Einbruch der Konjunktur habe nicht nur wirtschaftlich negative Folgen, sondern er senke auch deutlich die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung.

Hierüber berichtet die Tageszeitung "Die Welt". Berechnungen des Ökonomen von der Universität Freiburg hätten ergeben, dass der Wirtschaftseinbruch in der Corona-Krise "deutlich mehr Lebensjahre" gekostet habe, als man habe retten können.

Die Verlierer seien "wir alle, die Jungen mehr, die Alten weniger", so Raffelhüschen. Daher seien die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie insgesamt unverhältnismäßig gewesen. Eine Veränderung des Bruttoinlangsprodukts um ein Prozent habe eine Veränderung der Lebenserwartung um fast einen Monat zur Folge, "genau um 0,89 Monate", präzisierte der Leiter des Forschungszentrums Generationenverträge. Dies zeige die Untersuchung der langfristigen Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf in Deutschland. Diese gehe seit den fünfziger Jahren mit einer stetigen Zunahme der Lebenserwartung einher. Die entsprechenden Berechnungen Raffelhüschens basieren auf Daten des Bundesamtes für Statistik.

Die Ursache für den engen Zusammenhang von Wirtschaftsentwicklung und Lebenserwartung liege laut Raffelhüschen darin, dass ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts technischen Fortschritt bringe, der wiederum auch Fortschritte in der Medizin mit sich bringe. Jetzt werde zwar viel Geld Geld in die Suche nach einem Impfstoff und die Erforschung vonTherapien gegen Covid-19 investiert, aber der starke Rückgang der Konjunktur bremse dennoch unter dem Strich den medizinischen Fortschritt, zum Beispiel in der Krebsforschung oder der Herzinfarktbekämpfung ab. Die Bundesregierung rechne in diesem Jahr mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 6,3 Prozent. Dies lasse einen "Verlust von mehreren Millionen Lebensjahren" befürchten, sah der Wissenschaftler voraus.

Konkret komme er in seinen Berechnungen für die Gesamtbevölkerung auf mehr als 37 Millionen verlorene Lebensjahre, die die schwerste Rezession seit dem zweiten Weltkrieg kosten werde. Im Durchschnitt heiße das für jeden Bürger einen Verlust von mehr als fünf Monaten seiner Lebenserwartung, berechnete der Ökonom.

Raffelhüschen bestreitet dabei keineswegs, dass der Lockdown mit seinen weitgehenden Kontaktverboten und der Schließung von Schulen, Unternehmen und Grenzen die Anzahl der Corona-Toten in Deutschland relativ niedrig gehalten habe. In seinen Berechnungen kommt er zu dem Ergebnis, dass dieses Vorgehen hierzulande etwa 60.000 Corona-Todesfälle verhindert habe. Aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Verstorbenen kommt der Finanzwissenschaftler hierbei auf höchstens 557.000 gewonnene Lebensjahre. Berücksichtige man bei der Berechnung auch den Aspekt der Vorerkrankungen, dann ergebe sich ein Minimum von 180.000 gewonnenen Lebensjahren, erklärte Raffelhüschen in der "Welt".

 

Redaktion ad-hoc-news.de, RSM

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