Buchhaltung, Hohe

KI in der Buchhaltung: Hohe Akzeptanz, geringe Wirkung

28.12.2025 - 17:31:12

Die Mehrheit der Buchhaltungsabteilungen nutzt KI, doch nur wenige Unternehmen erzielen messbare Gewinnsteigerungen. Der Fokus liegt nun auf der Skalierung und Integration autonomer Agenten.

Die deutsche Buchhaltungsbranche steckt in einem KI-Dilemma: Fast alle Unternehmen nutzen die Technologie, doch die versprochene Effizienzrevolution bleibt für die meisten aus. Stattdessen verharren sie in einem Dauerzustand aus Pilotprojekten.

Vom Hype zur Ernüchterung: Die Skalierungslücke

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Laut dem State of AI 2025-Report von McKinsey setzen zwar 88 Prozent der globalen Organisationen KI in mindestens einer Geschäftsfunktion ein. Doch der wirtschaftliche Nutzen ist begrenzt. Nur 39 Prozent können einen messbaren Einfluss auf das Betriebsergebnis (EBIT) vorweisen. Eine elitäre Gruppe von lediglich sechs Prozent der Unternehmen schafft es, ihre EBIT-Marge durch KI um mehr als fünf Prozent zu steigern.

Die Diagnose der Berater: Zwei Drittel der Firmen haben KI nicht über das Unternehmen skaliert. Sie fangen sich in einer Schleife aus isolierten Testläufen. Für Finanzchefs bedeutet das: KI zu besitzen, reicht nicht mehr. Der wahre Wettbewerbsvorteil entsteht erst durch tiefe Integration in die Kernprozesse.

Der nächste Schritt: Agentic KI übernimmt komplexe Aufgaben

Während die Breitenwirkung stockt, gibt es in spezifischen Bereichen Durchbrüche. Eine KPMG-Studie zeigt: 72 Prozent der Unternehmen pilotieren oder nutzen KI bereits für das Finanzreporting. Bis 2027 soll dieser Wert auf 99 Prozent steigen.

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Der Game-Changer ist die sogenannte Agentic KI. Diese autonomen Systeme können im Gegensatz zu simplen Chatbots mehrstufige Arbeitsabläufe selbstständig planen und ausführen. SAP demonstrierte dies Anfang Dezember mit seinen neuen “Joule Agents” für Finanzen. Diese Agenten analysieren eigenständig tägliche Kontoauszüge, führen Abgleiche durch und melden Liquiditätsengpässe oder -überschüsse – ohne menschliches Zutun. Laut SAP spart das bis zu 70 Prozent der manuellen Bearbeitungszeit. Eine Verheißung für jedes Controlling, das unter Effizienzdruck steht.

Die menschliche Bremse: Datenqualität und Know-how

Trotz der technischen Sprünge bleibt der Faktor Mensch ein zentrales Hindernis. Eine Gartner-Umfrage unter Finanzchefs zeigt: Die Gesamtakzeptanz von KI in Finanzabteilungen stagniert bei 59 Prozent. Die einfachen Erfolge sind offenbar eingefahren, jetzt geht es an die harten Nüsse: mangelnde Datenqualität und fehlende Digitalkompetenz im Team.

Doch wer die Hürden gemeistert hat, blickt optimistisch in die Zukunft. 67 Prozent der KI-nutzenden Finanzlenker sind heute zuversichtlicher als vor einem Jahr. Es entsteht ein Zweiklassensystem: Vorreiter investieren und skalieren, Nachzügler fallen aufgrund unzureichender Datenbasis weiter zurück.

Europa und Deutschland: Fokus auf Compliance und Präzision

Im globalen Vergleich zeigt sich ein differenziertes Bild. Nordamerikanische Firmen sind bei der aggressiven Einführung führend (39 Prozent im Finanzreporting), europäische Unternehmen folgen mit 32 Prozent dichtauf.

Deutsche und europäische Buchhaltungsabteilungen setzen KI besonders für regulatorische Compliance ein. Der Treiber ist die komplexe Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die Integration von KI in die ESG-Berichterstattung (Environmental, Social, Governance) ist hierzulande ein Hauptanwendungsfall, wo Präzision und Nachvollziehbarkeit oberste Priorität haben.

Gleichzeitig wandelt sich die Rolle des Wirtschaftsprüfers. 64 Prozent der Unternehmen erwarten laut KPMG heute, dass ihre externen Prüfer die internen KI-Steuerungssysteme detailliert bewerten. Die Prüfung verschiebt sich damit von der retrospektiven Zahlenkontrolle hin zur technischen Bewertung der algorithmischen Grundlage.

Ausblick 2026: Konsolidierung und “berührungslose” Prozesse

Für das kommende Jahr zeichnet sich eine massive Konsolidierung ab. Die Ära der verstreuten Einzellösungen – ein Tool für Rechnungen, eines für Steuern, ein drittes für Prognosen – geht zu Ende. Stattdessen integrieren große ERP-Anbieter wie SAP autonome Agenten direkt in den Financial Close, den periodenabschließenden Buchungsprozess.

Bis Mitte 2026 wird sich der Effizienzmaßstab verschieben: von bloßer Zeitersparnis hin zum “berührungslosen” Prozess. Die neue Kennzahl wird der Anteil der Finanztransaktionen sein, die ohne menschlichen Eingriff bis in die Hauptbuchhaltung durchlaufen. Für deutsche Buchhalter und Controller hat daher ein Thema oberste Priorität: Data Governance. Historische Finanzdaten müssen bereinigt und strukturiert werden, um den mächtigen neuen KI-Agenten eine verlässliche Grundlage zu bieten.

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