Microsoft, Preisschraube

Microsoft dreht an der Preisschraube – und startet Frontalangriff auf den Mittelstand

06.12.2025 - 00:20:12

In einer entscheidenden Woche für den KI-Markt hat Microsoft seine Strategie radikal neu ausgerichtet. Während kommerzielle Microsoft 365-Kunden ab Mitte 2026 tiefer in die Tasche greifen müssen, lockt der Konzern kleine und mittlere Unternehmen mit einem aggressiven Billigangebot. Die Botschaft ist klar: Die Ära der KI-Hardware-Euphorie ist vorbei – jetzt wird mit Software Geld verdient.

Die zwischen dem 2. und 4. Dezember verkündeten Ankündigungen markieren einen Kurswechsel. Statt weiter auf KI-PCs zu setzen, fokussiert sich Microsoft auf “Agentic AI” – autonome digitale Assistenten, die eigenständig Aufgaben erledigen. Gleichzeitig rückt Europa ins Zentrum der Strategie, nicht zuletzt wegen strenger Datenschutzauflagen.

Am 4. Dezember machte Microsoft die Preiserhöhung offiziell: Ab 1. Juli 2026 werden kommerzielle Microsoft 365-Abonnements teurer. In einem Blogpost mit dem Titel “Advancing Microsoft 365” kündigte der Konzern an, dass bestimmte Business-Tarife um bis zu 2,50 Euro pro Nutzer und Monat steigen werden.

Die Begründung? Neue KI- und Sicherheitsfunktionen, die den Mehrpreis rechtfertigen sollen. Nicole Herskowitz, Vizepräsidentin für Microsoft 365, verwies auf die wachsenden Cyberbedrohungen: “Unternehmen und öffentliche Einrichtungen stehen vor immer komplexeren Sicherheitsherausforderungen.”

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Was Kunden für ihr Geld bekommen:

  • Aufgebohrter Copilot Chat: Versteht nun Postfach- und Kalenderinhalte und erledigt Aufgaben autonom.
  • Agent-Modus: KI-Assistenten arbeiten direkt in Word, Excel und PowerPoint mit.
  • Demokratisierte Sicherheit: Microsoft Defender für Office 365 (Plan 1) wird in E3-Tarifen standardmäßig integriert – bisher war das Premium-Kunden vorbehalten.
  • Security Copilot: E5-Kunden erhalten in den kommenden Monaten KI-gestützte Bedrohungsanalyse ohne Aufpreis.

Kampfansage an SAP und Co: 21 Dollar für den Mittelstand

Während Großkunden mehr zahlen sollen, unterbietet Microsoft im Mittelstandssegment brutal die eigenen Preise. Am 2. Dezember kündigte der Konzern Microsoft 365 Copilot Business an – verfügbar für 18,50 Euro pro Nutzer und Monat.

Das ist ein Frontalangriff auf zögerliche mittelständische Betriebe, die bisher vor teuren Copilot-Lizenzen zurückschreckten. Das Angebot beinhaltet KI-Features auf Unternehmens-Niveau für Teams, Outlook und Co., angetrieben von “Work IQ” – einer Intelligenzschicht, die die KI mit unternehmenseigenen Daten füttert, um Halluzinationen zu reduzieren und Relevanz zu erhöhen.

Für deutsche Mittelständler, die mit SAP-Lösungen oder lokalen ERP-Systemen arbeiten, könnte das Angebot verlockend sein. Die Frage bleibt: Werden sie Microsoft trauen, ihre sensiblen Geschäftsdaten in die Cloud zu geben?

Europa wird zur KI-Festung ausgebaut

CEO Satya Nadella machte am 2. Dezember eine bemerkenswerte Ansage: Europa sei “kritisch” für Microsofts KI-Zukunft. Der Konzern plant massive Investitionen in Deutschland und der gesamten EU, um “KI-Fabriken” und Cloud-Rechenzentren aufzubauen.

Hinter dieser “Europa-zuerst”-Strategie steckt Kalkül. Mit dem EU AI Act und strengen Datensouveränitäts-Anforderungen muss Microsoft zeigen, dass Kundendaten innerhalb der EU-Grenzen bleiben. Besonders regulierte Branchen wie Finanzwesen, Gesundheitswesen und Behörden verlangen genau das.

Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Microsoft baut lokale Infrastruktur aus, um Vertrauen zu schaffen. Ob das reicht, um skeptische Datenschutzbeauftragte zu überzeugen, bleibt abzuwarten.

Ernüchterung bei KI-PCs: Der Hardware-Boom blieb aus

Der Software-Fokus kommt nicht von ungefähr. Der Markt für KI-PCs hinkt den Prognosen hinterher. Eine Gartner-Analyse vom August 2025 revidierte die Erwartungen drastisch nach unten: Statt der prognostizierten 43 Prozent Marktanteil erreichten KI-fähige Rechner Ende 2025 nur 31 Prozent – etwa 78 Millionen Geräte.

Schuld sind globale Zölle und Marktunsicherheit, die Unternehmen dazu brachten, Hardware-Investitionen aufzuschieben. Allerdings sieht Gartner für 2026 eine Erholung voraus: 55 Prozent Marktanteil, rund 143 Millionen Einheiten.

Microsoft setzt offenbar darauf, dass die Preiserhöhung im Juli 2026 genau dann greift, wenn genug NPU-ausgestattete PCs im Umlauf sind, um die neuen “Agentic”-Features zu nutzen. Ein riskantes Timing – oder ein clever kalkulierter Schachzug?

Von Chatbots zu digitalen Angestellten

Der rote Faden durch alle Ankündigungen: Microsoft verabschiedet sich von “generativer” KI (Chatbots, die Texte schreiben) und setzt auf “Agentic AI” – Systeme, die eigenständig arbeiten. Nach der Vorstellung der “Agent 365”-Plattform im November beim Ignite-Event sollen nun Preise und Funktionen so gestaltet werden, dass digitale Mitarbeiter monetarisiert werden können.

Diese KI-Agenten sollen Lieferketten managen, Rechnungen verarbeiten und Sicherheitsbedrohungen klassifizieren – autonom und ohne menschliches Zutun. “Wir bewegen uns von einer Welt, in der Sie mit KI chatten, zu einer Welt, in der KI in Ihrem Auftrag handelt”, fassen Branchenbeobachter zusammen.

Ob Unternehmen bereit sind, für digitale Angestellte einen Aufpreis zu zahlen, wird sich ab Mitte 2026 zeigen. Microsoft jedenfalls wettet darauf, dass KI, die nicht nur antwortet, sondern tatsächlich Arbeit erledigt, ihren Preis wert ist.

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