Microsoft, Windows

Microsoft baut Windows 11 zur KI-Plattform um

21.11.2025 - 20:59:12

Microsoft verschmilzt seinen KI-Assistenten mit dem Betriebssystem selbst. Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?

Diese Woche hat der Konzern auf der Ignite-Konferenz 2025 tiefgreifende Integrationen vorgestellt: Copilot nistet sich nun direkt im Datei-Explorer ein und ein systemweiter „Schreibassistent” greift in jedes Textfeld ein – vom Browser bis zur Legacy-Anwendung. Microsoft spricht von einem „agentischen Betriebssystem”, in dem KI nicht länger Beiwerk ist, sondern zur Grundarchitektur gehört.

Für IT-Abteilungen dürfte das spannend werden. Denn während die Produktivitätsversprechen verlockend klingen, werfen die neuen Funktionen ernste Fragen zur Datenkontrolle auf.

Die auffälligste Neuerung: Copilot erscheint jetzt direkt im Home-Tab des Datei-Explorers. Wer mit der Maus über eine Datei fährt – Word-Dokument, PDF, Tabelle –, kann per Klick KI-Aktionen auslösen, ohne die Datei zu öffnen.

Im Gegensatz zu früheren Varianten, die im Kontextmenü versteckt waren, prangt die Option „Microsoft 365 Copilot fragen” nun zentral im Interface. Die Funktion generiert Zusammenfassungen, extrahiert Schlüsselinformationen oder beantwortet gezielte Fragen zum Inhalt. Das Feature läuft bereits in den Windows-Insider-Kanälen und nutzt die mandantenfähige Microsoft-365-Infrastruktur, um auf geschützte Unternehmensdaten zuzugreifen.

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Klingt praktisch – doch wie sicher ist der Datenfluss zwischen Betriebssystem und Cloud-Verarbeitung wirklich? Darüber müssen Administratoren jetzt nachdenken.

Universeller Schreibassistent macht Drittanbieter überflüssig

Noch weitreichender: Der neue „Universelle Schreibassistent” funktioniert in jedem Textfeld des Systems. Ob LinkedIn-Post, E-Mail im Browser oder alte Desktop-Anwendung – überall kann nun ein kleines Copilot-Fenster mit Korrektur- und Umschreibfunktionen auftauchen.

Die wichtigsten Funktionen:

  • Ton-Vorlagen: Text lässt sich auf Knopfdruck „professionell”, „freundlich” oder „prägnant” umformulieren
  • Kontextbewusstsein: Das Tool arbeitet in jeder editierbaren Eingabemaske
  • Neuberechnung: Passt das Ergebnis nicht, kann der Nutzer den Prompt erneut ausführen lassen

Auf Copilot+-PCs mit leistungsstarken Neural Processing Units funktionieren grundlegende Korrekturen sogar offline – ein Zugeständnis an Datenschutzbedenken und Latenzprobleme.

Doch was bedeutet es, wenn das Betriebssystem permanent „mitliest”? Für Grammatik-Tools wie Grammarly oder LanguageTool könnte das existenzbedrohend werden.

Taskleiste wird zur Agenten-Zentrale

Auf der Ignite präsentierte Microsoft zudem eine überarbeitete „Copilot fragen”-Funktion in der Taskleiste. Sie dient als zentrale Steuerung für KI-Agenten, die autonom komplexe Aufgaben im Hintergrund erledigen.

Nutzer können etwa Troubleshooting- oder Recherche-Agenten starten, die selbstständig arbeiten, während man sich anderen Dingen widmet. Microsoft öffnet die Plattform auch für Drittanbieter – ein strategischer Schachzug, um Entwickler ans Windows-Ökosystem zu binden.

Die Botschaft ist unmissverständlich: 2024 ging es darum, den Chatbot einzuführen. 2025 wird der Agent zum integralen Bestandteil des Workflows.

Datenschutz trifft auf Produktivitätsversprechen

Die Verschmelzung von KI und Dateiverwaltung folgt einer klaren Logik: Weniger Klicks bedeuten höhere Akzeptanz, besonders im Unternehmensumfeld. Wer einen Finanzbericht nicht erst öffnen muss, um ihn zusammenzufassen, spart Zeit.

Doch Microsofts „Doppel-Copilot-Strategie” – ein System-Copilot plus ein mandantenbasierter Microsoft-365-Copilot – erzeugt Komplexität. IT-Verantwortliche müssen genau verstehen, welche Daten wo verarbeitet werden. Besonders der Universelle Schreibassistent liest schließlich in beliebigen Anwendungen mit.

Branchenbeobachter sehen darin Microsofts Antwort auf Apples „Apple Intelligence”-Schreibwerkzeuge – allerdings mit stärkerem Fokus auf Unternehmensdaten durch den Microsoft-365-Graph. Für deutsche Firmen mit strengen DSGVO-Anforderungen bleibt die Frage: Wie transparent ist dieser Datenfluss wirklich?

Was kommt als Nächstes?

Die neuen Funktionen rollen derzeit für Windows Insider aus, die allgemeine Verfügbarkeit ist für Anfang 2026 geplant. Allerdings sind Hardware- und Lizenzbarrieren zu erwarten: Erweiterte Offline-Fähigkeiten bleiben Copilot+-PCs vorbehalten, die tiefe Datei-Explorer-Integration erfordert eine kommerzielle Microsoft-365-Copilot-Lizenz.

In den kommenden Wochen dürften weitere Details zur Einbindung von Drittanbieter-Agenten folgen, nachdem Microsoft auf der Ignite neue APIs vorgestellt hat.

Klar ist: Microsoft baut Windows nicht mehr als neutrales Werkzeug, sondern als KI-gesteuerte Plattform. Ob Unternehmen diesem Kurs folgen, hängt davon ab, ob das Produktivitätsversprechen die Kontrollverluste aufwiegt.

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