EU-Schutzmaßnahmen halbieren Indiens Ferrolegierungs-Exporte
27.12.2025 - 17:34:12Ab 2026 gelten verschärfte EU-Einfuhrregeln für Ferrolegierungen, die Indiens Lieferungen nach Europa um bis zu 50 Prozent reduzieren könnten. Die Maßnahmen kombinieren Mengenkontingente mit Preisuntergrenzen.
Ab dem 1. Januar 2026 treten verschärfte EU-Einfuhrregeln für lebenswichtige Stahlrohstoffe in Kraft – mit drastischen Folgen für den Welthandel. Neue Analysen zeigen: Indien, ein Hauptlieferant, steht vor einem Exporteinbruch von bis zu 50 Prozent.
Die endgültigen Schutzmaßnahmen der EU für Ferromangan und Ferrosilizium sind seit Ende 2025 in Kraft und gelten bis November 2028. Sie kombinieren kombinierte Zollkontingente (TRQs) mit Mindesteinfuhrpreisen (MIPs). Diese „Doppelsperre“ soll EU-Produzenten vor billigen Importen schützen, gewährleistet aber gleichzeitig die Versorgung für Stahlwerke, die faire Marktpreise zahlen.
Der neue EU-Schutzzaun: Kontingente und Preisuntergrenzen
Das Herzstück der Verordnung sind länderspezifische, zollfreie Kontingente für drei kritische Legierungen: Ferromangan (FeMn), Ferrosilizium (FeSi) und Ferrosilicomangan (SiMn). Sind diese Kontingente aufgebraucht, fallen hohe Schutzabgaben an – es sei denn, der Einfuhrpreis liegt über der festgelegten Mindestgrenze.
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Von den Maßnahmen ausgenommen sind derzeit Importe aus der Ukraine und Kenia. Eine wichtige strategische Quelle für EU-Einkäufer. Anders sieht es für Norwegen und Island aus: Sie sind nicht pauschal befreit und unterliegen eigenen Kontingenten, was in der Verhandlungsphase für Diskussionen sorgte.
Marktschock: Indiens Exporte werden halbiert
Die dramatischsten Auswirkungen zeigen sich für Indien. Marktdaten vom 26. Dezember belegen, dass die Kontingente für 2026 die möglichen Liefermengen nach Europa im Vergleich zu 2024/25 etwa halbieren.
Konkret bedeutet das für Indien im Jahr 2026:
* Silicomangan (SiMn): Kontingent von rund 126.800 Tonnen.
* Ferromangan (FeMn): Kontingent von rund 69.900 Tonnen.
* Preisschwellen: Um nach Kontingent-Ausschöpfung zollfrei einzuführen, müssen die Preise mindestens bei etwa 1.392 Euro pro Tonne (SiMn) bzw. 1.316 Euro (FeMn) liegen.
Das ist ein massiver Einschnitt. Allein in den ersten zehn Monate 2025 exportierte Indien über 438.000 Tonnen Manganlegierungen nach Europa. Das neue Kontingent blockiert somit effektiv 300.000 bis 400.000 Tonnen indisches Material – es sei denn, es wird zu den höheren Mindestpreisen verkauft. Angesichts des globalen Überangebots halten Analysten das für unwahrscheinlich.
Hintergrund: Schutz der „industriellen Resilienz“ der EU
Die EU-Kommission begründet die scharfen Maßnahmen mit einer seit Dezember 2024 laufenden Untersuchung. Diese kam zum Schluss, dass ein Importanstieg EU-Produzenten erheblich schadet. Zwischen 2019 und 2024 stiegen die Einfuhren von Ferrolegierungen um 17 %, der Marktanteil europäischer Hersteller sank von 38 % auf 24 %.
Handelskommissar Maroš Šefčovič spricht von notwendiger „industrieller Resilienz“. Strategische Industrien für Verteidigung und Infrastruktur dürften nicht unter künstlich niedrigpreisigen Importen zusammenbrechen. Die Schutzmaßnahmen sind Teil einer umfassenderen „Wirtschaftssicherheits-Doktrin“ der Kommission.
Für Exporteure aus Indien und China kommt erschwerend hinzu: Neben diesen Mengenbeschränkungen müssen sie sich auch mit dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) auseinandersetzen – eine doppelte Compliance-Last.
Folgenanalyse: Ein volatiles erstes Quartal 2026 droht
Das Zusammentreffen der Schutzmaßnahmen mit dem neuen Kalenderjahr schafft eine prekäre Lage für europäische Stahlwerke und Händler.
Umlenkung der Lieferketten:
Da Indiens Volumen gedeckelt ist, werden EU-Abnehmer verstärkt auf befreite Herkünfte wie die Ukraine oder Partner mit großen Kontingenten setzen. Logistische Engpässe und bestehende Verträge könnten diesen Shift kurzfristig jedoch erschweren.
Risiko für Preisauftrieb:
Die Maßnahmen setzen eine Preisuntergrenze für den gesamten Markt. Werden die Kontingente für Hauptlieferanten wie Indien und China früh im Jahr ausgeschöpft – was angesichts der Mengenlücke wahrscheinlich ist –, müssen Stahlwerke möglicherweise die höheren Mindestpreise zahlen. Das würde die Produktionskosten für Stahlprodukte in die Höhe treiben.
Compliance-Fallen:
Importeure müssen die „Kontingent-Ausschöpfungsdaten“ genau im Blick behalten. Waren, die nach Füllung eines Länderkontingents eintreffen, werden sofort mit hohen Abgaben belegt – es sei denn, der deklarierte Zollwert erreicht den Mindestpreis. Das erfordert präzise Abstimmung zwischen Logistik und Zollbrokern, um unerwartete Kosten am Einfuhrhafen zu vermeiden.
Ausblick: Rennen gegen die Uhr beginnt
Mit dem Start ins Jahr 2026 richten sich alle Blicke auf die täglich veröffentlichten Kontingent-Ausschöpfungsraten der Kommission.
- Kurzfristig (Januar–März 2026): Ein „Rennen zur Grenze“ ist zu erwarten, da Exporteure Waren verzollen wollen, bevor die Kontingente gefüllt sind. Das könnte zu vorübergehenden Hafenstaus und Spotpreis-Schwankungen führen.
- Mittelfristig (2026–2027): Die Kommission wird die Maßnahmen regelmäßig überprüfen. Konsultationen mit Norwegen und Island sind vierteljährlich geplant, was zu technischen Anpassungen führen könnte.
- Strategische Wende: Europäische Abnehmer werden ihre Lieferketten wohl stärker diversifizieren und langfristige Verträge mit EU-Hütten favorisieren, um sich gegen die Unwägbarkeiten des Importregimes abzusichern.
Für Handels-Compliance-Experten ist die Lage klar: Herkunft prüfen, Kontingentstände in Echtzeit überwachen und sich auf ein Jahr mit höheren Kosten für Mangan- und Siliziumlegierungen einstellen.
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