Mann im Rollstuhl

Patientenschutz-Stiftung: Beschlüsse von Bund und Ländern zu Pflege reichen nicht aus

17.04.2020 - 09:30:37

Eugen Brysch, der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, hat Bund und Länder beschuldigt, bei der Bekämpfung der Corona-Epidemie die Senioren- und Pflegeheime nicht ausreichend zu beachten.

Die neuesten Entscheidungen von Kanzleramt und Ministerpräsidenten sei regelrecht grotesk, kritisierte Brysch gegenüber Journalisten der Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" für deren Ausgaben vom Freitag. Die Quadratmeterzahl der zu öffnenden Geschäfte werde bundesweit zwar exakt festgelegt. Gleichzeitig würden aber deutschlandweit "keine verbindlichen Kriterien aufgestellt, um pflegebedürftige Heimbewohner zu schützen", sagte er.

In den Heimen lebe zwar die größte Risikogruppe, sie sollten aber selbst Lösungen für ihre Probleme finden. Brysch bemängelte, es sei zwar beschlossen worden, 750 Milliarden Euro für Hilfspakete auszugeben, und auch hinsichtlich der Beatmungsplätze in den Kliniken hätten der Bund und die Länder sich konkrete Vorgaben gemacht, sber sie seien nicht imstande, "sich zu verpflichten, für einen Grundschutz in den 12.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland zu sorgen". Grundschutz bedeute, in den Heimen einen Vorrat an Schutzausrüstung für mindestens zwei Wochen bereitzuhalten. Niemand in der Politik setze sich das Ziel, "dort für Lösungen zu sorgen, wo die Krise am stärksten wirkt", klagte der Patientenschützer. Die betroffenen Menschen würden wieder nur hingehalten. Das sei ein Skandal, "und kurzsichtig ist es obendrein", so Brysch. Im am Mittwoch getroffenen Beschluss von Bund und Ländern heißt es hinsichtlich der Pflege-, Senioren- und Behindertenheime, diese sollten sowohl Infektionen als auch soziale Isolation verhindern. Außerdem wird en Einrichtungen dazu geraten, mit entsprechenden Experten Hygienekonzepte zu entwerfen. "Für das, was fehlt, müssen wir nicht auf neue Konzepte und Spezialisten warten", sagte Brysch. Das alles sei bereits seit Monaten bekannt. In der aktuellen Krisensituation brauche man "keine Power-Point-Präsentation, sondern eine dauerhafte Grundversorgung" und genug Personal. Das beste und neueste Konzept nütze nichts, wenn die Voraussetzungen nicht gegeben seien.

Der Patientenschützer forderte von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die schnelle Schaffung einer gesetzliche Grundlage, die es gestatte, Krankenhauspersonal aushilfsweise auch in Pflegeheimen einzusetzen. Niemand könne verstehen, warum medizinisch-pflegerisch ausgebildetes Personal nicht dort arbeiten könne, wo jetzt dringend Hilfe gebraucht werde, sagte Brysch. Dies gehe schon deshalb nicht, weil die Pflege- und die Krankenversicherung rechtlich und organisatorisch voneinander getrennt seien. Wenn der Gesundheitsminister mutig sei, könne er sofort ein entsprechendes Gesetz vorlegen und damit "sicherstellen, dass zumindest in Notlagen der Einsatz und die Finanzierung von Gesundheitspersonal aus anderen Bereichen" geregelt sei.

Spätestens jetzt, in der momentanen Krise, werde deutlich, dass die Pflegeversicherung dringend zu einer Vollversicherung aufgewertet werden müsse, erklärte Brysch den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland".

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz, ehemals Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, ist eine Organisation zur Vertretung der Interessen schwerstkranker, pflegebedürftiger und sterbender Menschen. Sie wurde 1995 vom Malteserorden gegründet.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, RSM

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