Mindeststeueranpassungsgesetz, Digital-Zwang

Mindeststeueranpassungsgesetz verschiebt Digital-Zwang für Steuerbescheide

27.12.2025 - 01:00:12

Deutsche Unternehmen gewinnen ein Jahr Vorlaufzeit für die vollständige Digitalisierung der Steuerverwaltung. Ein letztminütiger Gesetzeszusatz hat den verbindlichen „Digital First“-Standard für Steuerbescheide von 2026 auf 2027 verschoben. Doch ab nächster Woche gilt bereits eine entscheidende neue Regel.

Während der Bundesrat dem Mindeststeueranpassungsgesetz am 19. Dezember zustimmte, wurde im letzten Moment die strikte Pflicht zur ausschließlich digitalen Übermittlung von Bescheiden gestreckt. Für das Steuerjahr 2026 bleibt die elektronische Zustellung im Ermessen des lokalen Finanzamts. Die Behörden dürfen digital versenden, müssen es aber noch nicht. Diese „weiche Einführung“ soll Verwaltung und Steuerpflichtigen zwölf weitere Monate zur Anpassung geben – besonders jenen mit komplexen ERP-Systemen.

§ 122a AO: Die stillschweigende Zustimmung

Trotz der Aufschiebung tritt zum 1. Januar 2026 eine fundamentale Rechtsänderung in Kraft. Die geänderte Abgabenordnung (§ 122a AO) streicht die bisher erforderliche ausdrückliche Einwilligung des Steuerpflichtigen für den digitalen Versand.

Bisher konnte ein Finanzamt nur dann einen Bescheid elektronisch übermitteln, wenn der Empfänger explizit zugestimmt hatte. Ab Mittwoch ist keine Zustimmung mehr nötig. Stellt ein Unternehmen seine Erklärung elektronisch ein – etwa über ELSTER –, darf die Behörde rechtmäßig rein digital antworten. Compliance-Abteilungen müssen ihre internen Prozesse sofort anpassen. Die Annahme „Wir haben nicht zugestimmt, also kommt ein Brief“ ist ab nächster Woche obsolet.

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Die Hybrid-Falle: Zwei Fristen für 2026

Eine kritische Neuerung betrifft die Berechnung des Bekanntgabedatums, von dem die Einspruchsfrist von einem Monat läuft. Ab Januar 2026 gelten unterschiedliche Regeln:

  • Digitale Bescheide: Sie gelten am vierten Tag nach Bereitstellung im Portal als zugestellt.
  • Papierbescheide: Hier bleibt die traditionelle „Drei-Tage-Regel“ (drei Tage nach Aufgabe zur Post) bestehen.

Diese Abweichung birgt Risiken für automatisierte Fristenmanagementsysteme. Software, die pauschal mit der Drei-Tage-Regel rechnet, könnte die Deadline für digitale Dokumente um einen Tag falsch berechnen. In der hybriden Übergangsphase 2026 müssen Unternehmen beide Zustellwege parallel im Blick behalten.

Öffentliche Zustellung: Schon heute digital

Parallel zur individuellen Benachrichtigung schreitet die Modernisierung der Öffentlichen Zustellung voran. Dieses spezielle Verfahren greift, wenn der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist.

Wie aktuelle Updates etwa des Münchner Finanzamts zeigen, haben Behörden in Bayern und Hessen den Wechsel von schwarzen Brettern zu digitalen Portalen bereits vollzogen. Öffentliche Bekanntmachungen werden nun routinemäßig auf staatlichen Websites veröffentlicht. Für Insolvenzverwalter oder Unternehmen, die angeschlagene Assets übernehmen, wird die Prüfung dieser digitalen Aushänge zu einem essenziellen Schritt in der Due Diligence.

Ausblick: Die Gnadenfrist nutzen

Die Atempause durch das Mindeststeueranpassungsgesetz ist temporär. Der verbindliche „Digital by Default“-Standard kommt 2027.

Drei Schritte für Januar 2026:

  1. Hybride Kanäle überwachen: Erwarten Sie eine Mischung aus Papier und digitalen Bescheiden. Behalten Sie die physische Post im Prozess, prüfen Sie aber täglich die digitalen Postfächer.
  2. Fristenberechnung anpassen: Stellen Sie sicher, dass interne Systeme zwischen der Drei-Tage- (Papier) und der Vier-Tage-Regel (digital) unterscheiden.
  3. Auf Widerspruch vorbereiten: Die „Widerspruchslösung“, die Papierzustellung auf Antrag ermöglicht, wird 2026 voraussichtlich noch nicht bundesweit einheitlich funktionieren.

Das Übergangsjahr 2026 bietet die Chance, digitale Schnittstellen unter realen Bedingungen zu testen – ohne dass der Papierweg sofort abgeschnitten wird. Eine Gelegenheit, die Unternehmen für den unausweichlichen Digital-Zwang 2027 nutzen sollten.

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