Pop, Schlager

Als Brite machte er deutschen Schlager zu seiner Spezialität, obwohl er gar nicht Deutsch sprach.

18.09.2023 - 20:49:17

«Abschied ist ein scharfes Schwert»: Roger Whittaker ist tot. Roger Whittaker feierte mit seiner Musik aber nicht nur in Deutschland große Erfolge.

«Abschied ist ein scharfes Schwert, das oft so tief ins Herz dir fährt», heißt es in einem der größten Hits von Roger Whittaker. «Einmal geht auch die schönste Zeit vorbei.» Schon vor Jahren zog sich der britische Sänger und Songwriter, der in Deutschland seine treuesten Fans hatte, aus der Öffentlichkeit zurück.

Nun ist er im Alter von 87 Jahren gestorben. Das teilte Whittakers Plattenfirma Sony Music der Deutschen Presse-Agentur am Montag mit. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet.

Mehr als 25 Alben veröffentlichte der Mann mit der sanften Baritonstimme in Deutschland. Seine Spezialität: eingängige Balladen und Wohlfühl-Schlager. Zu Whittakers größten Erfolgen zählen «Albany» (1981) und «The Last Farewell» (1971), das erst mit ein paar Jahren Verzögerung ein internationaler Hit wurde. Später nahmen viele andere Künstler, darunter Elvis Presley, Whittakers Lied auf.

Viele Songs in deutscher Sprache

Aufgrund seiner Popularität in Deutschland nahm der Brite viele Songs in deutscher Sprache auf. Weil er nicht wirklich Deutsch sprach, behalf er sich mit Lautschrift. Die Umlaute machten ihm allerdings zu schaffen. «Das schlimmste deutsche Wort ist Zärtlichkeit», scherzte er 2012 im «BamS»-Interview. «Also rein phonetisch natürlich.» Für sein Lebenswerk wurde der britische Gentleman des deutschen Schlagers mit der «Platin-Stimmgabel» und der «Krone der Volksmusik» geehrt.

Wer in den 1970er und 80er Jahren groß wurde, hörte die Musik von Roger Whittaker - manche sprachen von Schnulzen - vielleicht eher unfreiwillig bei den Eltern oder Großeltern. Häufig war er in der ZDF-Hitparade und in anderen TV-Unterhaltungsshows zu Gast. Mit Beginn der 80er hatte er seinen Stil auf den deutschen Schlager ausgerichtet. So sang er 1986: «Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma, ein bisschen Chichi brauch ich heute, Chérie!» Im Nachhinein entwickelte der Song als Partyhit einen gewissen Kultstatus.

Roger Whittaker war 1936 als Sohn englischer Einwanderer in Nairobi zur Welt gekommen, als Kenia eine britische Kolonie war. Nach dem Militärdienst, einem abgebrochenen Medizinstudium und einem Job als Lehrer zog es ihn nach Europa, wo er in Wales ein Studium absolvierte. Er finanzierte das mit Auftritten als Sänger in Clubs und Kneipen. Schließlich entschied sich der studierte Zoologe, Meeresbiologe und Biochemiker, die Musik zum Beruf zu machen.

Zu seinem Stil fand Roger Whittaker erst nach ein paar Jahren. Die erste Single «The Charge Of The Light Brigade» von 1962 war noch eine pompöse Country-Nummer. Das komplett gepfiffene Instrumentalstück «Mexican Whistler» wurde 1967 sein erster Hit in Großbritannien. Zwei Jahre später gelang ihm mit der Ballade «Durham Town» der Durchbruch. Lieder wie «The Last Farewell» oder «Indian Lady» machten Roger Whittaker bald auch in anderen Ländern populär. Sein berühmtester Fan war der frühere US-Präsident George H. W. Bush, der ihn zu sich einlud und auf dessen Goldener Hochzeit Whittaker sang.

Wie der freundliche Herr von nebenan

Wie ein Popstar wirkte Whittaker nie. Mit Henriquatre-Bart, Jackett, Brille und den seit den 80ern ergrauten Haaren wirkte er wie der freundliche Herr von nebenan. Dieses sympathische und authentische Image passte zu seiner Musik. Der Bart erfüllte übrigens einen praktischen Zweck. «Früh in meiner Karriere hab ich mich im Fernsehen gesehen und gedacht: Mit diesem Gesicht wird das nichts», erzählte Whittaker 2014 dem «Daily Express». «Also habe ich mir den Bart wieder wachsen lassen, den ich schon in der Universität hatte.»

Seinem freundlichen und bodenständigen Image wurde Whittaker, der zuletzt in Südfrankreich lebte, auch privat gerecht. Seit 1964 war der Familienmensch und Hundefan mit seiner Frau Natalie verheiratet, die später auch seine Managerin wurde. Er hinterlässt fünf Kinder, mehrere Enkel und Urenkel.

@ dpa.de