#ltwby23, Markus Söder

Rechts der CSU hat sich in Bayern die AfD fest etabliert.

08.10.2023 - 20:03:44

Neue Hochrechnungen: AfD rückt in Bayern auf Platz zwei. Und auch die Freien Wähler buhlen erfolgreich um rechtskonservative Wähler. Für die CSU heißt das: kleinere Brötchen backen.

  • Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, dürfte mit dem Wahlergebnis zufrieden sein. - Foto: Peter Kneffel/dpa

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  • Ein Wähler gibt in der Theodor Billroth Schule seine Stimme ab. - Foto: Daniel Karmann/dpa

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  • Die CSU von Ministerpräsident Markus Söder lag zuletzt in den Umfragen vorne. - Foto: Sven Hoppe/dpa

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  • Ein Mann in bayerischer Tracht steht in einem Wahllokal in Schwangau. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

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  • Anhänger der Freien Wähler reagieren bei der Wahlparty nach der Bekanntgabe der ersten Prognose zur Landtagswahl in Bayern. - Foto: Sven Hoppe/dpa

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  • Hubert Aiwanger ist für die Freien Wähler angetreten. - Foto: Sven Hoppe/dpa

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  • Martin Hagen (FDP) äußert sich nicht zufrieden. - Foto: Stefan Puchner/dpa

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Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, dürfte mit dem Wahlergebnis zufrieden sein. - Foto: Peter Kneffel/dpaEin Wähler gibt in der Theodor Billroth Schule seine Stimme ab. - Foto: Daniel Karmann/dpaDie CSU von Ministerpräsident Markus Söder lag zuletzt in den Umfragen vorne. - Foto: Sven Hoppe/dpaEin Mann in bayerischer Tracht steht in einem Wahllokal in Schwangau. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpaAnhänger der Freien Wähler reagieren bei der Wahlparty nach der Bekanntgabe der ersten Prognose zur Landtagswahl in Bayern. - Foto: Sven Hoppe/dpaHubert Aiwanger ist für die Freien Wähler angetreten. - Foto: Sven Hoppe/dpaMartin Hagen (FDP) äußert sich nicht zufrieden. - Foto: Stefan Puchner/dpa

Die CSU von Ministerpräsident Markus Söder ist bei der Landtagswahl in Bayern klar stärkste Kraft geworden - mit dem schlechtesten Ergebnis seit mehr als 70 Jahren.

Die rechte AfD ist laut Hochrechnungen von ARD und ZDF an Grünen und Freien Wählern vorbeigezogen und könnte zweitstärkste Kraft werden. Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger gewinnen demnach ebenfalls deutlich hinzu.

Die Grünen verlieren dagegen an Zustimmung und liefern sich mit den Freien Wählern ein Rennen um Platz drei. Die SPD steuert indes auf das historisch schwächste Ergebnis bei einer Bayern-Wahl zu. Die FDP dürfte den erneuten Einzug in den Landtag verpassen. CSU und Freie Wähler kündigten am Abend an, ihre Koalition fortsetzen zu wollen.

So sehen die Zahlen aus

Nach den Hochrechnungen kommt die CSU auf 36,6 bis 36,7 Prozent. Damit rutscht die Partei, die im Freistaat seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, noch unter ihr desaströses Ergebnis von 2018 (37,2 Prozent). Damals war sie um mehr als zehn Punkte abgestürzt. Die mitregierenden Freien Wähler verbessern sich deutlich auf 14,8 bis 15,3 Prozent (2018: 11,6).

Die Grünen verlieren auf 14,8 bis 15,4 Prozent und kommen an ihr Rekordergebnis von 17,6 Prozent aus dem Jahr 2018 nicht heran. Die AfD gewinnt stark dazu auf 15,9 bis 16,2 Prozent (10,2). Die SPD erreicht dagegen nur magere 7,9 Prozent (9,7). Die FDP fliegt mit 2,8 bis 2,9 Prozent aus dem Parlament (5,1). Die Wahlbeteiligung wird mit 72,4 bis 76,0 Prozent angegeben; 2018 waren es 72,4 Prozent.

Die CSU erhält den Hochrechnungen zufolge 83 bis 84 Sitze im Landtag. Die Freien Wähler kommen auf 33 bis 34 und die Grünen auf 33 bis 35 Mandate. Die AfD bekommt 36 Sitze, die SPD 18.

Söder: Ergebnisse erfordern andere Migrationspolitik

CSU-Chef Söder sieht in den Ergebnissen der Landtagswahlen in Bayern und Hessen den Auftrag für eine andere Migrationspolitik. «Die Folgen heißen für mich - und das ist das Wichtigste überhaupt aus diesem Wahlergebnis - die nationale Aufgabe, die Migrationspolitik zu einer Wende zu führen, zu einem Pakt gegen unkontrollierte Zuwanderung», sagte Bayerns Ministerpräsident am Sonntagabend im ZDF-«heute journal». «Das, glaube ich, ist der eigentliche Auftrag, den wir aus den beiden Landtagswahlen am Ende ziehen können.»

