Taskforce Betriebsnachfolge: 705.000 Jobs in Gefahr
10.12.2025 - 11:31:12Eine staatliche Expertengruppe soll die hohe Zahl gescheiterter Unternehmensübergaben in Österreich eindämmen. Erste Maßnahmen wie eine verlängerte Schonfrist für Nachfolger sind bereits beschlossen.
Österreich startet Rettungsmission für gefährdete Betriebe. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und die Wirtschaftskammer haben eine hochkarätige Expertengruppe ins Leben gerufen. Die Zahlen sind alarmierend: In den nächsten zehn Jahren stehen 52.500 Unternehmen zur Übergabe an – oft ohne Nachfolger in Sicht.
Die demografische Welle rollt. Fast ein Viertel aller Arbeitgeber in Österreich sucht in den kommenden Jahren einen Nachfolger. Scheitert der Generationenwechsel, droht ein massiver Verlust an Wirtschaftskraft – besonders in ländlichen Regionen, wo Traditionsbetriebe ganze Täler wirtschaftlich tragen.
Allein 2024 wechselten 7.800 Betriebe den Eigentümer – Rekord. Doch die Dunkelziffer der gescheiterten Übergaben ist hoch: 40 Prozent aller Nachfolgeversuche scheitern derzeit, wie eine aktuelle Analyse von BDO Austria zeigt.
Fünf Jahre Schonfrist für Nachfolger
Die zehnköpfige Taskforce aus Wirtschaftsexperten, Juristen und Wissenschaftlern soll konkrete Hürden beseitigen. Erste Erfolge gibt es bereits: Die sogenannte “Grace Period” wird von drei auf fünf Jahre verlängert.
Was bedeutet das konkret? Junge Betriebsübernehmer erhalten mehr Zeit, sich einzuarbeiten. In dieser Schonfrist bleiben Sanktionen bei kleineren Verwaltungsverstößen aus, sofern die Probleme behoben werden. “Erfolgreiche Übergaben entscheiden darüber, ob Lehrstellen und Know-how im Land bleiben”, erklärt Hattmannsdorfer.
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Die Gewerbeordnung steht ebenfalls auf dem Prüfstand. Ziel: rechtssichere, schnellere Übergabeprozesse ohne bürokratische Fallstricke.
Tourismus besonders betroffen
Die Gastro- und Hotelbranche trifft die Übergabewelle mit voller Wucht. 2024 suchten allein:
- 1.600 Gastronomiebetriebe einen Nachfolger
- 300 Hotels einen neuen Eigentümer
“Ein Wirtshaussterben darf nicht zur neuen Normalität werden”, warnt Susanne Kraus-Winkler von der Bundessparte Tourismus. Das Problem: Viele Wirte-Kinder wollen nicht mehr ins Geschäft der Eltern. Die Sieben-Tage-Woche im Gasthaus passt nicht mehr zu modernen Lebensentwürfen.
Die Taskforce entwickelt deshalb alternative Modelle. Management-Buy-Outs, bei denen langjährige Mitarbeiter den Betrieb übernehmen, sollen attraktiver werden.
Warum Übergaben scheitern
Die Hürden sind oft nicht finanzieller Natur. Die BDO-Analyse benennt die häufigsten Stolpersteine:
- Emotionale Konflikte in der Familie
- Unrealistische Preisvorstellungen der Alteigentümer
- Mangelhafte Vorbereitung und fehlende Mediationsangebote
Besonders kritisch: Die abgebende Generation will ihr Lebenswerk monetarisieren, während potenzielle Nachfolger eine wirtschaftlich tragfähige Basis für die Zukunft brauchen. Diese Schere geht oft nicht auf.
Die Taskforce prüft nun, wie Beratungsangebote für die “weichen Faktoren” einer Übergabe besser gefördert werden können. Mediationen und psychologische Begleitung könnten künftig zum Standard werden.
Erste Gesetze im Frühjahr 2026
Die Expertengruppe arbeitet zunächst zwei Jahre lang. Konkrete Gesetzesvorschläge zur weiteren Entbürokratisierung werden für das erste Quartal 2026 erwartet.
Marktbeobachter sehen die Initiative als längst überfällig. Deutschland arbeitet bereits seit Jahren an ähnlichen Reformen. Österreich zieht nun nach – und muss sich beeilen. Die Übergabestatistik 2026 wird zeigen, ob die Maßnahmen greifen.
Für den Wirtschaftsstandort steht viel auf dem Spiel. In einer Zeit, in der Neugründungen oft riskanter sind als die Fortführung bewährter Geschäftsmodelle, gilt die Sicherung bestehender Betriebe als effizientester Weg zur Beschäftigungsstabilität. Die Taskforce hat genau zwei Jahre Zeit, um zu beweisen, dass sie mehr ist als ein politisches Symbol.
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