Meta unter Beschuss: EU ermittelt wegen KI-Blockade auf WhatsApp
04.12.2025 - 19:00:12Die Europäische Kommission verschärft den Druck auf Meta: Brüssel untersucht, ob der Tech-Konzern mit neuen WhatsApp-Regeln den Wettbewerb im KI-Markt erstickt. Im Zentrum steht die Frage: Darf Meta seine zwei Milliarden Nutzer für die eigene KI reservieren?
Die am Donnerstag angekündigte Untersuchung richtet sich gegen eine im Oktober 2025 eingeführte Richtlinie, die externen KI-Anbietern den Zugang zu WhatsApp Business drastisch einschränkt. Während Metas hauseigener Assistent “Meta AI” vollen Zugriff auf die Nutzer behält, bleiben Konkurrenten außen vor. Ein klassischer Fall von Marktmachtmissbrauch?
Die neuen Bedingungen für die “WhatsApp Business Solution” setzen klare Grenzen: Drittanbieter dürfen die Plattform nicht nutzen, wenn ihr Hauptgeschäft im Anbieten von KI-Assistenten oder Chatbots besteht. Für neue Anbieter gilt diese Regelung bereits seit 15. Oktober 2025. Bestehende Dienste müssen sich bis 15. Januar 2026 anpassen – oder gehen.
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Die Kommission befürchtet, dass diese Politik konkurrierende KI-Dienste systematisch vom Zugang zu Kunden im Europäischen Wirtschaftsraum abschneidet. Besonders brisant: Unternehmen dürfen KI-Tools zwar für “Hilfsfunktionen” wie automatisierte Kundenservice-Antworten einsetzen, doch sobald die KI-Interaktion selbst das Kernprodukt darstellt, schlägt die Tür zu.
“Die Kommission ist besorgt, dass diese neue Richtlinie Drittanbieter daran hindert, ihre Dienste über WhatsApp im EWR anzubieten”, heißt es in der offiziellen Mitteilung der Brüsseler Behörde.
Meta wehrt sich vehement
Der Konzern aus Menlo Park kontert scharf. Die Vorwürfe seien “unbegründet”, so ein Unternehmenssprecher. Die technische Infrastruktur der WhatsApp Business API sei schlicht nicht für eigenständige KI-Dienste konzipiert worden.
“Das Aufkommen von KI-Chatbots auf unserer Business API belastet unsere Systeme über ihre ursprüngliche Auslegung hinaus”, argumentiert WhatsApp. Der KI-Markt bleibe trotzdem lebendig und offen – Verbraucher könnten auf konkurrierende Dienste über App-Stores, Suchmaschinen, E-Mail-Services und Betriebssysteme zugreifen.
Reicht das als Argument? Die Kommission scheint skeptisch.
Italien ermittelt parallel
Eine ungewöhnliche Wendung: Die Untersuchung erstreckt sich auf den gesamten EWR – mit Ausnahme Italiens. Dort läuft bereits seit Juli 2025 ein eigenes Verfahren der italienischen Wettbewerbsbehörde AGCM, das im November speziell um Metas neue KI-Politik erweitert wurde.
Die italienische Aufsicht prüft derzeit, ob Sofortmaßnahmen angeordnet werden sollen – eine Art einstweilige Verfügung, die Meta zwingen würde, die Richtlinie während der laufenden Untersuchung auszusetzen. Eine Entscheidung könnte innerhalb weniger Wochen fallen und womöglich Signalwirkung für ganz Europa entfalten.
Brüssel betont, eng mit Rom zu koordinieren, um einen einheitlichen Regulierungsansatz im Binnenmarkt zu gewährleisten.
Die neue Wächterin schreitet ein
Die Untersuchung markiert die erste große Tech-Intervention unter Teresa Ribera, der neu ernannten Exekutiv-Vizepräsidentin für sauberen und wettbewerbsfähigen Wandel. Noch am Donnerstag bestätigte sie den Schritt vor dem Europäischen Parlament.
“Wir müssen sicherstellen, dass europäische Bürger und Unternehmen vollständig von dieser technologischen Revolution profitieren können, und verhindern, dass dominante digitale Platzhirsche ihre Macht missbrauchen, um innovative Konkurrenten zu verdrängen”, erklärte Ribera.
Das Verfahren läuft nach klassischem EU-Kartellrecht – konkret nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbietet. Der neuere Digital Markets Act (DMA) kommt hier nicht zur Anwendung. Sollte Meta für schuldig befunden werden, drohen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
Ein hartes Jahr für Meta in Europa
2025 entwickelt sich für den Konzern zum Regulierungsmarathon. Bereits früher im Jahr verhängte die EU eine Strafe von 200 Millionen Euro wegen anderer DMA-Verstöße. Im November folgte ein spanisches Gericht mit einer Rekordstrafe von 479 Millionen Euro wegen Verletzungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Mit der aktuellen Untersuchung zielt Brüssel auf die Schnittstelle zwischen Messaging-Dominanz und dem boomenden KI-Markt. Die zentrale These: Wenn etablierte Plattformen wie WhatsApp ihre Türen für Rivalen verschließen, können sie den Wettbewerb in angrenzenden Märkten wie generativer KI systematisch ersticken – die sogenannte “Gatekeeper”-Theorie, die das Herzstück der jüngsten EU-Tech-Politik bildet.
Was jetzt kommt
Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens präjudiziert das Ergebnis nicht, und es gibt keine gesetzliche Frist für den Abschluss von Kartelluntersuchungen. Doch die Uhr tickt: Für Drittanbieter rückt der 15. Januar 2026 bedrohlich näher – der Stichtag, an dem die neuen Regeln vollständig greifen.
Marktbeobachter rechnen damit, dass Meta eine Einigung anstrebt oder technische Zugeständnisse macht, um einen langwierigen Rechtsstreit und hohe Strafen zu vermeiden. Kurzfristig liegt der Fokus auf der italienischen Regulierungsbehörde: Deren Entscheidung über Sofortmaßnahmen könnte Meta bereits in wenigen Wochen zwingen, die Richtlinie in Italien auszusetzen – und damit einen Präzedenzfall für den Rest Europas schaffen.
Kann der Konzern den europäischen Behörden diesmal ein überzeugendes Gegenangebot machen? Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Brüssel Metas technische Argumente akzeptiert oder ob der KI-Konflikt eskaliert.
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