In den ARD-«Tagesthemen» sagte der CSU-Chef: «Wir empfinden die AfD als eine rechtsextreme Partei.» Man dürfe jetzt nicht der AfD hinterherlaufen, sondern müsse Probleme lösen. Es brauche darum rasch eine andere Migrationspolitik. «Dann kann man die AfD auch deutlich zurückführen.»

Söder sah auch in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt, in dessen Zentrum Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger im Wahlkampf stand einen Grund für das Abschneiden der CSU: «Vor dieser Flugblatt-Affäre lagen wir deutlich höher», sagte er im ZDF.

«Klarer Auftrag an die CSU und mich persönlich»

Söder sieht sich auch persönlich bestätigt. «Es ging uns nie um einen Schönheitspreis, aber um einen klaren Regierungsauftrag», kommentierte Söder in der ARD die erste Prognose, derzufolge die CSU bei 37 Prozent liegt - weit vor allen anderen Parteien, aber nach historischen Maßstäben eines der schlechtesten CSU-Ergebnisse seit 1949.

«Dieser klare Regierungsauftrag ist an die CSU», sagte Söder. «Und ich darf das sagen: Wie ich gesehen habe, dass über 60 Prozent der Meinung sind in Bayern, dass auch dieser Ministerpräsident gute Arbeit macht, sind auch ein klarer Auftrag an die CSU und mich persönlich, eine starke und stabile Regierung für und in Bayern zu bilden.»

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigt sich ebenfalls sehr zufrieden mit dem Abschneiden von CDU und CSU bei den Landtagswahlen. «Markus Söder hat einen tollen Wahlkampf gemacht», sagte Linnemann in der ARD über den CSU-Chef. Dieser habe in Bayern nun den Regierungsauftrag.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, sieht nach den Prognosen zur bayerischen Landtagswahl einen klaren Regierungsauftrag für die CSU. «Die Koalition ist bestätigt worden», sagte Dobrindt in der ARD. Die CSU habe in den vergangenen Wochen noch einmal zulegen können. «Und deswegen liegt der Regierungsauftrag ja eindeutig bei der CSU.» Dobrindt sprach von einem guten Ergebnis.

Kühnert: Bitterer Abend für SPD

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertet das Ergebnis der Landtagswahlen als bitter für seine Partei und für die Ampel-Koalition gewertet. «Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger», sagte Kühnert im ZDF. Die drei Parteien der Ampel-Koalition hätten in beiden Bundesländern verloren.

«Wir sollten die Signale alle miteinander in der Ampel-Koalition erkennen: In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns», sagte Kühnert. In der ARD sagte er, man müsse erkennen, dass «die allgemeine Stimmungslage den Menschen aufs Gemüt drückt und dass mehr Orientierung erforderlich ist».

SPD-Chef Lars Klingbeil räumt ebenso das schlechte Abschneiden seiner Partei bei den Landtagswahlen ein. «Das sind zwei Niederlagen für die SPD», sagte er in der ARD. «Wir hatten für was anderes gekämpft, ich hatte mir was anderes erhofft.» «Wir werden das Ergebnis jetzt aufarbeiten», kündigte Klingbeil an.

Die Wahlkampfthemen der SPD haben laut ihrem Spitzenkandidaten, Florian von Brunn, in Bayern «nahezu keine Rolle gespielt». Man habe es nicht geschafft, die eigenen Themen zu den dominanten des Wahlkampfs zu machen. Das Ergebnis seiner Partei bei der Landtagswahl in Bayern sei eine «Enttäuschung».

Nouripour: Grüne stabil

Der Grüne Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Bayern, Ludwig Hartmann, zeigt sich mit dem Ergebnis seiner Partei zufrieden. Es sei das zweitbeste in ihrer Geschichte bei einer Landtagswahl in Bayern - obwohl man einen «sehr aufgeheizten Wahlkampf» gehabt habe, sagte er am Sonntagabend. «Die Grünen haben ein sehr starkes Fundament in Bayern, auch wenn der Wind etwas stärker ins Gesicht bläst.»

Es mache ihn nachdenklich, dass es gerade einen gewissen Rechtsrutsch in Bayern gebe, sagte Hartmann. Markus Söder habe faktisch den Populismus wieder nach Bayern gebracht, «was auch die AfD gestärkt hat», kritisierte er. Dennoch betonte Hartmann, dass er bereit für Gespräche sei.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour bezeichnet die Wahlergebnisse seiner Partei bei den Landtagswahlen als stabil. Die Grünen hofften, bei beiden Wahlen zweitstärkste Kraft zu werden, sagte Nouripour in der ARD. Die Grünen stünden für Verantwortung. Seine Partei hat den Prognosen zufolge verloren.

