EU verschärft Interoperabilitäts-Regeln für KI-Systeme
30.12.2025 - 06:43:12Die EU verknüpft Wettbewerbs- und Sicherheitsregeln für KI, setzt auf offene Standards und könnte Fristen für Unternehmen verlängern, bis technische Normen vorliegen.
Die EU stellt die Weichen für offene KI-Märkte: Neue Interoperabilitäts-Standards sollen Monopolbildung verhindern und Sicherheitsvorgaben mit Wettbewerbsregeln verzahnen.
Brüssel – Kurz vor Jahresende 2025 setzt die Europäische Union einen entscheidenden Akzent in ihrer KI-Strategie. Der Fokus verschiebt sich von der Regulierung hin zur technischen Umsetzung. Eine hochrangige Expertengruppe der Digital Markets Act (DMA)-Aufsicht forderte kürzlich verbindliche Interoperabilitäts-Standards, um Monopolstellungen von „Gatekeepern“ im KI-Sektor zu verhindern. Zusammen mit dem „Digital Omnibus“-Vorschlag der EU-Kommission wird Interoperabilität so zum Herzstück des europäischen KI-Kompliance-Rahmens für 2026.
Ziel ist es, fragmentierte oder geschlossene Ökosysteme bei Hochrisiko-KI-Systemen zu vermeiden. Indem die Sicherheitsanforderungen des KI-Gesetzes (AI Act) mit den Wettbewerbsregeln des DMA abgestimmt werden, entsteht ein duales System: Technische Sicherheit und Marktoffenheit müssen künftig Hand in Hand gehen.
Viele Unternehmen unterschätzen die praktischen Pflichten der EU‑KI‑Verordnung – von Risikoklassifizierung und Kennzeichnungspflichten bis hin zu umfangreichen Dokumentationsanforderungen. Wenn Interoperabilität und technische Normen nicht frühzeitig berücksichtigt werden, drohen teure Nachrüstungen oder Bußgelder. Ein kostenloses Praxis‑E‑Book erklärt kompakt, wie AI Act, DMA und Normvorgaben verzahnt werden, welche technischen Maßnahmen jetzt Priorität haben und welche Übergangsfristen Sie im Blick behalten sollten. Jetzt kostenlosen KI-Umsetzungsleitfaden herunterladen
DMA-Expertengruppe fordert „effektive Interoperabilität“
In einer am 29. Dezember veröffentlichten Analyse hoben Branchenexperten die Forderungen der DMA High-Level Group hervor. Diese hatte ein gemeinsames Papier zur regulatorischen Verzahnung befürwortet. Es adressiert konkret das Risiko, dass Nutzer von großen Technologieanbietern – den sogenannten Gatekeepern – abhängig werden. Diese kontrollieren oft kritische KI-Infrastruktur wie Cloud-Computing oder Fundamentalmodelle.
Die Position der Gruppe macht klar: Die bloße Verfügbarkeit von KI-Tools reicht nicht aus. Diese Systeme müssen „effektive Interoperabilität“ bieten, um einen funktionierenden Wettbewerb zu gewährleisten. Drittentwickler sollen sich mit dominanten Plattformen verbinden oder von ihnen wechseln können – ohne technische Hürden. Der Zugang zu Daten und Cloud-Infrastruktur wird als zentraler Engpass identifiziert. Die DMA-Pflichten könnten daher auf KI-Dienste wie Chatbots ausgeweitet werden, die als Zugangspunkte zu anderen digitalen Services dienen.
Marktbeobachter werten dies als entscheidenden Schritt. So sollen die „walled gardens“ der Mobilfunk-Ära nicht im KI-Zeitalter wiederholt werden. Die Botschaft an Tech-Giganten ist klar: Die Einhaltung der Sicherheitsregeln des KI-Gesetzes darf nicht als Vorwand dienen, um Drittanbietern den Zugang zu erschweren.
„Digital Omnibus“: Fristen hängen an Standards
Der Druck für einheitliche Standards wird durch den „Digital Omnibus“-Vorschlag der EU-Kommission zusätzlich erhöht. Dieses Paket, im November 2025 vorgelegt, sieht eine pragmatische Anpassung der Umsetzungsfristen des KI-Gesetzes vor.
