Beschuss, KI-Regulierung

Meta unter Beschuss: EU verschärft KI-Regulierung dramatisch

09.12.2025 - 23:14:11

Die EU leitet ein Kartellverfahren gegen Meta ein und schlägt mit dem Digital Omnibus flexiblere Fristen für Hochrisiko-KI vor, während die Durchsetzung der KI-Verordnung beginnt.

Die Europäische Union dreht die Daumenschrauben an: Innerhalb von nur 72 Stunden hat Brüssel sowohl eine Kartelluntersuchung gegen Meta eingeleitet als auch weitreichende Gesetzesänderungen vorgelegt. Was bedeutet das für Unternehmen, die künstliche Intelligenz einsetzen? Während viele noch mit den seit August geltenden GPAI-Regeln kämpfen, verschieben sich bereits die nächsten Compliance-Fristen – und die Kommission zeigt erstmals ihre Zähne.

Die Botschaft ist unmissverständlich: Wer glaubte, die KI-Verordnung sei bloß Papiertiger, wird gerade eines Besseren belehrt.

WhatsApp im Visier der Wettbewerbshüter

Am Sonntag verkündete die EU-Kommission die Eröffnung einer formellen Kartelluntersuchung gegen Meta. Der Vorwurf wiegt schwer: Der Konzern soll konkurrierende KI-Anbieter systematisch vom Zugang zu WhatsApp-Business-Funktionen ausschließen und damit das eigene KI-Ökosystem bevorzugen.

Konkret geht es um die WhatsApp Business Solution. Laut Kommission könnte Meta seine marktbeherrschende Stellung missbrauchen, indem externe KI-Assistenten nicht in die Plattform integriert werden dürfen. In einem hart umkämpften Sektor wie der künstlichen Intelligenz könnte dies den Wettbewerb erheblich verzerren.

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„Wir müssen sicherstellen, dass europäische Bürger und Unternehmen von dieser technologischen Revolution vollständig profitieren können”, betonte die Kommission. Meta weist die Anschuldigungen als „unbegründet” zurück und verweist auf Infrastrukturbedenken.

Die eigentliche Sprengkraft dieser Untersuchung liegt woanders: Sie zeigt, dass Brüssel KI-Verordnung und Kartellrecht aktiv verzahnt. Compliance bedeutet künftig nicht nur Sicherheitsprüfungen, sondern auch fairen Marktzugang. Wer glaubte, sich hinter technischen Argumenten verschanzen zu können, wird aufhorchen müssen.

Digital Omnibus: Fristen auf der Kippe

Während die Ermittler aktiv werden, gerät der Zeitplan für Hochrisiko-KI-Systeme ins Wanken. Eigentlich sollten die entsprechenden Verpflichtungen im August 2026 greifen – doch der sogenannte „Digital Omnibus”, ein umfassender Gesetzesvorschlag der Kommission, könnte alles ändern.

Juristen und Branchenexperten analysieren seit Tagen das Ende November vorgelegte Paket. Der entscheidende Kniff: Der Omnibus will die Anwendung der Hochrisiko-Regeln nicht mehr an ein festes Datum, sondern an die Verfügbarkeit harmonisierter Standards koppeln. Die Pflichten würden demnach erst sechs bis zwölf Monate nachdem die Kommission passende Standards bestätigt hat, wirksam.

„Der Omnibus führt eine Verschiebung bei der Anwendung zentraler Anforderungen ein”, erklärten Rechtsexperten von White & Case am 5. Dezember. „Statt eines festen Stichtags hängen die Verpflichtungen nun von der Verfügbarkeit harmonisierter Standards ab.”

Für Unternehmen bedeutet das Fluch und Segen zugleich: Verzögern sich die Standards, winkt eine faktische Gnadenfrist. Gleichzeitig wird die Compliance-Deadline zum beweglichen Ziel. Experten raten, trotzdem auf August 2026 zu zielen, aber das Gesetzgebungsverfahren genau zu verfolgen. Einzelne Systemkategorien könnten erst 2027 oder 2028 unter die volle Regelung fallen.

Gigafactories und Whistleblower: Zuckerbrot neben der Peitsche

Nicht alles ist Zwang und Kontrolle. Anfang Dezember präsentierte die Kommission auch Unterstützungsmaßnahmen, die europäische KI-Entwicklung ankurbeln sollen.

Am 4. Dezember kündigten Kommission und Europäische Investitionsbank (EIB) eine Partnerschaft für „KI-Gigafabriken” an. Die Initiative zielt darauf ab, europäischen Unternehmen die nötige Rechenleistung und Infrastruktur bereitzustellen, um regelkonforme Hochleistungsmodelle zu entwickeln. Besonders Start-ups sollen davon profitieren – die strengen Anforderungen der KI-Verordnung dürfen Innovation nicht ersticken.

Ergänzt wird dies durch ein neues Whistleblower-Tool, das am 24. November offiziell startete. Über die Plattform können Hinweisgeber anonym nicht-konforme KI-Systeme melden. Ein dezentraler Überwachungsmechanismus, der das Reputationsrisiko für Regelbrecher drastisch erhöht.

Status quo: Was jetzt wirklich gilt

Zum 9. Dezember 2025 müssen Unternehmen ein gestaffeltes Compliance-System beherrschen:

  • Verbotene Praktiken: Das Verbot von KI mit „inakzeptablem Risiko” – etwa Social Scoring oder biometrische Kategorisierung – ist seit Februar 2025 vollständig durchsetzbar.

  • General-Purpose AI (GPAI): Die Regeln für allgemeine KI-Modelle, einschließlich Transparenz- und Urheberrechtsvorgaben, gelten seit dem 2. August 2025. Anbieter sollten ihre technische Dokumentation und Copyright-Richtlinien längst implementiert haben.

  • Hochrisiko-Systeme: Trotz möglicher Verzögerung durch den Digital Omnibus bleiben Risikobewertungen, Datenverwaltung und menschliche Aufsicht der anzustrebende Standard.

Ein Knackpunkt bleibt der Verhaltenskodex für GPAI. Nach mehreren Entwurfsrunden 2024 und 2025 arbeitet das KI-Büro mit Hochdruck an der Finalisierung dieser freiwilligen Codes, die Anbietern die Compliance-Nachweise erleichtern sollen.

Was Unternehmen jetzt tun müssen

Die Entwicklungen Anfang Dezember 2025 belegen: Die KI-Verordnung ist kein statisches Gesetz, sondern ein dynamisches Regelwerk. Die Meta-Untersuchung zeigt die Bereitschaft zu konsequenter Durchsetzung, der Digital Omnibus demonstriert Anpassungsfähigkeit an technische Realitäten.

Für Compliance-Verantwortliche bedeutet das eine Doppelstrategie: Strikte Einhaltung der aktuell geltenden GPAI- und Verbotsregeln – bei gleichzeitiger Flexibilität für Hochrisiko-Vorbereitungen, deren Zeitplan sich verschieben könnte. Wer jetzt abwartet, riskiert böse Überraschungen. Wer sich vorbereitet, gewinnt Handlungsspielraum.

Die EU hat unmissverständlich klargemacht: Regulierung bedeutet nicht nur Regeln aufstellen, sondern auch durchsetzen.


Haftungsausschluss: Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Compliance-Anforderungen können sich aufgrund laufender gesetzgeberischer Entwicklungen ändern.

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