Freie Wähler mit Plus trotz Flugblattaffäre

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigt sich nach der ersten Prognose zur bayerischen Landtagswahl zufrieden gezeigt. «14 Prozent wären schon ganz ordentlich», sagte Bayerns stellvertretender Ministerpräsident im Bayerischen Rundfunk kurz nach Schließung der Wahllokale. Er gehe davon aus, dass der Wert für die Freien Wähler noch nach oben gehe, doch es sei schon jetzt ein hervorragendes Ergebnis. «Wir sind zufrieden», sagte er.

Aiwanger will in Bayern auch in einer neuen Regierung Wirtschaftsminister bleiben. «Ich habe hier, glaube ich, gute Arbeit geleistet und ich würde es auch gern weitermachen», sagte Aiwanger im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks.

Hubert Aiwanger sieht seine Freien Wähler nach dem Erfolg bei der bayerischen Landtagswahl als «Volkspartei» und strebt nach Höherem. «Diese Welle darf natürlich nicht an den bayerischen Grenzen haltmachen», sagte er am Sonntagabend bei der Wahlparty seiner Partei in München. «Wir werden nächstes Jahr bei der Europawahl auch das Land rocken.» Und wenn die Freien Wähler «fleißig» weiter arbeiteten - «dann ist auch der Einzug in den Deutschen Bundestag 2025 möglich».

Aiwanger und seine Freien Wähler gewannen deutlich hinzu - trotz oder wegen der Affäre um ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt, das bei dem heute 52-Jährigen zu Schulzeiten gefunden wurde.

Weidel: AfD-Ergebnisse auch Zeichen für Unzufriedenheit

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel zeigt sich hocherfreut über das Abschneiden ihrer Partei. Weidel sprach in der ARD von Rekordergebnissen.

«Unsere Politik gibt uns Recht», sagte Weidel. Sie wertete die Stärke ihrer Partei auch als Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen mit der «Verbotspolitik» der Bundesregierung. Mit Blick auf den Bund sprach sie von einer realistischen Chance auf eine Regierungsbeteiligung 2025.

FDP-Spitzenkandidat Hagen: Trauriger Tag für Liberalismus

Aus Sicht von FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen ist der Wahlsonntag ein trauriger Tag für den Liberalismus in Bayern. «Die FDP hat ihr Wahlziel, den ersten Wiedereinzug seit 1978 in den Bayerischen Landtag zu schaffen, verfehlt», sagte Hagen kurz nach 18 Uhr auf der Wahlparty seiner Partei in München. «Es ist uns in aufgeheizten und polarisierten Zeiten nicht gelungen, mit unserer Botschaft bei den Wählern durchzudringen.»

Er übernehme als Spitzenkandidat «natürlich» die Verantwortung für das Wahlergebnis, sagte Hagen. «Wir werden die Ursachen dieser Niederlage in den Parteigremien umfassend analysieren.» Jetzt drücke man den Parteifreunden in Hessen die Daumen, denn «für die ist noch ein langer Wahlabend.»

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai reagiert indes kurz angebunden auf das schlechte Abschneiden seiner Partei. «Aus Sicht der FDP sind die derzeit vorliegenden Zahlen aus Bayern enttäuschend. In Hessen bleibt es spannend», sagte er in Berlin.

Die FDP-Gremien würden morgen die Ergebnisse beider Landtagswahlen auswerten, sagte Djir-Sarai. «Wir werden aber auch innerhalb der Koalition diese Ergebnisse analysieren und besprechen.»

Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP im Minus

Alle drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP mussten Verluste hinnehmen im Vergleich zur Wahl von vor fünf Jahren - analog zu den aktuell schlechten Umfragen auf Bundesebene. Söder hatte die Landesverbände Ende September als «euphorische Ampel-Klatscher» verspottet.

Die Koalitionsmöglichkeiten

Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wollen ihre Regierung in Bayern fortsetzen. Nach der Wahl müsse gelten, was vor der Wahl versprochen worden sei, sagte Söder in der ARD. Er wolle eine bürgerliche Regierung fortsetzen und noch in dieser Woche die ersten Gespräche führen. Aiwanger sagte im ZDF, man wolle keine Unklarheiten aufkommen lassen, sondern innerhalb weniger Tage «klar Schiff» machen und zeigen, dass man weiter gut zusammenarbeite.

Ein Gesprächsangebot von Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze, die Söder zu Gesprächen auch mit anderen demokratischen Parteien motivieren wollte, lehnte Söder ab. «Vielen Dank für das Angebot», sagte er im BR Fernsehen. Aber man werde die bürgerliche Koalition mit den Freien Wählern fortsetzen.

Die bayerische Grünen-Bundespolitikerin Claudia Roth appelliert auch an die CSU, nach der Landtagswahl in Bayern mit den Grünen Gespräche über eine Regierungsbildung aufzunehmen. Demokraten sollten miteinander gemeinsam überlegen, «was die beste Regierung für Bayern wäre», sagte die Kulturstaatsministerin im Bund in München. Demokraten sollten miteinander reden und sondieren, was das Beste wäre für das Land, sagte sie im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks.

@ dpa.de