Werkbundsiedlung, Wien

Werkbundsiedlung Wien: Geothermie für die Architektur-Ikone

27.11.2025 - 16:29:12

Wien startet die Dekarbonisierung von fünf Häusern der legendären Werkbundsiedlung. Die Mission: raus aus Gas, ohne die historische Substanz zu zerstören. Ein technischer Balanceakt zwischen Denkmalschutz und Klimaneutralität.

In der Wiener Werkbundsiedlung, einem der bedeutendsten Zeugnisse der architektonischen Moderne in Europa, hat diese Woche ein neues Kapitel begonnen. Die WISEG (Wiener Substanzerhaltungsg.m.b.H.) startete die thermische Innensanierung bei fünf ausgewählten Objekten. Gleichzeitig erfolgt die Umstellung auf erneuerbare Energien.

Das Projekt gilt als Lackmustest: Können auch streng geschützte Bauten einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten?

Das Kernstück der Arbeiten ist die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Wo bisher Gasheizungen für Wärme sorgten, reguliert künftig Erdwärme das Raumklima. Die technische Lösung ist so innovativ wie diskret: Um das äußere Erscheinungsbild nicht zu beeinträchtigen, bohrt man 110 Meter tiefe Erdsonden.

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Diese Sonden speisen Wärmepumpen, die das neue Energiesystem antreiben. Im Inneren setzen die Planer auf Lehmbauplatten für Decken- und Wandheizungen. Die Wahl ist kein Zufall: Lehm reguliert die Feuchtigkeit natürlich und schützt die historische Bausubstanz vor Schäden. Ergänzt wird das System durch gebläseunterstützte Heizkörper und kontrollierte Wohnraumlüftung.

Auch der Strom kommt teilweise vom eigenen Dach. Photovoltaikanlagen inklusive Batteriespeicher werden so installiert, dass sie von der Straße aus kaum sichtbar sind. Die ästhetische Integrität der Flachdach-Architektur bleibt gewahrt.

Fünf Adressen, ein Jahrhundert Geschichte

Die Maßnahmen konzentrieren sich auf die Veitingergasse 71, 77, 83, 91 sowie den Engelbrechtweg 11. Diese Gebäude repräsentieren die Vision der Bauausstellung von 1932. Architekten wie Hugo Häring, Richard Bauer, Josef Hoffmann, André Lurçat und Anton Brenner schufen hier ihre Meisterwerke.

Die Herausforderung liegt in der Detailtreue: Historische Oberflächen werden freigelegt, nicht-originale Zubauten der letzten Jahrzehnte entfernt. Gleichzeitig müssen die Gebäude den Wohnkomfort von heute bieten. Vier Objekte erhalten eine umfassende Innensanierung und Dekarbonisierung, bei einem weiteren wird primär die Fassade saniert.

Die Bauarbeiten, die im Oktober 2025 begannen, sollen bis Juli 2026 abgeschlossen sein.

„Belebte Architekturgeschichte”

Für die Stadt Wien ist das Projekt mehr als nur eine Renovierung – es ist ein politisches Statement.

„Die Werkbundsiedlung ist belebte Architekturgeschichte. Denn hier wohnen Familien und das ist für uns in Wien auch entscheidend”, betonte Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál. „Nach der großen Sanierung des Gebäudebestandes wird jetzt begonnen, die Werkbundsiedlung originalgetreu innen zu sanieren und auf erneuerbare Energien umzustellen.”

Josef Wiesinger, Geschäftsführer der WISEG, unterstrich die Bedeutung: „Die Werkbundsiedlung ist seit 1932 eine Ikone der Moderne in Österreich. Damals als mustergültiges Beispiel für ‚neues Wohnen’ konzipiert, ist sie heute architektonisches Erbe.”

Die Hietzinger Bezirksvorsteherin Johanna Zinkl begrüßte die Investition: „Als Bezirksvorsteherin freue ich mich, dass mit der Werkbundsiedlung eine Sehenswürdigkeit des Bezirks weiter saniert und zunehmend mit nachhaltiger Energie versorgt wird.”

Europäisches Kulturerbe trifft Klimaziele

Die Werkbundsiedlung Wien trägt seit 2020 das Europäische Kulturerbe-Siegel. Diese Auszeichnung würdigt ihre Rolle als Manifest des sozialen und ästhetischen Aufbruchs im Europa der Zwischenkriegszeit.

Das aktuelle Projekt ordnet sich in die Strategie der Stadt Wien ein, bis 2040 klimaneutral zu werden. Der Gebäudesektor spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Sanierung demonstriert, dass „Raus aus Gas” nicht vor komplexen Bestandsbauten haltmachen muss.

Die Kombination aus Geothermie und Lehmbau könnte als Blaupause für andere geschützte Bauten dienen. Gerade dort, wo herkömmliche Wärmedämmverbundsysteme an Fassaden verboten sind, zeigt Wien einen Weg auf.

Fertigstellung im Sommer 2026

Mit dem geplanten Abschluss der Arbeiten im Juli 2026 werden die sanierten Häuser wieder dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. Die WISEG agiert nicht nur als Bauträger, sondern auch als Verwalter. Sie stellt sicher, dass die Mieten trotz hochwertiger Sanierung im Rahmen des geförderten Wohnbaus leistbar bleiben.

Sollte sich das Pilotprojekt mit den Tiefensonden und Lehmbauplatten im Betrieb bewähren, könnte dies den Weg für die Dekarbonisierung der restlichen gasbeheizten Häuser ebnen. Fürs Erste wird im Sommer 2026 in der Veitingergasse und im Engelbrechtweg die Zukunft einziehen – in Wände, die fast 100 Jahre Geschichte atmen.

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