Konkret soll die Anwendung der Pflichten für Hochrisiko-KI-Systeme – ursprünglich für Mitte 2026 geplant – an die Verfügbarkeit harmonisierter technischer Normen geknüpft werden. Unternehmen sollen nicht bestraft werden, wenn die notwendigen Spezifikationen noch nicht vorliegen. Juristen sprechen von einem „Stoppuhr-Mechanismus“: Die volle Anwendung der Regeln könnte bis Dezember 2027 oder August 2028 verschoben werden, wenn die unterstützenden Normen nicht rechtzeitig fertig sind.
Dies setzt europäische Normungsgremien wie CEN und CENELEC erheblich unter Druck. Berichte vom Ende 2025 zeigen, dass das Joint Technical Committee 21 (JTC 21) bereits wichtige Normen, wie prEN 18286 für Qualitätsmanagementsysteme, in die Phase der öffentlichen Anhörung gebracht hat – ein Meilenstein im Rennen um die 2026er Ziele.
Neue Transparenz-Regeln für generative KI
Interoperabilität wird auch zum Eckpfeiler für KI-Transparenz. Am 17. Dezember 2025 veröffentlichte die Kommission den ersten Entwurf eines Verhaltenskodex zur Transparenz KI-generierter Inhalte. Er legt technische Maßnahmen fest, die Anbieter genereller KI (GPAI) ergreifen müssen, um synthetische Inhalte wie Deepfakes oder KI-Texte zu kennzeichnen.
Der Entwurf betont besonders die Notwendigkeit interoperabler Standards für Wasserzeichen und Erkennungssysteme. Ziel ist ein universeller Rahmen, in dem von einem Modell erzeugte Inhalte zuverlässig von Plattformen im gesamten Ökosystem erkannt werden können – unabhängig vom Anbieter. Branchenbeobachter warnen: Ohne diese Interoperabilität wären die Transparenzvorgaben wirkungslos, da Erkennungstools mit proprietären Formaten nicht Schritt halten könnten.
Der Kodex fördert Investitionen in offene Standards für eine „Vertrauenskette“. So sollen Metadaten zur Herkunft von Inhalten erhalten bleiben, wenn diese zwischen verschiedenen Diensten ausgetauscht werden.
Ausblick: 2026 wird zum Jahr der Umsetzung
Die Verzahnung von KI-Gesetz und DMA markiert eine Reifung des europäischen Regulierungsrahmens. Für Unternehmen ist die Botschaft eindeutig: 2026 wird das Jahr der Implementierung. Strategische Berater raten europäischen Firmen, sich mit offenen Praktiken und den neuen Interoperabilitäts-Standards zu beschäftigen – dies werde ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil sein.
Unternehmen sollten über Pilotprojekte hinausgehen und eine „strukturierte Industrialisierung“ ihrer KI-Systeme vorbereiten. Das bedeutet nicht nur Sicherheits-Compliance, sondern auch den Entwurf modularer Systeme, die mit der europäischen digitale Infrastruktur interagieren können. Der „Digital Omnibus“ gewährt zwar mögliche Fristaufschübe, signalisiert aber auch rigorose und verbindliche Endstandards.
Der Fokus im Frühjahr 2026 wird auf der Finalisierung der Normen durch CEN und CENELEC liegen. Gleichzeitig wird der „Digital Omnibus“ das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen; der finale Text soll Mitte 2026 stehen. Das neu eingerichtete KI-Büro (AI Office) der EU wird voraussichtlich seine Aufsichtskapazitäten ausbauen, besonders bei generellen KI-Modellen. Die Wechselwirkung zwischen DMA-Gatekeeper-Regeln und KI-Gesetz-Pflichten wird sich in den kommenden Monaten bewähren müssen, wenn die Kommission prüft, ob große Plattformen den neuen Interoperabilitäts-Erwartungen entsprechen. Für den europäischen Tech-Sektor beginnt das Rennen um die Infrastruktur der KI-Wirtschaft.
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