Berlin, Deutschland

Bestsellerautor Bas Kast («Der Ernährungskompass») findet, wir sollten uns öfter mal aus der Komfortzone herausbewegen.

28.11.2025 - 06:00:10

Raus aus Komfortzone: Warum Bas Kast fürs Unbequeme plädiert. Warum es ihn ins Eisbad zieht und er Spaß für überbewertet hält.

Öfter mal etwas Unbequemes aushalten. Wenn sich Autor Bas Kast (52) etwas Gutes tun will, steigt er in eine Badewanne voller Eiswasser. Das tue weh – «aber danach fühle ich mich belebt und viel besser», erzählt er. Kast, der mit seinem «Ernährungskompass» einen Bestseller landete, plädiert in seinem neuen Buch dafür, den Reiz des Unangenehmen wiederzuentdecken.

Kälte, Fasten, Sport – um solche Herausforderungen geht es im Essay «Lob des Unbequemen. Wie ich lernte, die Eisbäder des Lebens zu genießen». Kast argumentiert, dass wir in der modernen Welt viel entwickelt haben, um Anstrengungen zu vermeiden. Autofahren, Zentralheizung, volles Tiefkühlfach.

Doch gerade anstrengende Momente zahlten sich im Nachhinein aus, meint er. «Nicht alles, was unangenehm ist, schadet uns. Nicht alles, was sich gut anfühlt, tut uns gut. Oft ist es genau umgekehrt.»

Wie Kast anfangs beim Krafttraining schummelte

In dem rund 80-seitigen Essay beschreibt Kast zum Beispiel, wie sich sein Blick aufs Krafttraining verändert habe. Anfangs habe er Übungen abgekürzt und geschummelt. Erst später habe er verstanden, dass es nötig sei, die Anstrengung auszuhalten, um etwas zu erreichen.

«Der Gedanke, die Unbequemlichkeit nicht als Feind, sondern als Verbündeten zu betrachten, ließ mich nicht los», schreibt er. Weil unsere Gesellschaft – verständlicherweise – Widerstände abgebaut habe, sei es an uns, wieder bewusst Herausforderungen zu setzen: sich der Kälte aussetzen und dann die Wärme genießen, mal länger nichts essen oder sich körperlich fordern.

«Hat uns dieses Vermeiden glücklicher gemacht?»

Das Prinzip lasse sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen: Statt Konflikten aus dem Weg zu gehen und Frust in sich hineinzufressen, könne es lohnend sein, sich ihnen zu stellen. Auch der permanente Griff zum Smartphone diene mitunter dazu, unangenehmen Gefühlen zu entkommen.

«Hat uns dieses Vermeiden unbequemer Gefühle wirklich glücklicher gemacht?», fragt Kast im Buch. «Oder wird uns zunehmend klar, dass gerade das Überwinden von Widerständen zu unserer Lebenszufriedenheit beiträgt – ja, eine entscheidende Voraussetzung dafür ist?»

Was in seinem Frühstücks-Shake landet

Auch beim Spaziergang am Berliner Schlachtensee erzählt Kast, wie ihn dieser Gedanke heute prägt. Er ist ein drahtiger Typ, der schnell geht, sich als introvertiert beschreibt und drei Kinder hat. Er beschäftigt sich schon länger mit der Frage, wie man gesund leben und alt werden kann. Im Februar erscheint sein neues Buch «Der Vitaminkompass».

Wenn er über Ernährung, Fasten oder Eisbäder spreche, werde er häufig mit dem Vorwurf der Selbstoptimierung konfrontiert, schreibt Kast. Dabei werde übersehen, dass vieles davon früher schlicht Alltag gewesen sei.

Mit seinem Training etwa gehe es ihm nicht darum, auszusehen wie Arnold Schwarzenegger, erzählt der Wissenschaftsautor, sondern möglichst gesund alt zu werden. Stichwort «longevity» («Langlebigkeit»). Inzwischen trinkt er zum Beispiel keinen Alkohol mehr.

Bei der Ernährung sei er streng. Morgens trinke er einen «supergesunden Shake» – ein Mix aus allem, was er für besonders wertvoll halte: Blaubeeren, Sojabohnen, Kurkuma, Ingwer, Leinsamen, Nüsse, Joghurt, Obst oder Karottenreste seiner Kinder. «Manchmal auch ein bisschen Tomatenmark.» Der Geschmack sei egal, so habe man morgens schon etwas für sich getan.

Womit belohnt er sich? Mit einfachen Dingen: früh ins Bett gehen und in Ruhe einen Podcast hören, Urlaub mit der Familie, oder mit seinem jüngsten Sohn spielen – und sich bewusst machen, dass man sich später nach genau diesen Momenten zurücksehnen wird.

Warum er Vergnügen für überschätzt hält

Eine Stelle im Buch, bei der vielleicht nicht jeder mitgeht. «Viele finden es komisch, wenn ich sage, dass ich Spaß und Vergnügen für überschätzt halte», schreibt Kast. Auch seine Schwester gehe da nicht mit, erzählt er im Gespräch. Was er meint: dass Verantwortung, Sinn und innere Entwicklung seiner Meinung nach erfüllender sein können als kurzfristige Vergnügen.

Für manche seien Spaß und Glück der Sinn des Lebens, schreibt Kast. Doch da das Leben nun mal so konstruiert sei, dass man nicht immer Spaß haben und glücklich sein könne, erscheine es ihm eine sehr fragile Philosophie, den Sinn des Lebens auf einem so wackeligen Fundament aufzubauen.

Selbstverständlich gebe es Schicksalsschläge oder Erfahrungen von Ungerechtigkeit und Gewalt, die einfach nur traumatisch seien, schreibt Kast. Häufig seien es aber schwierige Situationen, die nicht nur zur eigenen Resilienz beitragen, sondern dem Leben so etwas wie Sinn und Tiefe verleihen würden. «Die Widerstände und Hürden selbst sind es, die unser Leben wertvoll machen. Weil sie uns die Chance geben, über uns hinauszuwachsen.»

@ dpa.de

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